Der Spiegel Des Cyprianus | Page 7

Theodor W. Storm
kannst du den Burschen jagen!' und darauf zu dem j��ngern nach der andern Seite: 'Er will's dir zeigen, da? du auf seinem Grund und Boden reitest!' Aber dergleichen Worte bewirkten nur, da? die Knaben sogleich von ihrem Streite ablie?en, ja wohl gar von ihren Rossen sprangen und sich weinend in die Arme fielen.
Der Obrist sah scharf; er hatte es wohl bemerkt, wie die Augen der sch?nen Gr?fin, wenn sie den Stiefsohn mit ihrem eignen aus der T��r gehen sah, von pl?tzlicher Finsternis befallen wurden, und wie dann ihre Blicke dem Fortgehenden hastig und feindselig nachjagten.
An einem sonnigen Nachmittage stand er mit ihr in dem W��rzg?rtlein, wo einst die gute Gr?fin der Weisheit des Meisters Cyprianus gelauscht hatte. Als die stolze Frau ��ber die Ringmauer auf die unten liegenden W?lder und Auen hinaussah, sagte er lauernd: 'Der Kuno tritt eine sch?ne Herrschaft an, wenn er zu seinen eigenen Jahren kommt.' Und als sie schwieg und nur mit finstern Augen in die Ferne starrte, setzte er hinzu: 'Euer Wolf ist ein zartes Pfl?nzlein; aber der Kuno scheint f��rs Regiment geboren; langlebig und handfest schaut er aus.'
In diesem Augenblicke kamen auf der Wiese, die in der Tiefe unterhalb des G?rtleins lag, die beiden Knaben auf ihren Rossen dahergeflogen. Sie ritten so dicht nebeneinander, da? die braunen Locken Kunos mit den blonden des kleinen Wolf zusammenwehten. Das Ro? des letztern sch��ttelte die M?hne und wieherte laut in den Sonnenschein hinaus. Da erschrak die Mutter und stie? einen Schrei aus; aber Kuno schlang den Arm um seinen Bruder, und indem sie vor��bertrabten, warf er einen stolzen leuchtenden Blick zu den Obenstehenden hinauf.
"Wie gefallen Euch diese Augen, sch?ne Gr?fin?" fragte der Oberst.
Sie stutzte und streifte mit einem unsichern Blick ��ber ihn hin.
"Wie meint Ihr das?" fl��sterte sie dann.
Er aber, die Hand am Kinn, erwiderte ebenso: "Rechnet auf mich, sch?ne Frau; der Oberst Hager ist Euer treuergebener Knecht."
Da raunte sie, und er sah, wie ihr Antlitz totenbleich wurde: "Die Augen w��rden mir besser noch gefallen, wenn sie geschlossen w?ren."
"Und was g?bt Ihr drum, wenn Ihr sie in solcher Sch?nheit erblicken k?nntet?"
Sie legte einen Augenblick ihre wei?e Hand in die seine; dann warf sie die gl?nzenden Locken zur��ck und schritt, ohne sich umzublicken, aus dem G?rtlein.
Als eine Stunde sp?ter der kleine Kuno durch die Korridore des obem Stockwerks streifte, sah er den Obristen in einer Fensternische stehen. Der Knabe wollte vor��ber; denn der Mann schaute so unheimlich drein. Aber er wurde angerufen: "Wohin rennst du, Junge?"
"Nach der alten R��stkammer", sagte Kuno, "ich wollte meine Armbrust holen."
"So gehe ich mit dir." Und der Oberst schritt neben dem Knaben her bis zu dem entlegenen Gemache, wo noch immer mit dem schweren Bahrtuch verhangen unter allerlei Gewaffen der Spiegel des Cyprianus stand. Als sie eingetreten waren, schob der Oberst den Eisenriegel vor und stellte sich mit dem R��cken gegen die T��r. Da aber der Knabe die wilden Augen des Mannes sah, schrie er: "Hager, Hager, du willst mich t?ten!"
"Du kannst nicht ��bel raten", sagte der Oberst und griff nach ihm. Aber der Knabe sprang unter seinen H?nden fort und ri? seine gespannte Armbrust von der Wand, die er tags vorher dorthin gehangen hatte. Er scho?, und den Eindruck seines Bolzens k?nnt Ihr noch heutzutage in dem schwarzen Eichenget?fel sehen; aber den Obristen traf er nicht.
Da warf er sich in die Knie und rief: "La? mich leben; ich schenke dir mein kleines Nordlandsro? und auch das sch?ne rote Sattelzeug!"
Der finstere Mann stand mit untergeschlagenen Armen vor ihm. "Dein Nordlandsro?", erwiderte er, "l?uft mir noch lange nicht schnell genug."
"Lieber Hager, la? mich leben!" rief der Knabe wieder; "wenn ich gro? bin, will ich dir mein Schlo? geben und alle sch?nen W?lder, die dazu geh?ren!"
"Die will ich b?lder noch bekommen", sagte der Oberst.
Da senkte der Knabe das Haupt und rief: "So ergebe ich mich in die Allbarmherzigkeit Gottes!"
"Das war das rechte Wort!" sagte der b?se Mann. Aber der Knabe sprang noch einmal auf und flog an den W?nden des Gemaches entlang; der Oberst jagte ihn wie ein Wildpret. Als sie aber an den verhangenen Spiegel kamen, verwickelte der Knabe seine F��?e in dem Bahrtuch, da? er j?hlings zu Boden st��rzte. Da war auch der b?se Mann ��ber ihm.-In demselben Augenblick--so wird erz?hlt--als dieser zum Faustschlage ausholte und der Knabe die kleinen H?nde sch��tzend ��ber seinem Herzen kreuzte, stand der alte Hausmeister tief unten im hintersten Verschlage des Kellers, wo ein Knecht mit der Abzapfung eines Fasses Ingelheimer besch?ftigt war. "Hast du nichts geh?rt, Casper?" rief er und setzte das L?mpchen, das er in der Hand gehalten, auf das Fa?.
Der Knecht sch��ttelte den Kopf. "Mir war", sagte der Alte, "als h?rte ich den Junker Kuno meinen Namen rufen."
"Ihr irrt Euch, Meister", erwiderte der Knecht; "hier unten h?rt sich nichts!"
Eine Weile stand es an; da rief der Alte wieder: "Um Gott, Casper, da hat es nochmals
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