Der Sturm | Page 8

William Shakespeare
ist, wissen unter Millionen nur wenige zu sagen.
Wäget also, Gnädigster Herr, weislich unsern Kummer gegen unsern
Trost, und beruhiget euch.
Alonso.
Ich bitte dich, schweige.
[Sebastian.*
Er nimmt deinen Trost an, wie kalte Suppe.
{ed.-* Alle diese Reden, welche man zur Unterscheidung in [ ]
eingeschlossen, scheinen von einer fremden Hand, vielleicht von
Schauspielern, eingeschoben, um so mehr als es nicht nur an sich sehr
ungereimtes Zeug, sondern in dem Mund unglüklicher

schiffbrüchiger Leute eine höchst unnatürliche und unschikliche
Spaßhaftigkeit ist. Es kommen noch mehr Reden von dieser Art in dem
übrigen Theil dieser Scene vor. Pope.}
Antonio.
Gonsalo wird sich nicht so leicht abweisen lassen.
Sebastian.
Seht, er zieht seinen Wiz auf wie eine Taschenuhr, den
Augenblik wird er schlagen.
Gonsalo.
Gnädigster Herr--
Sebastian.
Eins; zählet, Antonio--
Gonsalo.
Wenn einer einem jeden Verdruß der ihm aufstößt,
nachhängen will, so hat er nichts davon als--
Sebastian.
Einen Thaler.
Gonsalo.
(Dolores),** in der That, ihr habt besser gesprochen, als ihr
im Sinne hattet.
{ed.-** Der frostige Spaß ligt in dem ähnlichen Schall der Worte
(dollar), und (dolour).}
Sebastian.
Und ihr habt es weislicher aufgenommen, als ich euch

zugetraut habe.
Gonsalo.
Folglich, gnädigster Herr--
Antonio.
Pfui, wie der Mann seine Zunge verschwendet!
Alonso.
Ich bitte dich, sey ruhig.
Gonsalo.
Gut, ich bin fertig; aber doch--
Sebastian.
Will er reden.
Antonio.
Was wetten wir, wer von beyden, er oder Adrian zuerst
anfangen wird zu krähen?
Sebastian.
Der alte Hahn.
Antonio.
Der junge.
Sebastian.
Gut, was wetten wir?
Antonio.
Ein Gelächter.
Sebastian.
Es bleibt darbey.
Adrian.
Obgleich diese Insel wüste scheint--
Sebastian.
Ha, ha, ha--So, ihr seyd bezahlt.
Adrian.
Unbewohnbar, und in der That ganz unzugangbar--
Sebastian.
So kan sie doch--
Adrian.
So kan sie doch--
Antonio.
So kan er doch nicht weiter--

Adrian.
Nicht anders, als von einer subtilen zärtlichen und
angenehmen Temperatur seyn.
Antonio.
(Temperantia) war ein hübsches Mensch.
Sebastian.
Ja, und subtil, wie er auf eine sehr gelehrte Art angemerkt
hat.
Adrian.
Die Luft weht uns hier recht lieblich an--
Sebastian.
So lieblich, als ob sie eine faule Lunge hätte.
Antonio.
Oder als ob sie von einem Morast parfümirt würde.
Gonsalo.
Man findet alles hier, was zu einem angenehmen Leben
gehört.
Antonio.
In der That, ausser nichts zu essen.
Sebastian.
Nun, das eben nicht.
Gonsalo.
Wie frisch und anmuthig das Gras aussieht! wie grün!
Antonio.
In der That, der Boden ist braungelb.
Sebastian.
Mit einem Gedanken von grün vermengt.
Antonio.
Er trift es doch nicht übel.
Sebastian.
Nicht übel; es ist weiter nichts, als daß er die Wahrheit
ganz und gar verfehlt.
Gonsalo.
Das seltsamste aber, und was in der That allen Glauben
übersteigt--
Sebastian.
Wie manche Raritäten der Reisebeschreiber--

Gonsalo.
Ist, daß unsre Kleider, ungeachtet sie im Meer wohl
durchnezt worden, nichts destoweniger Farbe und Glanz behalten
haben; man sollte eher denken, sie seyen noch einmal gefärbt, als vom

Seewasser beflekt worden.
Antonio.
Wenn nur eine von seinen Taschen reden könnte, würde sie
ihn nicht Lügen strafen?
Gonsalo.
Mich dünkt, unsre Kleider sehen so neu aus, als wie wir sie
in Africa das erstemal anzogen, da der König seine schöne Tochter
Claribella mit dem Könige von Tunis vermählte.
Sebastian.
Es war eine lustige Hochzeit, und die Heimreise schlägt
uns recht wohl zu.
Adrian.
Tunis hat noch nie die Ehre gehabt, eine Königin von so
seltnen Vollkommenheiten zu haben.
Gonsalo.
Seit der Wittwe Dido Zeiten nicht.
Antonio.
Wittwe? daß der Henker die Wittwe! Wie kommt diese
Wittwe hieher? warum Wittwe Dido?
Sebastian.
Und wie, wenn er noch gesagt hätte: Wittwer Äneas? Euer
Gnaden nehmen ihm auch alles zum schlimmsten auf.
Adrian.
Wittwe Dido, sagtet ihr? Dabey fällt mir auch etwas aus der
Schule ein. Dido war von Carthago, nicht von Tunis.
Gonsalo.
Aber Tunis, mein guter Herr, war einst Carthago.
Adrian.
Carthago?
Gonsalo.
Das versichre ich euch, Carthago.
Antonio.
Sein Wort ist über die wunderthätige Harfe Amphions.

Sebastian.
Es richtet die Mauren mit samt den Häusern auf.
Antonio.
Was für unmögliche Dinge wird er nun zustande bringen?
Sebastian.
Ich denke, er wird auf der Heimreise diese Insel in seine
Tasche steken, und sie seinem Buben statt eines Apfels nach Hause
bringen.
Antonio.
Und die Kerne davon in das Meer säen, damit er eine junge
Zucht von Inseln kriegt.
Alonso.
Wie, wovon sprecht ihr?
Gonsalo.
Gnädigster Herr, wir redten davon, daß unsre Kleider noch
so neu aussehen, als wie wir sie zu Tunis auf eurer Tochter

Vermählungsfest trugen.]
Alonso.
Ihr erinnert mich zur Unzeit an das, worüber ich mir selbst
nur allzuviel Vorwürfe mache--Wollte der Himmel, ich hätte meine
Tochter nie zu Tunis verheurathet! Weil ich dahin reißte, hab ich
meinen Sohn verlohren, und meiner Rechnung nach, sie dazu; da sie
soweit von Italien entfernt ist, daß ich sie nimmer wiedersehen werde.
O du mein Erbe von Neapel und Meiland, was für einem
MeerUngeheuer bist du zur Speise geworden!
Francisco.
Sire, verhoffentlich lebt er noch. Ich sah ihn die

entgegenschwellenden Wellen unter ihm wegschlagen, und auf ihrem
bezwungenen Rüken reiten; er erhielt sein kühnes Haupt immer über
ihnen empor, und steurte sich selbst mit starken Armen ans Ufer,
welches sich über seine von den Wellen abgespülte Basis in die See
hinaus bog, als ob es ihm eine Zuflucht darbieten wollte. Ich zweifle
nicht, er kam lebendig ans Land.
Alonso.
Nein, nein, er ist nicht
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