Der Todesgruß der Legionen, 2. Band | Page 8

Johann Ferdinand Martin Oskar Meding
ger?umigen Cabinets, und begann, da der Graf nach einigen gleichgültigen Begrü?ungsworten schweigend seine Anrede erwartete, nach einem kurzen R?uspern:
"Sie wissen, lieber Graf, wie sehr die Regierung Ihrer Majest?t darauf bedacht ist, in den Beziehungen der Cabinette unter einander alle Ursachen des Mi?trauens und der Besorgnisse zu beseitigen, welche dem Frieden Europas gef?hrlich werden k?nnten."
Graf Bismarck neigte zustimmend den Kopf und, indem er eine gro?e Papierscheere ergriff und dieselbe spielend in der Hand bewegte, sagte er im h?flichsten Ton einer gleichgültigen Conversation:
"Die Regierung Ihrer Majest?t ist in diesem Bestreben vollkommen von denselben Wünschen geleitet, welche auch uns beseelen und welche wohl, wie ich glaube, von allen Cabinetten Europas getheilt werden. Ich freue mich, von Neuem zu constatiren, da? gerade durch diese allseitigen Wünsche die beste Garantie für die Erhaltung des europ?ischen Friedens gew?hrt wird."
Lord Loftus schien ein wenig decontenancirt.
"Die guten Wünsche aller europ?ischen Regierungen," sagte er, "sind gewi? eine ganz vortreffliche Garantie des Friedens. Indessen," fuhr er ein wenig z?gernd fort, "um eine wirklich praktische und vor allen Dingen dauernde Basis für die internationale Ruhe und Stabilit?t zu schaffen, wird es vor Allem noch n?thig sein, concrete Gründe gegenseitigen Mi?trauens und gegenseitiger Besorgnisse zu beseitigen."
"Ich wü?te in der That nicht," sagte Graf Bismarck, den Botschafter wie erstaunt anblickend, "da? in diesem Augenblick irgend welche Fragen best?nden, welche dem Frieden auch nur die entfernteste Gefahr zu bringen verm?chten. Ueberall ist die tiefste Ruhe, ich kann Sie versichern, da? wir wenigstens mit keinem europ?ischen Cabinet in Er?rterungen stehen, welche bedenkliche und kritische Punkte berühren."
"Ich hatte bei meiner Bemerkung von vorhin," erwiderte Lord Loftus, "auch weniger diplomatische Fragen im Sinne, welche gegenw?rtig zur Er?rterung st?nden und zu Differenzen führen k?nnten, ich dachte vielmehr an thats?chliche Verh?ltnisse, welche vielleicht weniger ein Grund, als ein Ausdruck gegenseitigen Mi?trauens sind und deren Beseitigung im Interesse der ruhigen Entwickelung der Zukunft Europas liegen m?chte."
"Und welche thats?chliche Verh?ltnisse meinen Sie?" fragte Graf Bismarck mit vollkommener Ruhe und einem leichten Anflug von Erstaunen in seinem scharfen, fest auf den Botschafter gerichteten Blick.
"Es ist eine Thatsache," sprach Lord Loftus weiter, "welche offen vor Europa da liegt, da? die franz?sische Regierung in den letzten Jahren ganz besondere Anstrengungen gemacht hat, um ihre Militairmacht auf eine au?ergew?hnliche H?he zu erheben. Das Gleiche findet bei Ihnen statt, und Sie werden mir zugeben, da? es eine gewisse Besorgni? und Beunruhigung erregen kann, wenn man zwei der bedeutendsten europ?ischen M?chte bis an die Z?hne bewaffnet einander gegenüber stehen sieht."
"Es liegt ja aber," fiel Graf Bismarck in demselben ruhigen, fast gleichgültigen Ton ein, "zwischen Frankreich und uns durchaus keine Veranlassung zu irgend welchen Mi?verst?ndnissen vor; im Gegentheil kann ich Sie versichern, da? unsere Beziehungen zu Paris die besten und freundlichsten sind."
"Und doch stehen Sie sich," bemerkte Lord Loftus, "mit so überm??ig angespannten Militairkr?ften gegenüber, als ob Sie gegenseitig jeden Tag den Ausbruch irgend eines Conflictes zu besorgen h?tten. Dieser Zustand," fuhr er etwas lebhafter fort, "wenn er auch den Frieden nicht unmittelbar gef?hrdet, l??t doch Europa nicht zu sicherem Bewu?tsein der Ruhe kommen, und ich glaube, da? besser als alle diplomatischen Versicherungen eine ernste und nachdrückliche Reducirung der unter den Waffen stehenden militairischen Streitkr?fte alle die unruhigen Besorgnisse zerstreuen würde, welche angesichts des gegenw?rtigen Zustandes sowohl die Cabinette, als die Gesch?ftswelt erfüllen,--wenn die Armeen Frankreichs und Preu?ens sich nicht mehr in voller Kriegsrüstung gegenüber stehen, dann wird Europa endlich aufathmen k?nnen, befreit von dem Druck, welcher in den letzten Jahren auf ihm lastet."
Graf Bismarck schwieg einen Augenblick, seine Züge nahmen einen ernsten Ausdruck an, er richtete den Blick seiner klaren grauen Augen scharf und durchdringend auf den Botschafter und sagte dann:
"Haben Sie, mein theurer Lord, den Auftrag, die Frage, welche Sie soeben berührten, zwischen Frankreich und uns Namens Ihrer Regierung zur Sprache zu bringen?"
"Ich habe nicht den Auftrag," erwiderte der Lord, "bestimmte Antr?ge zu stellen, bestimmt formulirte Wünsche auszusprechen,--doch bin ich allerdings veranla?t, die allgemeine Besorgni?, welche die militairischen Rüstungen in Frankreich und Deutschland der Regierung Ihrer Majest?t einfl??en, Ihnen nicht zu verhehlen und zugleich auch dem Gedanken Ausdruck zu geben, da? Sie sowohl als die franz?sische Regierung dem ganzen civilisirten Europa einen gro?en Dienst leisten würden, wenn Sie sich geneigt finden lie?en, im gleichen Verh?ltni? die unter den Waffen stehenden Streitkr?fte zu reduciren und dadurch thats?chlich das Vertrauen auf dauernde Erhaltung des Friedens zu erkennen zu geben. Würde ich bei Ihnen die Geneigtheit finden, auf diesen Ideengang einzugehen, so würde die Regierung Ihrer Majest?t gern bereit sein, ihre Vermittelung in einer ebenso wichtigen, als delicaten Sache zwischen zwei ihr gleich befreundeten M?chten eintreten zu lassen."
"Und wissen Sie," fragte Graf Bismarck, ohne da? ein Zug seines Gesichtes sich ver?nderte, "ob derselbe Gedanke, den Sie mir hier so eben auszusprechen die Güte haben, auch dem Kaiser Napoleon gegenüber von Ihrer Regierung geltend gemacht worden ist?"
"Ich glaube, Ihnen mittheilen zu k?nnen," erwiderte Lord Loftus, "da? dies geschehen ist, und
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 72
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.