Der Gwissenswurm | Page 8

Ludwig Anzengruber
und Rauchen verlassen ein'm ja leider die Augen, wird am End
gar net dö Höll gwesen sein, sundren nur 's Fegfeuer, wo die Magdalen
hast sitzen gsehn?
Dusterer. Beschwörn kunnt ich's net, daß's die Höll war!
Grillhofer. No, so gehn wir's halt an, wär mir lieb, wann's derer armen
Seel a z'guten kam! Wann mer wieder a bissel besser is, fahrn mer nach
der Kreisstadt, und da mach mir's halt richtig--ja--ja--du ziehst auf'n
Hof samt deine Leut, a kleine Probzeit, und ich verschreib dir'n, aber,
daß nichts verabsaumt wird!
Dusterer. No nix, gar nix, kannst dich verlassen. No schau, selb gfreut

mich, deintwegn, Schwoger, deintwegn! Meiner Seel! Abgsehn, daß 's
gute Werk a a Staffel in Himmel is. Aber deintwegn schon gar. Hizt
wirst schon Herr werdn über den sakrischen Gwissenswurm, verlaß
dich drauf, es is net der erste, den ich aus'm Nest nimm!--Ja--ja, kannst
dich verlassen! Was ich sagen wollt: wann geht's nach der
Kreisstadt--wann dir leichter is? Sixt, Grillhofer, sixt, schau, Schwoger,
hizt lass' ich dir a 'n Bader holn, ja, ja, man derf nix außer acht lassen
und die Kräuter habn ja ihnere Heilsamkeit a vom lieben Gott. ja, ja,
weißt, hizt is was anderscht, früher wär der Bader zu nix net nutz
gwesen, aber hizten habn wir zum Anfang 'n Wurm 's Zappeln glegt,
dös is 's erste. Wann dös vorbei is, kann a der Bader wieder was richten.
Mein Seel, heunt gfreut mich mein Lebn! (Ist aufgestanden und
tätschelt den Grillhofer zärtlich in den Rücken.) Weil ich so ein
Schwagern hab! Ja ja. Na, die Freud, so a bußfertige Seel z' finden bei
derer schlechten Zeit! Beispielmäßig war der Saul im Alten Testament
a schlechter Sucher gegen meiner, hat ein Esel gsucht und a Kron
gfunden, mir aber war kein Kron so lieb, als daß ich 's Gsuchte a
find--(umarmt Grillhofer) mein lieben Schwagern!
Grillhofer. No, no, laß's nur gut sein, und wann d' meinst, so schick halt
nach'm Bader! Wann amal was sein soll, so hab ich's gern bald in
Richtigkeit.
Dusterer (sitzt wieder auf seinem früheren Platz). Ich weiß, ich weiß,
mer kennt dich dafür, du haltst auf die Ordnung: Ja, ja, und no war's ja
recht! (Hat das Gesangbuch aus der Rocktasche gezogen und vor sich
aufgeschlagen.) Und daß wir net draus kämman, so laß uns unser
Bußlied singen! (Dusterer setzt ein, Grillhofer singt mit.)
Lied
Erlös uns von des Lebens Pein, O Herr, in deinen Gnaden Und führ uns
in den Himmel ein, Das kann uns gar nicht schaden!

(Wie beide einsetzen, um die zwei letzten Zeilen zu wiederholen, fällt
rasch der Vorhang.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 9. Szene

Verwandlung
Freie Gegend. Im Hintergrund ein Teil des Grillhoferschen Hauses, ein

Fenster nach der Bühne zu steht offen, dessen bunte, kurze Vorhänge
verwehren den Einblick in die Stube. Ein Zaun mit Einlaß in der Mitte
schließt den Hintergrund ab. Vorne rechts über einen niederen Graben
fährt ein Steg. Links im Vordergrunde ein Heuschober.

Neunte Szene
Liesel kommt über den Steg, sie trägt einen Anzug, der von dem der
andern Dirnen abweicht und zeigt, daß sie aus einer andern Gegend
daheim.
Lied
Mit üble Vorsätz geh Fort aus'm Haus, Glei schaut die ganze Welt
Anderschter aus! Bin zeitlich fruh noch fort Im Morgendunst, Kenn alle
Hund im Ort, Freundlich warn s'sunst! Nenn jeden bei sein Nam, Kenn
jeden gnau, Hizt bellen s'hinter oam: "Schau, schau, schau, schau! Da
geht d' Horlacher-Lies, Mit der's net richtig is! Schau, schau, schau,
schau!" (Jodler ad libitum.) D' Vögerln, die in der Fruh Singen so lieb,
Die schrein jetzt ein'm zu: "Dieb, Dieb, Dieb, Dieb! Ui, dö
Horlacher-Lies, Mit der's net richtig is! Dieb, Dieb, Dieb, Dieb!"

(Jodler. Mit einer Gebärde, mit der man Vögel verscheucht, in die
Hände klatschend.) Gscht! Nixnutzigs Gfliederwerk, nit wahr is's, so is
die Horlacher-Lies net! Freilich hot die Mahm gsagt: hingehst und
einschmeichelst dich! Als ob ich a Katz wär! Aber kein Red, dös tu ich
net. Aber furt von hoam bin i gern, u mein, wie gern! Jahraus, jahrein
kein andern Kirchturm sehn als den von Ellersbrunn, d' schön Zeit über
vor harter Arbeit 's Kreuz kaum gspürn und 'n Winter über beim
Spinnradl sitzen... oh, du mein Gott, und auf einmal frei h'nausrennen
dürfen in die schön grüne, lichte Gotteswelt h'nein--haha, bleibet a Narr
hoam! --Jesses und Joseph! Frei kugeln möcht i mich im Heu!

Zehnte Szene
Vorige. Wastl.
Wastl (schon etwas freier sichtbar, ist bei den letzten Worten durch den
Zaun aufgetreten, noch rückwärts), Tu's, Dirndel, ich schau dir gern zu!
Liesel (halb nach ihm gewendet). Wußt ich, du denkst was Unrechts,
kriegest mir eine!

Wastl (kommt vor). No wußt i gern, was d' dir denkst, daß i mir denkt
hätt, han, Dirndl? (Erkennt sie.) Oh, heilig Mutter Anna, dö is's?!
Liesel. Jegerl, der
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