Der Gwissenswurm | Page 4

Ludwig Anzengruber
in der Luft so g'flirretst, als wär die a in der Hitz
verbröselt und tat durcheinanderwoiseln, wann die Sunn durchscheint.
's is höchste Zeit zum Dazuschaun! Und a Heu is dös, Bauer, so schön
und viel, und es riecht frei, daß eins umfalln könnt vor Gutheit.
Grillhofer. Noja,noia.
Wastl (schupft die Achsel). "No ja--no ja." Aber, Bauer, wann ich dir
sag, a Heu--'s älteste Rindvieh da herum kann sich auf so oans nit
besinna. Gfreut dich denn gar nix mehr? Nachhert gfreut ein'm a nix.
Wem gang's denn was an, wann dich net?
Rosl. Hast recht, Wastl, hast recht, sag ihm's nur h'nein!
Grillhofer. Laßts es gut sein. Wann ich so bin, is's doch eng nit
abtraglich. Ich vergunn schon mein Nebenmenschen 's gute Heu. Jo, jo,
gwiß. Aber ich taug halt nix mehr auf derer Welt--na--na--mich
bekümmert nimmer 's irdische, mich bekümmert nur 's himmlische Heu,
wovon gschriebn steht: "Der Mensch welkt dahin wie Heu!", und da is
mir nur um die Einfuhr in den himmlischen Heuschober!
Wastl. Jesses und Joseph, Bauer, mir kennt sich frei neama mit dir aus.
Wann ich dir früher gredt hätt von so ein Heu, wie dös a Heu is...! Aber
seit dich nur allweil bekümmerst, was gschrieben steht, gibst auf kein
vernünftig Reden mehr was.
Rosl. Hast recht, Wastl, hast schon recht, sag ihm's nur h'nein.
Wastl. Seit dich vor ein halbn Jahrl der Schlag gstreift hat, bist neama
der alte.
Grillhofer. Selb tat sich a net schicken! Dös war a Deuter vom lieben
Gott, sider der Zeit halt ich still und wart auf'n zweiten. Mei lieber

Wastl, du bist a guter Bub--a du, Rosl, ja, ja, du bist a a ehrlichs
Mensch--müßts halt a Einsehn mit mir habn, noch dös kleine Neichtel
Zeit, so mir bschiedn is; leicht moch ich noch fruher a End und zieh
mich zruck von alln weltlichen Wesen. Ja, ja, konn leicht möglich sein,
ich bin no lang net so, wie ich sein möcht, hat sich doch vorhin, wie du
kämma bist, Wastl, der Gwinst- und Spekalierteufl in mir a weng noch
grührt. Na, na, dös därf net sein, daß sich 's Heu zwischen mich und
mein Schöpfer drängt. Na, na, ich hab eh gnug auf mir, dazukämma
derf nix mehr, abwendig derf mich nix mehr machen von die
gottseligen Gedanken.
Rosl. Tust doch, als wärst der sündhaftigste Mon. Hast leicht eins
umbracht?
Grillhofer. Dös net, Gott sei Dank, Rosl, dös net; aber 's Gegenteil auf
unerlaubte Art kunnt leicht möglich sein.--Geh, lang mir das dicke
Buch dort her. (Rosl holt die Postille von einem Schrank und legt sie
vor Grillhofer hin.)
Grillhofer. So, und hiazt gehts all zwei in Gottsnam an enger Tagwerk
und ich geh an meins. Is der Schwager noch net da?
Rosl. Na.
Grillhofer. Wann er kimmt, Rosl, so bring ein Wein und a weng a
Rauchfleisch eine. Hizt gehts. (Schlägt das Buch auf und beginnt zu
lesen.)
Rosl. Bhüt Gott! (Ab durch den Haupteingang.)

Anzengruber: Der Gwissenswurm, I. Akt, 4. Szene

Vierte Szene
Grillhofer und Wastl.
Grillhofer. Bhüt dich Gott, Rosl! (Kleine Pause, ohne aufzusehen.)
Bhüt dich Gott, Wastl!
Wastl. Ich hob jo no nix gsagt.
Grillhofer (aufblickend). Willst no was?
Wastl. Es liegt mir schon lang auf. über dein Schwagern, übern
Dusterer, möcht ich mich amal ausreden.
Grillhofer. No, nur kein unbschaffens Wort!
Wastl. Bewahr wär mir a z' gring dazu, daß ich a unbschaffens Wort
über eahm verlier--der elendige Kerl.

Grillhofer. Wastl!--Er is mein einziger Verwandter, der einzige Mensch,
der ein trostreichen Zuspruch für mich hat, dem was glegn is an mir in
Zeit und Ewigkeit.
Wastl. Ich weiß's eh, er is, der dich zu dem bußfertigen Wesen hinzerrt,
wie 's Kalbl zur Kuh, wenn's es Saufen derlernen soll.
Grillhofer. Hehe! Sixt, Wastl, wie d' trotz deiner Boshaftigkeit nix
dagegen fürbringa kannst! 's Kalbl muß ja saufen, sunst wurd's hin!
Wastl. Schon recht, Bauer, aber für a Kalbl warst mer doch schon z'viel
ausgwachsen.--Sag do selber, Bauer, wie d' no riegelsam warst, hat der
Dusterer kein Fuß über dein Staffel gsetzt--was findt er's denn hizt
vonnöten, daß er dir alle Tag übern Hals rennt? Zwegn der Zeit und
Ewigkeit leicht? Ka Red, meinst net selber, daß er sich zutatig macht,
weil er glaubt, es könnt die ganz Hinterlassenschaft an ihm falln? Und
hat er dich erst da, nachher kunnst freili--von ihm aus--Gott
verhüt's--nit früh gnug selig werdn.
Grillhofer. So mein ich ja eh selber!
Wastl. Na alsdann, na sixt, is doch amal a gscheite Red von dir! Oder
wie d' früher hast a Wartl davon falln lassen, daß d' dich möchtst in die
Ruh setzen, meinst nit a selber, er wurd dir einredn, daß dein ganz
Bußfertigkeit um a gut Trümmerl z' kurz war, wann du nit ihm 'n Hof
verschreibst und nöt bei seiner Sippschaft als Ausnehmer bliebst? Han?
Grillhofer.
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