Der Gwissenswurm | Page 5

Ludwig Anzengruber
Na jo, so mein ich ja ehnder selber!
Wastl. No, so sag ich, scheinheilig is er.
Grillhofer, Und ich sag, er is's net.
Wastl. Wohl is er's!
Grillhofer. Na, sog i! Wastl, du bist a dummer Bua, du verstehst dös net,
der Dusterer, der is so, der is so, wie er is. Und zwegn dem, was mer
gredt habn, so tut das der Bußhaftigkeit kein Eintrag und werd i ihm's
doch net in übel aufnehma, daß er auf sich schaut, wo sein Vorteil und
der meine Hand in Hand gehn.
Wastl. Na, hörst, da möcht eins doch glei narrisch werdn! Wann sein
Vorteil is, meinst nit, es kunnt wohl a a kleine Spitzbüberei mit
unterlaufen?
Grillhofer. Na, Wastl, dös net, dös net! Alls, was er fürbringt, dös is nur
zu wahr--nur zu wahr is's!
Wastl. No, ich konn da nix sagn, ich weiß nit, wie er dich h'rumkriegt
hat, so hilft a kein Redn.

Grillhofer. Host a recht, Wastl. Redn is do von unnötn! Der Dusterer ist
über ein Feldpater! Alles kurz und eindringlich und hizt: glaub's oder
glaub's nit! A Teuxelskerl sag ich dir, mit sein gottgfälligen Wesen.
Dran glauben muß man. Dös hat er heraust, ja, ja, dös hat er heraust!
Zwegn, daß er sein Vorteil sucht, selb is richtig, aber dös tut nix, mag's
selber gern sehn, wann einer was treibt, er treibt's recht, aber ehrlich
muß's dabei zugehn! Wann ich ihm dahinter kam, daß dös kein
Schickung is, dö ihn in mein Haus führt, daß net so sein müßt, wie er
sagt, daß er auf 'n Herrgottn sein Rechnung lugt--Kreuzsakra, Wastl, da
kriegest a Arbeit.
Wastl. Jesses, Bauer, schaff an, schaff nur glei an!
Grillhofer (läßt den Kopf hängen). Laß gut sein, Wastl, laß's gut sein. 's
kimmt nöt a so.--Er hat mich schon bei der richtigen Faltn. Er hat mich
an oans erinnert, hon's schon lang vergessen ghabt--hizt aber hat sa sich
aufgriegelt, hizt sitzt's da und gibt kein Ruh mehr, der Gwissenswurm
is's--und da hilft kein Aufdammen. Schön, schön unterdrucken heißt's
und reuig sein.
Wastl. Grillhofer, wann's wahr is, daß eins, das sein Art auf einmal
ändert, bald verstirbt, so machst es neama lang, der Dusterer braucht
net lang mehr ernste Gsichter z'schneiden, der konn bald lachen.
Kreuzteufl! Früher habn mer g'arbeit und sein dann lustig gwest all Tag
und du warst der Fleißigst und Lustigste, und wann ich denk, daß der
alte Halunk dran Schuld tragt, daß mir hizt dasitzen wie auf einer
Kartausen--Sikra h'nein, ich wollt, er kam hizt h'rein, daß i ihm's
h'neinsagn kunnt: Dusterer, du bist a Haderlump!

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 5. Szene

Fünfte Szene
Vorige. Dusterer.
Dusterer (kleine, hagere, schwächliche Gestalt, von der Zipfelmütze bis
zu den Stiefeln hinunter ganz schwarz gekleidet. Spricht alles auf
trockene, gewichtige Bauernmanier, stoßweise). Gelobt sei Jesus
Christus!
Wastl (schreit, wie in seiner Rede fortfahrend). In Ewigkeit!
Grillhofer. In Ewigkeit!
Dusterer (behält seine Pfeife im Munde und geht rasch auf Grillhofer

zu). Grüß Gott, Schwager, grüß Gott, no, wie is dir denn wordn aufs
letzte Beten?
Grillhofer. Hm, besser, ja, ich mein schon a bissel besser!
Dusterer (setzt sich). Verlaubst schon. Na, sollt mich freun. Ja, ja.
(Beobachtet Grillhofer scharf.) Sollt mich rechtschaffen gfreun! Tats
nur wieder weisen, daß ma die Krankheiten abbeten kann, is a alte
Gschicht! Freilich ghört die rechte Frummheit und Bußfertigkeit dazu!
Wer nur unserm Herrgott 's Maul machen möcht, der richt nix. Nur an
die Leut und an der eingrißnen Gottlosigkeit liegt's--an sonst nix--an
sonst nix! (Pafft Rauchwolken von sich.) Ja, ja.
Wastl (tritt zu ihm). Mußt nit rauchen, Dusterer! Ich bin vom Haus und
rauch a nöt! (Nimmt ihm die Pfeife aus dem Mund.)
Grillhofer. Wastl--du Sikra h'nein!
Wastl (klopft die Pfeife auf dem Fensterbrett aus und setzt den Fuß auf
die glimmende Asche). Verlaubst schon. Um die Gselchtigkeit is 'm
Bauern ja do net z' tun!
Grillhofer. Na, aber der ärger, den d' ein'm machst, schlagt mir leicht
an?
Wastl. Is dir gwiß gsünder! (Gibt dem Dusterer die Pfeife zurück.) Da,
Dusterer.
Grillhofer. Wastl, du Sakra, du nimmst dir viel heraus. (Erhebt sich
mühsam.) Mach mich nit schichti, am End kunnt ich dich doch no
meistern.
Wastl. Recht is's, dös steht dir an--kimm nur her, Bauer, ich wehr mich
nicht viel--und dir is's leicht gsund!
Grillhofer (setzt sich erschöpft). Du narrischer Höllteufl, du!--Geh zu,
sag ich, geh zu!-Dusterer (begütigend). Laß gut sein, Schwager, laß's
gut sein--ja--ja! (Mit Emphase.) I verzeih ihm--ich verzeih ihm--dös tu
ich.
Wastl (mit unsäglicher Verachtung). Er verzeigt mir! (Ist bis zur Türe
gegangen.) Der! Verzeigt mir! Bhüt dich Gott, Bauer! (Ab.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 6. Szene

Sechste Szene
Grillhofer. Dusterer, dann Rosl.
Dusterer. Is a kecker Ding, der Wastl! Ja, ja! Mein allweil, Hochmut

kommt vorm Fall. Kunnt doch gschehn, wer weiß, wie bald, daß er
entbehrli wurd.--Ja.
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