unter welchem eine alte Gruft sich
befand, und ein vielfaches Echo gab diese Töne aus allen Ecken
zurück.
So waren sie bis an den Altar gekommen. Martiniz setzte sich dort auf
die Stufen; das Gesicht, das bei dem Schein der trübe brennenden
Laterne auch viel bleicher erschien, stützte er auf die Hand, daß die
glänzend rabenschwarzen Ringellocken darüber herabfielen. Der
Diener winkte dem Küster, zog ihn auf eine Bank an der Seite zu sich
nieder und gab ihm durch Zeichen zu verstehen, daß er schweigen und
sich ganz ruhig verhalten möchte.
Tiefe Stille herrschte mehrere Minuten in den großen dunklen Hallen,
tiefe Stille draußen in der Nacht. Nur vom Altar her hörte man ein
leises Wispern; Martiniz schien zu beten. Bald aber erhob sich lauter
die Nachtluft und wehte um die Kirche. Je lauter es wurde, desto
unruhiger wurde Emil. Er seufzte, er blickte einigemal auf und lauschte
nach der Seite hin, wo der Luftzug stärker wehte.
Näher und näher heulte der Wind, die Fenster bebten, das Licht der
Laterne wehte seine Schatten her und hin, die alten verblichenen
Banner, die an der Mauer hingen, rollten sich auf und bewegten ihre
zerfetzten Bilder an der schwach beleuchteten Wand.
Jetzt brauste der Sturm auf in gewaltigen Stößen. Krachend stürzte ein
Fenster des Chors auf die breiten Quader des Bodens, daß der Schall
durch die Halle tönte und--mit fürchterlichem Lachen des Wahnsinns
fuhr der am Altar auf und sprang die Stufen hinan. Gellend tönten diese
hohlen Töne der Verzweiflung durch die Gewölbe. "Er kann nicht
herein, er kann nicht herein zu mir," schrie er, "darum hat er die
Wolken aufgezäumt, auf dem Sturmwind reitet er um die Kirche, ça ça!
Holla, Antonio--wie schäumt das Purpurblut deiner Wunde! Rase, tobe
durch die Lüfte, du kannst doch nicht herein zu meiner Freistatt!"
Der Sturm legte sich, ferner und ferner rollte der Wind, und säuselnd
zog die Nachtluft durch die Kirche. Der Mond schien freundlich durch
die hellen Scheiben, und mit des Sturmes Toben schien auch der Sturm
in Emils Brust gewichen zu sein. "Seht Ihr," sprach er wehmütig und
zeigte an die vom Mond beschienenen Fenster hinauf, "seht Ihr, wie er
so ernst und zürnend auf mich herabsieht! Kannst du denn nicht
vergeben, Antonio?"
Immer leiser wurde seine Klage, bis er weinend am Altare niedersank.
Jetzt stand der alte Diener, dem während der schrecklichen Szene die
Tränen in den grauen Wimpern gehangen, von seinem Sitze auf und
unterstützte seinen Herrn. Er wischte ihm den kalten Schweiß von der
Stirne und die Tränen aus dem gebrochenen Auge und flößte ihm aus
einer kristallenen Phiole mildernde Tropfen ein.
Der Ohnmächtige richtete sich wieder auf, hüllte sich tiefer in seinen
Mantel und schritt durch die Kirche.
Der alte Diener aber trat zu dem Küster. "Ich danke, Alterle," sagte er,
"du hast jetzt gesehen, daß wir nichts Unrechtes in deinem Gotteshaus
gemacht haben; dafür halte aber reinen Mund! Und wenn du niemand
ein Sterbenswörtchen hören lässest von dem, was du hier gesehen und
gehört hast, so kommen wir vielleicht morgen und manche Nacht
wieder, und du sollst pflichtgemäß deinen Harten haben."
"Das kann sich unsereiner schon gefallen lassen," antwortete der Küster
im Weitergehen; "so viel merke ich, daß Euer Herr entweder nicht
richtig unter dem Hut ist, oder daß er mit dem Gottseibeiuns hier
Versteckens spielt. Nun, hier, denke ich, soll er ihn nicht holen; kommt
nur morgen nacht wieder! Was das Stillschweigen betrifft, so seid
außer Sorgen, von mir erfährt es kein Mensch, vor allem meine Ursel
nicht: denn ich denke: was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß."
Der alte Diener lobte den Entschluß des Küsters und nahm am Portal
mit einem Händedruck von ihm Abschied. "Ist doch schade um ein so
junges schönes Blut," brummte dieser vor sich hin, indem er seinem
Häuschen zuschritt; "so jung und hat schon Affären mit Herrn Urian.
Nun, er soll ihn immer noch ein Halbjährchen reiten; um die harten
Taler kann man zur Not so guten Wein kaufen, als die Freilinger
Maurermeister hatten, um den Kalk zu meinem Münster
festzumachen."
* * * * *
DAS SOUPER.
Es schlug ein Uhr, als der Fremde und sein Diener von dem Münster
zurück über den Marktplatz gingen. An den Fenstern des erleuchteten
Museums drängten sich Gestalten an Gestalten geschäftig hin und her,
verworrenes Gemurmel vieler Stimmen tönte herab auf den stillen Platz,
hie und da zeigten laute Ausbrüche der Fröhlichkeit, mit Trompeten
vermischt, daß eine Gesundheit oder ein Toast ausgebracht worden sei.
"Robert!" begann der Graf, "ich will noch einmal hinaufgehen; die
süßen Töne der Flöten, die klagenden Klänge der Hörner haben etwas
Beruhigendes für mich, und mitten im Gewühl der fröhlichen Menge
vergesse ich vielleicht auf Augenblicke, daß ich unter den Glücklichen
der einzige Unglückliche bin."
Umsonst bat der alte Robert seinen Herrn, er möchte doch seine
Gesundheit bedenken und sich
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