mehr.
Sebastian.
Sire, diesen grossen Verlust habt ihr niemand zu danken
als euch selbst, da ihr eure Tochter lieber an einen Africaner verliehren,
als unser Europa mit ihr beglükseligen wolltet.
Alonso.
Ich bitte dich, sey ruhig.
Sebastian.
Wir alle ermüdeten euch ihrentwegen mit Bitten und
Kniefällen, und die schöne Seele selbst wog zwischen Neigung und
Gehorsam, wohin sich das Wagzünglein neigen sollte. Ich besorge, wir
haben euern Sohn auf ewig verlohren; Meiland und Neapel haben mehr
Weiber, die dieses Geschäfte zu Wittwen gemacht hat, als wir Männer
mitbringen sie zu trösten. Der Fehler ist euer eigen.
Alonso.
So wie der gröste Verlust.
Gonsalo.
Prinz Sebastian, wenn ihr gleich die Wahrheit sagt, so sagt
ihr sie doch auf eine unfreundliche Art, und zur Unzeit; ihr reibt die
Wunde, da ihr ein Pflaster drauf legen solltet.
Sebastian.
Wohl gesprochen!
Antonio.
Und sehr chirurgisch!
Gonsalo.
Sire, es ist schlimmes Wetter bey uns allen, wenn Euer
Majestät bewölkt ist.
Sebastian.
Schlimmes Wetter?
Antonio.
Sehr schlimmes.
Gonsalo.
Hätte ich eine Pflanzstätte in dieser Insel anzulegen,
Gnädigster Herr--
Antonio.
So würd' er Brenn-Nessel-Saamen drein säen.
Sebastian.
Oder Kletten und Pappel-Kraut.
Gonsalo.
Und wäre der König davon, was würd' ich thun?
Sebastian.
Euch wenigstens nicht betrinken, denn ihr hättet keinen
Wein.
Gonsalo.
Die Einrichtung des gemeinen Wesens müßte mir gerade
das
Wiederspiel von allen unsrigen seyn; denn ich wollte keine Art
von Handel und Wandel gestatten; Von Obrigkeitlichen Ämtern sollte
nur nicht der Name bekannt seyn; Von allen Wissenschaften sollte man
nichts wissen; Kein Reichthum, keine Armuth, kein Unterschied der
Stände; nichts von Käuffen, Erbschaften, Marchen, Grenzsteinen,
Braachfeldern noch Weinbergen; Kein Gebrauch von Metall, Korn,
Wein oder Öl; Keine Arbeit, alle Leute müßig, alle, und die Weiber
dazu; aber alles in Unschuld. Keine Oberherrschaft--
Sebastian.
Und doch wollt' er König davon seyn.
Antonio.
Das Ende von seiner Republik vergißt den Anfang***
{ed.-*** Dieses ganze Gespräch ist eine feine Satyre über die
Utopischen Tractate von Regierungsformen, und die schimärischen und
unbrauchbaren Entwürfe, die darinn angepriesen werden.
Warbürton.}
Gonsalo.
Alle Dinge sollten gemein seyn; die Natur sollte alles von
sich selbst hervorbringen, ohne Arbeit und Schweiß der Menschen.
Keine Verrätherey, keine Übelthaten, folglich auch kein Schwerdt, kein
Spieß, kein Messer, kein Schießgewehr, kurz keine Nothwendigkeit
von irgend einem Instrument; denn die Natur sollte aus eignem Trieb
alles in Überfluß hervorbringen, was zum Unterhalt meines
unschuldigen Volkes nöthig wäre.
Sebastian.
Würde man denn in seiner Republik nicht auch heurathen?
Antonio.
Heurathen? Nichts weniger; lauter müßiges Volk, Huren
und
Spizbuben.
Gonsalo.
Ich wollte mit einer solchen Vollkommenheit regieren,
Gnädigster Herr, daß das goldne Alter selbst nicht damit in
Vergleichung kommen sollte.
Sebastian.
Der Himmel schüze seine Majestät!
Antonio.
Lang lebe Gonsalo!
Gonsalo.
Ihr versteht mich doch--
Alonso.
Ich bitte dich, hör auf; du unterhältst mich mit einem
Gespräch von Nichts.
Gonsalo.
Das glaub ich Euer Majestät, und ich that es bloß, um
diesen beyden Herren Gelegenheit zum Lachen zu geben; denn sie
haben so reizbare und zärtliche Lungen, daß sie immer über nichts zu
lachen pflegen.
Antonio.
Wir lachten über euch.
Gonsalo.
Der in dieser Art von Spaßhaftigkeit gegen euch nichts ist;
ihr könnt also fortfahren, über nichts zu lachen.
Antonio.
Das hat eine Ohrfeige seyn sollen?
Sebastian.
Wenn sie nicht neben bey gefallen wäre.
Gonsalo.
Ihr seyd tapfre Herren; ihr würdet den Mond aus seinem
Kreise heben, wenn er nur fünf Wochen nach einander ohne
abzunehmen scheinen würde.
(Ariel erscheint, den redenden Personen unsichtbar, mit einer
ernsthaften und einschläfrenden Musik.)
Sebastian.
Das wollten wir, und dann auf den Vogel-Heerd.
Antonio (zu Gonsalo.)
Nein, mein guter Herr, werdet nicht böse.
Gonsalo.
Ich stehe euch davor, daß ich zu gescheidt bin über eure
Einfälle böse zu werden. Wollt ihr mich in den Schlaf lachen? denn ich
bin ganz schläfrig.
Antonio.
Geht, schlaft und hört uns zu.
Alonso.
Wie? Alle schon eingeschlafen! Meine Augen schliessen sich
auch, möchten sie meine Gedanken zugleich verschliessen!
Sebastian.
Sire, wiedersteht dem Schlummer nicht, der sich euch
anbietet. Er besucht selten den Kummer, und wenn er's thut, ist er ein
Tröster.
Antonio.
Wir zween, Gnädigster Herr, wollen indessen daß ihr der
Ruhe geniesset, für eure Sicherheit wachen.
Alonso.
Ich danke euch--eine wunderbare Schläfrigkeit! --
(Alle schlaffen, ausser Sebastian und Antonio.)
Sebastian.
Was für ein seltsamer Taumel ist das, der sich ihrer
bemeistert?
Antonio.
Die Beschaffenheit des Clima muß daran Ursache seyn.
Sebastian.
Warum sinken dann unsre Auglieder nicht auch? Ich spüre
nicht die mindeste Schläfrigkeit.
Antonio.
Ich auch nicht; meine Lebensgeister sind ganz munter. Sie
fielen alle hin als ob sie es mit einander abgeredet hätten, sie sanken
um, wie vom Donner gerührt. Was könnte, würdiger Sebastian--O! was
könnte--Nichts weiter!--Und doch, dünkt mich, ich seh es in deinem
Gesicht, was du seyn solltest. Die Gelegenheit sagt es dir, und meine
Einbildungs-Kraft sieht eine Krone über deinem Haupte schweben.
Sebastian.
Wie? wachest du?
Antonio.
Hört ihr mich denn nicht reden?
Sebastian.
Ich höre dich, aber wahrhaftig es sind Reden eines
Schlafenden; du sprichst im Schlaf. Was sagtest du? Es ist ein
seltsamer Schlaf, mit weitofnen Augen zu schlafen; stehen, reden, sich
bewegen, und doch so hart eingeschlaffen seyn!
Antonio.
Edler Sebastian, du lässest dein Glük schlafen. Stirb lieber!
du wachest mit geschloßnen Augen.
Sebastian.
Du schnarchest verständlich;
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