Der Gwissenswurm | Page 7

Ludwig Anzengruber
net dö
Armen.
Dusterer (erhebt sich wieder). Aber es steht doch so geschrieben.
Grillhofer. Wird doch kein Unsinn gschriebn stehn?!
Dusterer. Und warum net, Grillhofer? Glaub mir, wann ich dir was sag.
Es steht geschrieben!
Grillhofer. Na, da mach du a Nutzanwendung drauf, ich bin mir z'
dumm dazu.
Dusterer (setzt sich und trinkt aus). Is kein Kunst, denn es is
beispielmäßig zu verstehn. Wann du willst mit'm Himmel auf gleich
kämma, dann mußt du alles Weltwesen, um was dich noch sorgen und
bekümmern könntst, von dir tun, du mußt das Deine verschenken, mußt

es an die Armen verteilen.
Grillhofer. Da sein eahner doch z'viel, kam ja auf kein was, wär schad
um das schöne Anwesen!
Dusterer. Kannst es ja beinandlassen; wann d' ein einzigen Armen a
Guttat derweist, gilt's für alle! Schau dich halt um, vielleicht findst
unter der Hand in einer einzigen Familie a ganz Träuperl Arme
beinander, die leicht noch z' neben der christlich Nächstenlieb no a
verwandtschäftliche Zuneigung für dich hätten--ja -ja--brauchst etwa
gar net weit herumzsuchen, Schwoger--ja--hm--ja, daß ich sag,
beispielmäßig, ich und mein Weib und meine fünf Kinder, wir möchten
dich schon rechtschaffen pflegen, möchten dir's im Gebet gedenken, a
nach dein'n seligen End--ja--ja beispielmäßig!
Grillhofer. Schneid net so h'rum, 's hat ja alls a christlich Absehn und
hab ich schon selber dran denkt. Aber in d' Ausnahm gehn, wo andere
mit ihnere leiblich Kinder aften nix Guts derlebn, zu Fremde auf
Gnoden und Ungnoden!? Net beklagn könnt i mich, heißet's doch
gleich: der Narr, was hat er 's unnötig tan? Und von fruher her hot's mir
nie taugt, dein Sippschaft zwegn engerer Duckmauserei--na, es is nur,
daß ma sich ausdischkariert--ja--ja--därf dich net beleidingen! Jetzt
steht's mer ja an, verwahrt war ich schon, wie in ein Kloster, selb weiß
ich. Wohl, wohl. Aber ich denk nur so, koan andrer da h'rum tat a so.
Dusterer. Grillhofer--Schwoger--laß dir sagn, tu's oder tu's net. Mir is
net um mich. Aber nach die andern mußt net fragn, na, na, nach dö
mußt net fragn. Mußt es der Sippschaft net antun, daß ma's derlebt, wir
fahreten am jüngsten Tag allzsamm in Himmel und mußten dich
zrucklassen und für alle Ewigkeit voneinander. Sorg di um di, laß du
nur dö andern in d' Höll abipurzeln. Hihi, laß nur dö abipurzeln!
Grillhofer. Na jo--selb war schon recht, wann's nur net ein oder der
andere etwa doch billiger richtet und rumpelt a da obn eine und hernzet
mich d' halb Ewigkeit: daß mei Himmel z' teuer war. I möcht nur fragn,
ob sich's a auszahlt? Wann no die andern bräver warn -! Bin ich denn
so sündig?
Dusterer (fährt empor). Fragst no--fragst no, Grillhofer, ob d' sündig
bist?! Solltst nit fragn, Grillhofer, du net, du vor alle andern net--sollst
darnach fragn; du bist's--Grillhofer, und schon wie! Beispielmäßig laß
dir sagn, auf der Alm im Fruhjahr, wann sich der Schnee ballt, fliegt so
a Malefizvogel--meint selber nix Args--vom Astl oba und nimmt sich a

Maul voll Schnee--und denkt bloß, er tut sein Schnabel a Guttat, paar
Bröckeln rutschen weiter, es wird a Kügerl draus, aus der Kugel a
Knödel, aus'm Knödel a Bünkel wie a Fuder Heu, dös torkelt allweil
Tal obi, immer größer und größer und raumt 'n Wald mit, haut abi ins
Tal und die Lawin is fertig. So a Unglücksvogel bist a du, Grillhofer!
(Schenkt ein.) Bist auch du! Frag net, ob d' sündig bist! Denk an die
Riesler-Magdalen, was vor fünfundzwanzg Jahr in dein Dienst war, wie
mein Schwester, dein Weib, Gott hab s' selig, noch glebt hat, denk an
die Riesler-Magdalen, sag ich, dö hast du a ins Kugeln bracht, daß ins
Rollen kämma und in die siedige Höll h'neingfalln is und, wer weiß,
wieviel Seeln mitgrissen hat! Neamand hat mehr was von ihr derfahrn,
die fufzgimal ist s' vom Gricht zwegn einer Erbschaft aufgfordert
wordn, verschollen is s' bliebn! Grillhofer, aber am Tag des Gerichts,
da wird alles ans Licht zogn, da wird sich herausstellen, was du alles
angstellt hast in sündhafter Begehrlichkeit! Grillhofer, wann da Sachen
ans ewige Licht kommen, was uns gar net träumt?! Wann's gfragt wird:
wer is schuld an deiner armen Seelverderbnus? Grillhofer, Schwoger,
nöt um a Million möcht ich da an deiner Stell unbußfertiger vor Gottes
Thron stehn, nöt um a Million!
Grillhofer. Hätt ihr doch nachfragn solln!
Dusterer. No wohl--no wohl! Aber hizt is's z' spat, gschehn is gschehn.
Ich wollt dir's ehnder net sagn, aber heunt nacht hat mir wieder von ihr
traumt, wie s' da gsessen is in ewign Feuer, rundum es höllische Glast!
O Jesses, es war schreckbar! Heunt fruh hab ich glei zu meiner Alten
gsagt: für dö zwei armen Seelen muß was gschehn.
Grillhofer. Hast recht, dumm is schon, aber hast recht. No hilft nix als
fleißig fürbitten. Am End hast doch schlecht gsehn--na ja--na ja--im
Feuer
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