ihn vom Andern ab, und wenn die Drucker ihn endlich liefern,
so um Weihnachten hin, da weiß Unsereiner schon längst im neuen
Jahr Bescheid. Und wenn er's wissen will, so sagt ihm der
Kalendermann vom Veitsberg auch jede Sonn- und Mondsfinsterniß
voraus, und das auf die Minute. Kurz der Mann versteht seine Sache,
das muß man ihm lassen.« »Dank für die Nachricht, guter Freund«,
sprach der Jäger freundlich, »da trinkt, ehe ihr heimgeht, noch ein
Frisches auf die Gesundheit des Kalendermanns, und gedenkt auch
mein dabei, wenn's euch nichts verschlägt!« -- Ehe noch der erstaunte
Bauer seinen Dank sagen konnte, war der Jäger in's Haus
zurückgegangen.
3. Lust neben Schmerz.
Eine milde Octobernacht breitete sich über die Stadt Grünberg aus. Die
Sterne schienen friedlich vom dunkelblauen Herbsthimmel hernieder,
aber Friede brachte ihr Glanz nicht allen Menschenseelen an diesem
Abend. Die Buden auf dem Marktplatz waren geschlossen, um erst am
Morgen zu neuer Geschäftigkeit geöffnet zu werden, und mit festen
Schritten und einander zurufend, schritten die Wächter auf und ab. In
den Bäckereien war man emsig beschäftigt, neuen Vorrath zu backen,
und aus den Häusern der Metzger hörte man das taktvolle Fallen der
Hackmesser. Aus allen Gasthäusern und Herbergen schallte Tanzmusik
und Jubel, und die Mühe des Tages ward vergessen in der neuen Mühe,
die man Freude nannte.
Auch im Riesen war Tanz, und von dem Saale auf dem Hinterbau
drang der Ton der Instrumente und das Jauchzen der Fröhlichen durch
alle Zimmer des Hauses. Eben drängte sich der Wirth, dicke
Schweißtropfen auf seiner Stirne, zum hundertsten Male durch das
Getümmel, um den Durstigen einen neuen Trunk zu bringen; da winkte
ihm die Hausmagd zur Seite und sagte in ängstlichem Tone, indem sie
sich schüchtern umsah: »Herr, mit den Fremden, die heute hier
eingekehrt sind, ist es nicht geheuer. Denkt nur, ich ging eben an ihrer
Stube vorbei, da hörte ich Kindergeschrei drinnen, so wahr ich lebe,
Kindergeschrei; ist das nicht fürchterlich? Darum lassen sie Niemanden
hinein, und liegen wie die Dachse im Baue, während der unleidliche
Jäger wie ein Jagdhund davor liegt, und Unsereinem nicht einmal ein
freundlich Gesicht gönnt, zumal am Gallustag.« »Nun was wird's sein,
Susann'«, rief der Riesenwirth, »was wird's sein! Geh' deiner Wege,
Mädchen, und laß' mich in Ruh', zumal heut' Abend. Kehr' vor deiner
Thür', sag' ich, und lern' dein' Lektion, statt durch die Schlüssellöcher
zu gucken. Wer in meinem Haus einkehrt, der mag in seiner Stube
treiben, was er will. Der Herr ist ein Holländer und ist ein Kaufmann
und ist reich, das ist mir schon genug, mehr brauch' ich nicht zu
wissen.« Damit ließ er die Hausmagd stehen und ging weiter. --
Und doch hatte die Susanne recht gehört. Es hatte wirklich in der Stube
der Fremden ein Kind geweint, und ein Kind war es gewesen, was der
Reisende unter seinem Mantel verbarg, als er aus dem Wagen stieg. An
dem Bette ihres Kindes saßen die Aeltern an diesem Abend, während
die Tanzmusik schallte, und weinten und klagten, und je lauter das
Jauchzen der Fröhlichen wurde, desto betrübter wurden sie. »Ist's denn
gar nicht zu ändern, Lewin«, sprach weinend die fremde Dame, indem
sie einen Kuß auf die Stirne eines lieblichen Mädchens drückte, das
schlafend im Bette lag; »ist's denn gar nicht zu ändern, und muß ich
mich von meinem kleinen Engel scheiden? Ach ich halt' es nicht aus!
Thue Alles, was du willst; sage lieber vor aller Welt, ich wäre nicht
dein Weib, nur nimm mir mein Kind nicht, meine Selma. Sage deinem
Vater, was du willst; sage ihm, wir seien nicht getraut. Geh' allein
zurück, vergiß mich, wenn du kannst, aber laß' mir mein Kind. Ach, in
fremdem Land es zurücklassen, Wochen und Monate nichts von ihm
hören, wie kann ein Mutterherz das ertragen?« -- »Mora«, hub der
Fremde an, indem die Thränen fast seine Stimme erstickten, »hältst du
mich denn für einen Wilden, ohne Gefühl und Glauben? Weißt du nicht,
wie ich selber gekämpft, bis dieser fürchterliche Entschluß gefaßt war?
Meinst du, ich wäre so stark, daß ich mit lachendem Munde unser Kind
in fremde Hände geben könnte? O, schon daß ich dich nöthigen mußte,
das Kind abzugewöhnen, damit es in fremde Hände könne gegeben
werden, das hat mir tief in's Herz geschnitten. Aber es muß sein;
morgen am Tage muß das Kind von uns, und wir müssen mit aller
Schnelligkeit nach Hause. Und ich, o schrecklicher Fluch! muß mein
Weib und mein Kind vor meinem Vater verläugnen, und mich von dir
scheiden, gebe Gott, auf recht kurze Zeit.« »Aber, Lewin«, fragte
schluchzend die Frau, »ist es denn gar nicht möglich, das Herz deines
Vaters zu erweichen? Wenn du ihm dein Kind bringst, wenn du ihm
sagst, daß ich schon seit zwei Jahren mit dir vermählt sei; wenn du ihn
beschwörest, dich und dein Kind nicht unglücklich zu machen, sollte
dann nicht
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