seinem Kollegen etwas in ein Protokoll diktierte.
Am Fenster saß an einem Schreibtisch, den Rücken der Türe
zugewendet, ein kleinerer Herr, der mit großen Folianten hantierte, die
auf einem starken Bücherbrett in Kopfhöhe vor ihm aneinander gereiht
waren. Neben ihm stand eine offene, wenigstens auf den ersten Blick
leere Kassa.
Das zweite Fenster war leer und gab den besten Ausblick. In der Nähe
des dritten aber standen zwei Herren in halblautem Gespräch. Der eine
lehnte neben dem Fenster, trug auch die Schiffsuniform und spielte mit
dem Griff des Degens. Derjenige, mit dem er sprach, war dem Fenster
zugewendet und enthüllte hie und da durch eine Bewegung einen Teil
der Ordensreihe auf der Brust des andern. Er war in Zivil und hatte ein
dünnes Bambusstöckchen, das, da er beide Hände an den Hüften
festhielt, auch wie ein Degen abstand.
Karl hatte nicht viel Zeit, alles anzusehen, denn bald trat ein Diener auf
sie zu und fragte den Heizer mit einem Blick, als gehöre er nicht
hierher, was er denn wolle. Der Heizer antwortete, so leise als er
gefragt wurde, er wolle mit dem Herrn Oberkassier reden. Der Diener
lehnte für seinen Teil mit einer Handbewegung diese Bitte ab, ging
aber dennoch auf den Fußspitzen, dem runden Tisch in großem Bogen
ausweichend, zu dem Herrn mit den Folianten. Dieser Herr -- das sah
man deutlich -- erstarrte geradezu unter den Worten des Dieners, kehrte
sich aber endlich nach dem Manne um, der ihn zu sprechen wünschte,
und fuchtelte dann, streng abwehrend, gegen den Heizer und der
Sicherheit halber auch gegen den Diener hin. Der Diener kehrte darauf
zum Heizer zurück und sagte in einem Tone, als vertraue er ihm etwas
an: »Scheren Sie sich sofort aus dem Zimmer!«
Der Heizer sah nach dieser Antwort zu Karl hinunter, als sei dieser sein
Herz, dem er stumm seinen Jammer klage. Ohne weitere Besinnung
machte sich Karl los, lief quer durchs Zimmer, daß er sogar leicht an
den Sessel des Offiziers streifte, der Diener lief gebeugt mit zum
Umfangen bereiten Armen, als jage er ein Ungeziefer, aber Karl war
der erste beim Tisch des Oberkassiers, wo er sich festhielt, für den Fall,
daß der Diener versuchen sollte, ihn fortzuziehen.
Natürlich wurde gleich das ganze Zimmer lebendig. Der Schiffsoffizier
am Tisch war aufgesprungen, die Herren von der Hafenbehörde sahen
ruhig, aber aufmerksam zu, die beiden Herren am Fenster waren
nebeneinander getreten, der Diener, welcher glaubte, er sei dort, wo
schon die hohen Herren Interesse zeigten, nicht mehr am Platze, trat
zurück. Der Heizer an der Tür wartete angespannt auf den Augenblick,
bis seine Hilfe nötig würde. Der Oberkassier endlich machte in seinem
Lehnsessel eine große Rechtswendung.
Karl kramte aus seiner Geheimtasche, die er den Blicken dieser Leute
zu zeigen keine Bedenken hatte, seinen Reisepaß hervor, den er statt
weiterer Vorstellung geöffnet auf den Tisch legte. Der Oberkassier
schien diesen Paß für nebensächlich zu halten, denn er schnippte ihn
mit zwei Fingern beiseite, worauf Karl, als sei diese Formalität zur
Zufriedenheit erledigt, den Paß wieder einsteckte.
»Ich erlaube mir zu sagen,« begann er dann, »daß meiner Meinung
nach dem Herrn Heizer Unrecht geschehen ist. Es ist hier ein gewisser
Schubal, der ihm aufsitzt. Er selbst hat schon auf vielen Schiffen, die er
Ihnen alle nennen kann, zur vollständigen Zufriedenheit gedient, ist
fleißig, meint es mit seiner Arbeit gut, und es ist wirklich nicht
einzusehen, warum er gerade auf diesem Schiff, wo doch der Dienst
nicht so übermäßig schwer ist, wie zum Beispiel auf Handelsseglern,
schlecht entsprechen sollte. Es kann daher nur Verleumdung sein, die
ihn in seinem Vorwärtskommen hindert und ihn um die Anerkennung
bringt, die ihm sonst ganz bestimmt nicht fehlen würde. Ich habe nur
das Allgemeine über diese Sache gesagt, seine besonderen
Beschwerden wird er Ihnen selbst vorbringen.« Karl hatte sich mit
dieser Rede an alle Herren gewendet, weil ja tatsächlich auch alle
zuhörten und es viel wahrscheinlicher schien, daß sich unter allen
zusammen ein Gerechter vorfand, als daß dieser Gerechte gerade der
Oberkassier sein sollte. Aus Schlauheit hatte außerdem Karl
verschwiegen, daß er den Heizer erst so kurze Zeit kannte. Im übrigen
hätte er noch viel besser gesprochen, wenn er nicht durch das rote
Gesicht des Herrn mit dem Bambusstöckchen beirrt worden wäre, das
er von seinem jetzigen Standort zum erstenmal sah.
»Es ist alles Wort für Wort richtig,« sagte der Heizer, ehe ihn noch
jemand gefragt, ja ehe man noch überhaupt auf ihn hingesehen hatte.
Diese Übereiltheit des Heizers wäre ein großer Fehler gewesen, wenn
nicht der Herr mit den Orden, der, wie es jetzt Karl aufleuchtete,
jedenfalls der Kapitän war, offenbar mit sich bereits übereingekommen
wäre, den Heizer anzuhören. Er streckte nämlich die Hand aus und rief
dem Heizer zu: »Kommen Sie her!« mit einer Stimme, fest, um mit
einem Hammer darauf zu schlagen. Jetzt hing alles vom Benehmen des
Heizers ab, denn was
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