Der Mann im Nebel - Roman | Page 6

Gustav Falke
ihm von einem solchen gesprochen hatte. In der N?he des Lohteiches sollte er sein.
Es war ein ganzes Himbeerfeld, mehr ein kleiner Himbeerwald. Busch an Busch, voller roter, reifer Fr��chte. Er naschte. Er gab nicht viel um dergleichen Schmaus. Aber er konnte die Dinger doch nicht h?ngen sehen, ohne zu pfl��cken, wahllos, wie sie ihm am n?chsten hingen.
Dann bekam er es satt und legte sich auf den R��cken. Der Boden war stellenweise glatt und sauber, zum Ruhelager wohl geeignet. Es standen nur wenige grosse B?ume hier, und er hatte einen freien Blick auf ein grosses St��ck Himmel. Es hing nur ein einziges W?lkchen da oben, wie vergessen. Eine weisse, duftige Feder, zierlich geschweift, ein Flaum.

6.
Randers lag im Schatten, die Arme unter dem Genick verschr?nkt, und starrte in die Sonne hinaus. Und da waren gleich wieder die roten Flocken, tanzten vor seinen Augen. Das rote R?ckchen von Schullehrers Christine.
Sie hatte gestern hier Himbeeren geholt. Ob sie heute wieder pfl��cken w��rde? Und er sah sie vor sich, in ihrem roten, etwas kurzen Kleid, aus dem die F��nfzehnj?hrige herausgewachsen war, mit ihren zwei schweren, schwarzen Z?pfen, und der adretten, etwas kecken Haltung, frisch, kernig, gesund.
Sie war ihm gleich aufgefallen, und er mochte das h��bsche Ding leiden. Das Kind! Und er hatte es sie unverhohlen merken lassen, indem er sie mit etwas onkelhafter G��te behandelte.
Aber neulich, vor drei Tagen, als sie in sp?ter Abendstunde neben ihm vor der Haust��r stand, ein Gewitter hatte sie l?nger wach gehalten, da hatte sie so eigen mit ihren grossen schwarzbraunen Augen zu ihm aufgesehn und auf seine Reden immer nur versch?mte wortkarge Gegenrede gewusst.
Auch jetzt sah er diese grossen, dunklen Kinderaugen mit diesem wunderlichen halb scheuen halb fragenden Ausdruck so aus dem Leeren auf sich gerichtet. Dann schoss das andere so zusammen, und zuletzt h?tte er sie zeichnen k?nnen, so deutlich sah er sie vor sich: das rote R?ckchen mit dem versch?mten Flicken unten am Saum, die etwas grossen F��sse in den Holzpantoffeln, die grauen, groben Str��mpfe um die vollen festen Waden.
Als er so an sie dachte, kam sie, kam wie gerufen. Er erstaunte nicht mal dar��ber. Nur ein fl��chtiges L?cheln, ein leises vergn��gtes Schmunzeln ging ��ber sein Gesicht, und den Kopf ein wenig erhoben, um besser sehen zu k?nnen, nickte er wie zur Best?tigung eines unausgesprochenen Gedankens.
Sie war ohne Hut, ganz wie sie im Hause, in der Wirtschaft ging, aber in Stiefeln, statt in Pantoffeln. Sie trug einen grossen, braunen Henkelkrug, aus dem sie naschte. Sie mochte schon unterwegs Beeren gepfl��ckt haben, sie standen ��berall reichlich, freilich nirgend so wie hier.
Sie sah ihn nicht und fing gleich an zu pfl��cken.
Ob er sie anrief? Es machte ihm Spass, sie so heimlich zu beobachten. Alle Augenblicke warf sie eine der vollen Flechten ��ber die Schulter zur��ck. Immer, wenn sie sich tiefer b��ckte, fiel wieder eine nach vorne. Zuletzt liess sie sie h?ngen, wie sie wollten.
Er lag ganz still und freute sich des Augenblicks, wo sie ihn gewahr w��rde und einen Schrecken bek?me. Aber seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Die Kleine suchte gr��ndlich Busch f��r Busch ab und entfernte sich dabei immer mehr von ihm. Zuletzt hielt er's nicht mehr aus und klatschte laut in die H?nde.
Erschrocken fuhr sie mit dem Kopf herum, sah nach allen Seiten, mit grossen neugierigen Augen, aber durchaus nicht ?ngstlich. Sie war augenscheinlich das einsame Umherstreifen gewohnt und kannte keine Furcht.
Wenn nun ein andrer hier l?ge?
Sie war doch schon in dem Alter.
Und dann gingen ihm fl��chtig allerlei Gedanken an Mord und Verbrechen durch den Kopf und die Geschichte mit dem jungen Mumm.
Er klatschte noch einmal, richtete sich halb auf und lachte ihr hell ins Gesicht.
"Nein, aber Gott doch, was haben Sie mich erschreckt," rief sie, lachte aber vergn��gt ��ber den Spass und kam gleich zu ihm hin.
"Sehen Sie mal, so viele."
Sie hielt ihm mit kindlicher Freude den schon halbgef��llten Topf hin. Er fuhr mit der Hand hinein, so dass sie mit einem kleinen Aufschrei das Gef?ss zur��ckzog.
"Die gehn ja alle kaputt," schalt sie.
Dann liess sie sich ungeniert vor ihm aufs Knie nieder und hielt ihm den Topf bequem, leicht sch��ttelnd, dass ihm die losen Beeren in die ge?ffneten H?nde rollten.
"Noch'n paar," dr?ngte sie, aber er wollte nicht mehr.
"Nun setz dich erst mal'n bisschen hierher," sagte er.
Sie war gerade aufgestanden und sah ihn etwas versch?mt an. Aber sie lachte dabei, und ihre Augen verrieten, dass sie wohl Lust h?tte. Er r��ckte ein wenig beiseite, und diese stumme Aufforderung gen��gte. Sie setzte sich zu ihm in schrittweiter Entfernung, fing auch frischweg an zu plaudern, kindlich ungeniert: wie heiss es heute w?re, und ob er schon lange hier l?ge, und ob er ��ber den Fuchsberg gekommen w?re oder am Lohteich l?ngs.
Als sie den Fuchsberg nannte, wollte er fragen, wo der sei, er hatte ihn neulich vergeblich gesucht. Aber die Erw?hnung des Lohteichs brachte ihn wieder davon
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