Der Mann des Schicksals | Page 5

George Bernard Shaw
Skala gesungen:) Giuseppe!
(Napoleon springt auf, um zu horchen:) Das ist eine interessante Stimme.
(Giuseppe.) Oh es ist eine interessante Dame, Exzellenz. (Ruft:) Ich komme schon! ich komme schon, meine Gn?dige! (Er eilt zur inneren T��r.)
(Napoleon h?lt ihn mit starker Hand an der Schulter fest:) Halt! Sie soll hierher kommen.
(Die Stimme ungeduldig:) Giuseppe!
(Giuseppe flehentlich:) Lassen Sie mich gehn, Exzellenz. Es ist meine Ehrenpflicht als Wirt, zu kommen, wenn man mich ruft. Ich wende mich an den Soldaten in Ihnen!
(Eines Mannes Stimme ruft drau?en vor der T��r des Wirtshauses:) Ist jemand da? Hallo! Wirt! wo sind Sie? (Es wird heftig mit dem Knopf einer Peitsche auf eine Bank in der Einfahrt geschlagen. Napoleon der pl?tzlich wieder kommandierender Offizier wird, st??t Giuseppe fort:) Da ist er endlich! (Auf die innere T��r weisend:) Geh, k��mmere dich um dein Gesch?ft. Die Dame ruft nach dir. (Er geht zum Kamin und steht mit dem R��cken dagegen, mit entschlossenem milit?rischem Gesichtsausdruck.)
(Giuseppe atemlos, rei?t sein Tablett an sich:) Gerne, Exzellenz! (Er eilt durch die innere T��r hinaus.)
(Die Stimme des Mannes ungeduldig:) Schl?ft hier alles? (Die dem Kamin gegen��berliegende T��r wird heftig mit dem Fu?e aufgesto?en, and ein staubbedeckter Leutnant st��rzt in das Zimmer. Er ist ein t?richter, junger Bursche von vierundzwanzig Jahren mit der hellen, zarten, reinen Haut des vornehmen Mannes und mit jener Selbstsicherheit des Aristokraten, welche die franz?sische Revolution nicht im geringsten ersch��ttern konnte. Er hat eine dicke, dumme Lippe, ein eifriges, leichtgl?ubiges Auge, eine eigensinnige Nase und eine laute selbstbewu?te Stimme.--Ein junger Mensch ohne Furcht, obne Ehrfurcht, ohne Einbildungskraft, ohne Verstand und hoffnungslos unempf?nglich f��r die napoleonische oder irgendeine andere Idee. Fabelhaft egoistisch, im h?chsten Grade dazu geeignet, dort ger?uschvoll hereinzust��rmen, wo selbst ein Engel sich f��rchten w��rde, nur den Fu? aufzusetzen, doch von einer starken geschw?tzigen Lebenskraft, die ihn mitten in das tollste Gewirr der Dinge hetzt. Er kocht eben vor Wut, anscheinend, weil er emp?rt ist, nicht schnell vom Gesinde des Gasthauses bedient zu werden, aber ein sch?rfer beobachtendes Auge kann eine gewisse moralische Niedergeschlagenheit in ihm entdecken, welche andeutet, da? er unter einem anhaltenderen und wichtigeren Verdru? leidet. Als er Napoleon bemerkt, kommt er gen��gend zu sich, um sich zusammenzuraffen und zu salutieren. Aber er verr?t auf keine Weise durch sein Benehmen etwas von jener prophetischen Voraussicht von Marengo und Austerlitz, Waterloo und St. Helena oder der Napoleonbilder von Delaroche und Meissonier, die die moderne Kultur instinktiv bei ihm voraussetzen w��rde.)
(Napoleon scharf:) Nun, Herr, sind Sie endlich angekommen? Ihr Befehl lautete, da? ich um sechs Uhr hier sein w��rde, und da? Sie mich mit meiner Pariser Post and meinen Depeschen erwarten sollten! Und jetzt fehlen nur noch zwanzig Minuten an acht. Sie wurden als guter Reiter f��r diesen Dienst ausersehen, mit dem schnellsten Pferde, das wir im Lager haben. Sie kommen hundert Minuten zu sp?t und kommen zu Fu?--wo ist Ihr Pferd?
(Leutnant zieht verdrie?lich seine Handschuhe aus und wirft sie mit seiner M��tze und Peitsche auf den Tisch:) Ja, wo ist es? Das gerade w��?te ich selber gern, Herr General. (Mit Bewegung:) Sie wissen nicht, wie ich dies Pferd geliebt habe.
(Napoleon ?rgerlich, sarkastisch:) Wirklich! (Mit pl?tzlicher Besorgnis:) Wo sind die Briefe und Depeschen?
(Leutnant wichtig, eher froh, da? er ganz besondere Nachrichten hat, als bek��mmert:) Das wei? ich nicht.
(Napoleon traut seinen Ohren nicht:) Das wissen Sie nicht?!
(Leutnant.) Nicht besser als Sie, Herr General. Nun werde ich wohl vor ein Kriegsgericht kommen. Sch?n! ich habe nichts dagegen, standrechtlich behandelt zu werden, aber (mit feierlichem Entschlu?:) ich sage Ihnen, Herr General, wenn ich diesen unschuldig aussehenden Burschen jemals erwischen sollte,--diesen verschmitzten, kleinen L��gner!--dann werde ich seine Sch?nheit zurichten... eine Fratze will ich aus ihm machen... ich werde---
(Napoleon kommt vom Kamin an den Tisch vor:) Was f��r einen unschuldig aussehenden Burschen? Raffen Sie sich zusammen, Mensch--ja?--und berichten Sie milit?risch!
(Leutnant steht ihm gegen��ber an der anderen Seite des Tisches und st��tzt sich mit den F?usten auf:) Oh ich bin ganz gefa?t, Herr General--ich bin vollkommen bereit, Rede zu stehen. Ich werde dem Kriegsgericht gr��ndlich klarmachen, da? ich unschuldig bin. Die bessere Seite meiner Natur wurde sch?ndlich ausgen��tzt, und ich sch?me mich dessen nicht. Aber mit allem Respekt vor Ihnen, als meinem Vorgesetzten, wiederhole ich, Herr General, da?, wenn ich diesem Satanssohne jemals wieder begegnen sollte, ich ihn--
(Napoleon ?rgerlich:) Das haben Sie schon einmal gesagt!
Leutnant richtet sich auf: Und ich wiederhole es: warten Sie nur so lange, bis ich ihn erwischt habe!--weiter nichts! (Er kreuzt entschlossen die Arme und atmet schwer mit aufeinandergepre?ten Lippen.)
(Napoleon.) Ich warte, Herr--auf Ihre Aufkl?rungen!
(Leutnant zuversichtlich:) Sie werden Ihren Ton ?ndern, Herr General, wenn Sie h?ren, was mir zugesto?en ist.
(Napoleon.) Nichts ist Ihnen zugesto?en, Mensch! Sie leben und sind nicht kampfunf?hig. Wo sind die Papiere, die Ihnen anvertraut wurden?
(Leutnant.) Mir ist nichts zugesto?en--nichts? Oho! (Wirft sich in Positur, um Napoleon mit seinen Nachrichten zu ��berw?ltigen.) Er hat mir ewige Bruderschaft geschworen, war das nichts? Er
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