Kaiserrock ein Mann von mittleren Proportionen, seinem Aussehen
nach nicht eigentlich zur Arbeit an den Maschinen geeignet und war
doch -- Schubal. Wenn es Karl nicht an aller Augen erkannt hätte, die
eine gewisse Befriedigung ausdrückten, von der nicht einmal der
Kapitän frei war, er hätte es zu seinem Schrecken am Heizer sehen
müssen, der die Fäuste an den gestrafften Armen so ballte, als sei diese
Ballung das Wichtigste an ihm, dem er alles, was er an Leben habe, zu
opfern bereit sei. Da steckte jetzt alle seine Kraft, auch die, welche ihn
überhaupt aufrecht erhielt.
Und da war also der Feind, frei und frisch im Festanzug, unter dem
Arm ein Geschäftsbuch, wahrscheinlich die Lohnlisten und
Arbeitsausweise des Heizers, und sah mit dem ungescheuten
Zugeständnis, daß er die Stimmung jedes Einzelnen vor allem
feststellen wolle, in aller Augen der Reihe nach. Die sieben waren auch
schon alle seine Freunde, denn wenn auch der Kapitän früher gewisse
Einwände gegen ihn gehabt oder vielleicht auch nur vorgeschützt hatte,
nach dem Leid, das ihm der Heizer angetan hatte, schien ihm
wahrscheinlich an Schubal auch das Geringste nicht mehr auszusetzen.
Gegen einen Mann, wie den Heizer, konnte man nicht streng genug
verfahren, und wenn dem Schubal etwas vorzuwerfen war, so war es
der Umstand, daß er die Widerspenstigkeit des Heizers im Laufe der
Zeit nicht so weit hatte brechen können, daß es dieser heute noch
gewagt hatte, vor dem Kapitän zu erscheinen.
Nun konnte man ja vielleicht noch annehmen, die Gegenüberstellung
des Heizers und Schubals werde die ihr vor einem höheren Forum
zukommende Wirkung auch vor den Menschen nicht verfehlen, denn
wenn sich auch Schubal gut verstellen konnte, er mußte es doch
durchaus nicht bis zum Ende aushalten können. Ein kurzes Aufblitzen
seiner Schlechtigkeit sollte genügen, um sie den Herren sichtbar zu
machen, dafür wollte Karl schon sorgen. Er kannte doch schon
beiläufig den Scharfsinn, die Schwächen, die Launen der einzelnen
Herren und unter diesem Gesichtspunkt war die bisher hier verbrachte
Zeit nicht verloren. Wenn nur der Heizer besser auf dem Platz gewesen
wäre, aber der schien vollständig kampfunfähig. Wenn man ihm den
Schubal hingehalten hätte, hätte er wohl dessen gehaßten Schädel mit
den Fäusten aufklopfen können. Aber schon die paar Schritte zu ihm
hinzugehen, war er wohl kaum imstande. Warum hatte denn Karl das
so leicht Vorauszusehende nicht vorausgesehen, daß Schubal endlich
kommen müsse, wenn nicht aus eigenem Antrieb, so vom Kapitän
gerufen. Warum hatte er auf dem Herweg mit dem Heizer nicht einen
genauen Kriegsplan besprochen, statt, wie sie es in Wirklichkeit getan
hatten, heillos unvorbereitet einfach dort einzutreten, wo eine Tür war?
Konnte der Heizer überhaupt noch reden, ja und nein sagen, wie es bei
dem Kreuzverhör, das allerdings nur im günstigsten Fall bevorstand,
nötig sein würde? Er stand da, die Beine auseinander gestellt, die Knie
ein wenig gebogen, den Kopf etwas gehoben und die Luft verkehrte
durch den offenen Mund, als gebe es innen keine Lungen mehr, die sie
verarbeiteten.
Karl allerdings fühlte sich so kräftig und bei Verstand, wie er es
vielleicht zu Hause niemals gewesen war. Wenn ihn doch seine Eltern
sehen könnten, wie er in fremdem Land, vor angesehenen
Persönlichkeiten das Gute verfocht und wenn er es auch noch nicht
zum Siege gebracht hatte, so doch zur letzten Eroberung sich
vollkommen bereit stellte! Würden sie ihre Meinung über ihn
revidieren? Ihn zwischen sich niedersetzen und loben? Ihm einmal,
einmal in die ihnen so ergebenen Augen sehn? Unsichere Fragen und
ungeeignetester Augenblick, sie zu stellen!
»Ich komme, weil ich glaube, daß mich der Heizer irgendwelcher
Unredlichkeiten beschuldigt. Ein Mädchen aus der Küche sagte mir, sie
hätte ihn auf dem Wege hierher gesehen. Herr Kapitän und Sie alle
meine Herren, ich bin bereit, jede Beschuldigung an der Hand meiner
Schriften, nötigenfalls durch Aussagen unvoreingenommener und
unbeeinflußter Zeugen, die vor der Türe stehen, zu widerlegen.« So
sprach Schubal. Das war allerdings die klare Rede eines Mannes und
nach der Veränderung in den Mienen der Zuhörer hätte man glauben
können, sie hörten zum erstenmal nach langer Zeit wieder menschliche
Laute. Sie bemerkten freilich nicht, daß selbst diese schöne Rede
Löcher hatte. Warum war das erste sachliche Wort, das ihm einfiel,
»Unredlichkeiten«? Hätte vielleicht die Beschuldigung hier einsetzen
müssen, statt bei seinen nationalen Voreingenommenheiten? Ein
Mädchen aus der Küche hatte den Heizer auf dem Weg ins Bureau
gesehen und Schubal hatte sofort begriffen? War es nicht das
Schuldbewußtsein, das ihm den Verstand schärfte? Und Zeugen hatte
er gleich mitgebracht und nannte sie noch außerdem
unvoreingenommen und unbeeinflußt? Gaunerei, nichts als Gaunerei!
Und die Herren duldeten das und anerkannten es noch als richtiges
Benehmen? Warum hatte er zweifellos sehr viel Zeit zwischen der
Meldung des Küchenmädchens und seiner Ankunft hier verstreichen
lassen, doch zu keinem anderen Zwecke, als damit der Heizer die
Herren so ermüde, daß sie allmählich ihre klare Urteilskraft verloren,
welche Schubal vor
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