Der Pilger Kamanita | Page 4

Karl Adolph Gjellerup
unsere Produkte Musselin aus Benares und ausgesuchten Reis mit zur��ckbringen, und das wird, hoffe ich, ein glorreicher Anfang deiner kaufm?nnischen Laufbahn sein; auch wirst du Gelegenheit haben, fremde L?nder mit anderer Natur und anderen Sitten kennen zu lernen und unterwegs mit Hofleuten, M?nnern vom h?chsten Anstande und feinsten Betragen tagt?glich zu verkehren, was ich f��r einen hohen Gewinn erachte; denn ein Kaufherr mu? ein Weltmann sein."
Ich dankte meinem Vater unter Freudentr?nen, und schon wenige Tage danach nahm ich vom Elternhause Abschied.
Wie schlug mein Herz vor freudiger Erwartung, als ich inmitten dieses pr?chtigen Zuges, an der Spitze meiner Karren, zum Stadttor hinauszog und die weite Welt offen vor mir lag. Jeder Tag dieser Reise war mir wie ein Fest, und wenn abends die Lagerfeuer flammten, um Tiger und Panther zu verscheuchen, und ich im Kreise ?lterer und vornehmer M?nner an der Seite des Gesandten sa?, d��nkte ich mich vollends im M?rchenland.
Durch den herrlichen Waldbereich Vedisas und ��ber die sanften H?henz��ge des Vindhyagebirges erreichten wir die ungeheure n?rdliche Ebene, wo eine ganz neue Welt sich mir er?ffnete; denn ich h?tte nie gedacht, da? die Erde so flach und so gro? sei. Und etwa einen Monat nach unserer Abreise sahen wir an einem herrlichen Abend, von einer palmengekr?nten Anh?he aus, zwei goldene B?nder, die sich dem Dunstkreise des Horizontes entwanden, das unendliche Gr��n durchzogen und sich allm?hlich einander n?herten, bis sie sich zu einem breiten Band vereinigten.
Eine Hand ber��hrte meine Schulter.
Es war der Gesandte, der an mich herangetreten war.
"Da siehst du, Kamanita, die heilige Jamuna und die hochheilige Ganga, die dort vor unseren Augen ihre Fluten vereinigen."
Unwillk��rlich erhob ich anbetend meine H?nde.
"Du tust recht, sie also zu gr��?en," fuhr mein Besch��tzer fort. "Denn wenn die Ganga von dem G?ttersitz im n?rdlichen Schneegebirge kommt und gleichsam aus der Ewigkeit flutet, so kommt die Jamuna aus fernen Heldenzeiten, und ihre Fluten haben die Tr��mmer der Ilfenstadt[1] gespiegelt und jene Ebene besp��lt, wo die Panduinge und die Kuruinge um die Herrschaft rangen, wo Karna in seinem Zelte grollte, wo Krishna selber die Rosse Arjunas lenkte--doch ich brauche dich ja nicht daran zu erinnern, da du in den alten Heldenliedern wohl bewandert bist. Oft habe ich dr��ben auf jener spitzen Landzunge gestanden und gesehen, wie die blauen Wogen der Jamuna neben den gelben der Ganga dahinflossen, ohne sich mit ihnen zu vermischen, so wie die Kriegerkaste neben der Brahmanenkaste unvermischt besteht. Dann kam es mir vor, als ob ich mit dem Rauschen dieser blauen Fluten auch kriegerische Kl?nge vern?hme, Waffenget?se und H?rnerrufe, Wiehern von Rossen und Trompeten der Kampfilfen, und mein Herz schlug h?her, denn auch meine Ahnen waren ja dabei gewesen und der Sand Kurukschetras hatte ihr Heldenblut getrunken."
[1] Hastinapura = Elefantenstadt. Das Wort "Ilf" hat Adolph Holtzmann gepr?gt ("Indische Sagen" XXIX).
Voll Bewunderung blickte ich zu diesem Manne aus der Kriegerkaste empor, in dessen Familie solche Erinnerungen lebten.
Er aber fa?te mich an der Hand.
"Komm, mein Sohn, und begr��?e das Ziel deiner ersten Reise."
Und er f��hrte mich nur wenige Schritte um ein dichtes Geb��sch herum, das bis jetzt die Aussicht nach Osten verdeckt hatte.
Als diese sich nun pl?tzlich ?ffnete, stie? ich unwillk��rlich einen Schrei der Bewunderung aus.
Dort--an einer Biegung der breiten Ganga--lag eine gro?e Stadt: Kosambi.
Mit ihren Mauern und T��rmen, ihrer aufsteigenden H?usermasse, ihren Terrassen, ihren Quais und Ghats[1] sah sie, von der untergehenden Sonne beleuchtet, wahrlich aus, als w?re sie ganz und gar aus rotem Gold gebaut--so wie es ja Benares war, bis die S��nden der Einwohner es in Stein und M?rtel verwandelten;--die wirklich goldenen Kuppeln aber gl?nzten wie ebensoviele Sonnen. Oben von den Tempelh?fen stiegen dunkle, rotbraune Rauchs?ulen, von den Leichenverbrennungsst?tten am Ufer solche von hellblauer Farbe, kerzengerade in die H?he, und, gleichsam von ihnen getragen, schwebte baldachinartig ��ber dem Ganzen ein Schleier wie aus den zartesten Perlmuttert?nen gewoben, w?hrend dahinter alle Farben, die da brennen und leuchten k?nnen, ��ber den Himmel ausgegossen durcheinander gl��hten. Auf dem heiligen Strom, der diesen Glanz widerspiegelte, schaukelten unz?hlige Boote mit bunten Segeln und Wimpeln, und trotz der Entfernung sah man, wie die breiten Treppen der Ghats von Leuten wimmelten, w?hrend viele schon unten in den glitzernden Wellen pl?tscherten. Ein fr?hliches Ger?usch, wie das Summen eines Bienenkorbes, drang von Zeit zu Zeit zu uns herauf.
[1] Landungsplatz mit prachtvollen Freitreppen f��r Badende--gew?hnlich von Vorspr��ngen und Kiosken unterbrochen und durch einen monumentalen Torbau abgeschlossen.
Du kannst dir denken, da? ich eher eine Stadt der dreiunddrei?ig G?tter als eine der Menschen zu sehen vermeinte, wie denn ��berhaupt das Gangatal mit seinem ��ppigen Reichtum uns Bergbewohnern wie das Paradies vorkam. Und f��r mich sollte ja auch hier das Paradies auf Erden sich zeigen.
Noch in derselben Nacht schlief ich unter dem wirtlichen Dache Panadas, des Gastfreundes meines Vaters. Fr��h am folgenden Tage eilte ich aber zum n?chsten Ghat und stieg mit unbeschreiblichen Gef��hlen in die heiligen Wogen, um nicht nur den Reisestaub, sondern auch meine
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