Der Todesgruß der Legionen, 3. Band | Page 5

Johann Ferdinand Martin Oskar Meding
keine Erörterung und keinen Widerspruch
duldet, "die Truppen sämmtlich in den Kasernen consigniren, die
Truppen sollen scharfe Patronen erhalten und jeden Augenblick
marschbereit sein. Commandiren Sie ferner nach allen öffentlichen
Gebäuden wenigstens zwei Bataillone, welche vor Allem den Befehl
erhalten müssen, jeden Eintritt unbekannter Personen zurückzuweisen
und die Keller und Souterrainräume zu überwachen. Sodann," fuhr er
fort, "sollen die Voltigeurs der Garde sämmtlich in die Gallerien

commandirt werden, welche den Pavillon des kaiserlichen Prinzen mit
dem Neubau vereinigen. Ich werde dem General Frossard den Befehl
schicken, daß der Prinz seine Wohnung nicht verläßt, man könnte
seinen Wagen für den Meinigen halten, und er könnte das Opfer eines
gegen mich gerichteten Attentats werden. Das darf nicht geschehen,
denn auf seinem Leben beruht die Zukunft Frankreichs. Jeder Unruhe,"
fuhr er immer in demselben festen Ton fort, "welche heute Abend in
den Straßen von Paris stattfinden könnte, soll sofort mit scharfer Waffe
und ohne jede Schonung entgegen getreten werden. Die Corpsführer
sind mir verantwortlich dafür, daß keine Barricade länger als eine halbe
Stunde stehen bleibt,--vor Allem," fügte er noch hinzu, "sollen starke
Posten in das Erdgeschoß des Pavillons des kaiserlichen Prinzen gelegt
werden und Niemand dort zugelassen werden, der sich nicht durch
seinen Dienst oder durch einen besonderen Erlaubnißschein legitimiren
kann. Außerdem werden Sie, mein lieber Pietri," sagte er, sich an den
Polizeipräfecten wendend, "den Pavillon des Prinzen ringsum mit Ihren
zuverlässigen Agenten umgeben lassen, mit dem bestimmten Befehl,
Niemand die Annäherung an denselben zu gestatten."
Herr Ollivier sah ganz erstaunt den Kaiser an, der Ton desselben,
welcher an die Zeit des unumschränkten persönlichen Regiments
erinnerte, schien ihn zu befremden.
"Und welche Sicherheitsmaßregeln befehlen Eure Majestät," sagte Herr
Pietri, "für den Pavillon de l'Horloge,--für Eurer Majestät eigene
Wohnung?"
"Keine," sagte der Kaiser stolz lächelnd, "ich habe die Pflicht, für die
Sicherheit des Staates und des Erben meines Thrones zu sorgen. Was
mich betrifft,--ich vertraue meinem Stern!--Gehen Sie, meine Herren,"
sagte er mit freundlicher Würde und Hoheit, "und sorgen Sie für die
pünktliche Ausführung meiner Befehle. Sie, mein lieber Ollivier, bitte
ich, noch zu bleiben, ich habe noch weiter mit Ihnen zu sprechen."
Der Marschall Leboeuf und Herr Pietri zogen sich zurück.
"Sie wissen," sagte der Kaiser, als er mit dem Großsiegelbewahrer
allein war, "daß die Kaiserin nach der Verfassung des Reichs zur

Regentin bestimmt ist, für den Fall meiner Abwesenheit oder meines
Todes während der Minderjährigkeit des Prinzen. Dieser Beaury ist
gefangen," fuhr er fort, "aber man könnte einen Zweiten und einen
Dritten absenden, und irgend ein plötzliches Ereigniß könnte meinem
Leben ein Ende machen."
"Sire," rief Ollivier, die Hand auf die Brust legend, "die Vorsehung
wird verhüten--"
"Ich hoffe das," sagte der Kaiser kalt und ruhig, "indessen muß ich für
den Fall eines verhängnißvollen Ereignisses meine Bestimmung treffen,
als ob es sich um eine dritte Person handelte. Sollte ich," fuhr er fort,
"das Opfer eines Dolches, eines Revolvers oder einer Bombe werden,
so werden Sie unverzüglich die ganze Garnison von Paris unter die
Waffen treten lassen, meinen Sohn zum Kaiser proclamiren und die
Truppen ihm und der Regentin den Eid der Treue schwören lassen. Sie
werden jeden Versuch einer Bewegung in der Hauptstadt mit
rücksichtsloser Strenge niederwerfen und die Regierung genau so
fortführen, als ob sich Nichts geändert habe--Nichts," fügte er mit
einem Anklang leiser Wehmuth hinzu, "als daß neben dem Namen des
Kaisers eine IV statt einer III steht. Besprechen Sie mir das, geben Sie
mir Ihr Wort darauf."
Er streckte Ollivier mit einer Bewegung voll Hoheit und
liebenswürdiger Herzlichkeit zugleich die Hand hin.
"Ich schwöre es Eurer Majestät," rief Ollivier mit einer von innerer
Bewegung erstickten Stimme, indem er seine Hand in die des Kaisers
legte.
"So haben wir Vorsorge getroffen," sprach Napoleon im ruhigen,
heiteren Ton weiter, "für den Fall eines unglücklichen Verhängnisses,
jetzt lassen Sie uns an die Gegenwart und ihre Forderungen herantreten.
Nachdem das Plebiscit dem Kaiserreich von Neuem die feste
Grundlage des Nationalwillens gesichert hat, müssen wir darauf denken,
die Regierung, selbst wenn sie sich in einem provisorischen Stadium
befindet, wieder zu consolidiren. Das Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten vor allen Dingen, welches Sie seit dem Rücktritt des

Grafen Daru mit so großer Opferbereitwilligkeit neben der Last aller
Ihrer übrigen Arbeiten geführt haben, muß, wie es mir scheint, definitiv
besetzt werden."
Herr Ollivier schien durch diese Bemerkung des Kaisers nicht
besonders angenehm berührt zu werden.
"Es ist mir eine Freude gewesen, meine Arbeitskraft auch in diesem
erhöhten Maße dem Dienste Eurer Majestät zu widmen. Und bis zu
diesem Augenblick," fügte er mit einem gewissen selbstbewußten
Lächeln hinzu, "ist mir diese Last nicht zu schwer geworden. Nicht, um
mich den vermehrten Arbeiten zu entziehen, möchte ich Eure Majestät
zur Besetzung des auswärtigen Portefeuille drängen."
"Ich weiß, mein lieber Minister," sagte der Kaiser verbindlich, "daß Sie
keine Mühe scheuen, und daß Ihre eminente Kraft auch die schwerste
Last leicht zu ertragen im
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