Der Goldene Topf | Page 3

E.T.A. Hoffmann
Geklingel zu leisen halbverwehten Worten:
Zwischen durch -- zwischen ein -- zwischen Zweigen, zwischen schwellenden Bl��ten, schwingen, schl?ngeln, schlingen wir uns -- Schwesterlein -- Schwesterlein, schwinge dich im Schimmer -- schnell, schnell herauf -- herab -- Abendsonne schie?t Strahlen, zischelt der Abendwind -- raschelt der Abendwind -- raschelt der Tau -- Bl��ten singen -- r��hren wie Z��nglein, singen wir mit Bl��ten und Zweigen -- Sterne bald gl?nzen -- m��ssen herab -- zwischen durch, zwischen ein schl?ngeln, schlingen, schwingen wir uns Schwesterlein. --
So ging es fort im Sinne verwirrender Rede. Der Student Anselmus dachte: das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verst?ndlichen Worten fl��stert. -- Aber in dem Augenblick ert?nte es ��ber seinem Haupte wie ein Dreiklang heller Kristallglocken; er schaute hinauf und erblickte drei in gr��nem Gold ergl?nzende Schl?nglein, die sich um die Zweige gewickelt hatten und die K?pfchen der Abendsonne entgegenstreckten. Da fl��sterte und lispelte es von neuem in jenen Worten, und die Schl?nglein schl��pften und kosten auf und nieder durch die Bl?tter und Zweige; und wie sie sich so schnell r��hrten, da war es als streue der Holunderbusch tausend funkelnde Smaragde durch seine dunklen Bl?tter. Das ist die Abendsonne, die so in dem Holunderbusch spielt, dachte der Student Anselmus: aber da ert?nten die Glocken wieder und Anselmus sah, wie eine Schlange ihr K?pfchen nach ihm herabstreckte. Durch alle Glieder fuhr es ihm wie ein elektrischer Schlag, er erbebte im Innersten -- er starrte hinauf, und ein Paar herrliche dunkelblaue Augen blickten ihn an mit unaussprechlicher Sehnsucht, so da? ein nie gekanntes Gef��hl der h?chsten Seligkeit und des tiefsten Schmerzes seine Brust zersprengen wollte. Und wie er voll hei?en Verlangens immer in die holdseligen Augen schaute, da ert?nten st?rker in lieblichen Akkorden die Kristallglocken, und die funkelnden Smaragde fielen auf ihn herab und umspannen ihn, in tausend Fl?mmchen um ihn herflackernd und spielend mit schimmernden Goldfaden. Der Holunderbusch r��hrte sich und sprach: ?Du lagst in meinem Schatten, mein Duft umflo? Dich, aber Du verstandest mich nicht: der Duft ist meine Sprache, wenn ihn die Liebe entz��ndet.? Der Abendwind strich vor��ber und sprach: ?Ich umspielte Deine Schl?fe, aber Du verstandest mich nicht: der Hauch ist meine Sprache, wenn ihn die Liebe entz��ndet.? Die Sonnenstrahlen brachen durch das Gew?lk und der Schein brannte wie in Worten: ?Ich umgo? Dich mit gl��hendem Gold, aber Du verstandest mich nicht: Glut ist meine Sprache, wenn sie die Liebe entz��ndet.?
Und immer inniger und inniger versunken in den Blick des herrlichen Augenpaars, wurde hei?er die Sehnsucht, gl��hender das Verlangen. Da regte und bewegte sich alles, wie zum frohen Leben erwacht. Blumen und Bl��ten dufteten um ihn her, und ihr Duft war wie herrlicher Gesang von tausend Fl?tenstimmen; und was sie gesungen, trugen im Widerhall die goldenen vor��berfliehenden Abendwolken in ferne Lande. Aber als der letzte Strahl der Sonne schnell hinter den Bergen verschwand und nun die D?mmerung ihren Flor ��ber die Gegend warf, da rief, wie aus weiter Ferne, eine rauhe tiefe Stimme:
Hei, hei! was ist das f��r ein Gemunkel und Gefl��ster da dr��ben? -- Hei, hei! wer sucht mir doch den Strahl hinter den Bergen! genug gesonnt, genug gesungen. -- Hei, hei! durch Busch und Gras -- durch Gras und Strom! -- Hei, -- hei -- Her u -- u -- u nter -- Her u -- u -- u nter!
So verschwand die Stimme wie im Murmeln eines fernen Donners, aber die Kristallglocken zerbrachen im schneidenden Mi?ton. Alles war verstummt, und Anselmus sah, wie die drei Schlangen schimmernd und blinkend durch das Gras nach dem Strome schl��pften; rischelnd und raschelnd st��rzten sie sich in die Elbe, und ��ber den Wogen, wo sie verschwunden, knisterte ein gr��nes Feuer empor, das in schiefer Richtung nach der Stadt zu leuchtend verdampfte.

ZWEITE VIGILIE.
Wie der Student Anselmus f��r betrunken und wahnwitzig gehalten wurde. -- Die Fahrt ��ber die Elbe. -- Die Bravourarie des Kapellmeisters Graun. Conradis Magen-Lik?r und das bronzierte ?pfelweib.
?Der Herr ist wohl nicht recht bei Troste?, sagte eine ehrbare B��rgersfrau, die vom Spaziergange mit der Familie heimkehrend, still stand und mit ��bereinandergeschlagenen Armen dem tollen Treiben des Studenten Anselmus zusah. Der hatte n?mlich den Stamm des Holunderbaumes umfa?t und rief unaufh?rlich in die Zweige und Bl?tter hinein: ?O nur noch einmal blinket und leuchtet, ihr lieblichen goldnen Schl?nglein, nur noch einmal la?t eure Glockenstimmchen h?ren! Nur noch einmal blicket mich an, ihr holdseligen blauen Augen, nur noch einmal, ich mu? ja sonst vergehen in Schmerz und hei?er Sehnsucht!? Und dabei seufzte und ?chzte er aus der tiefsten Brust recht kl?glich, und sch��ttelte vor Verlangen und Ungeduld den Holunderbaum, der aber statt aller Antwort nur ganz dumpf und unvernehmlich mit den Bl?ttern rauschte, und so den Schmerz des Studenten Anselmus ordentlich zu verh?hnen schien. -- ?Der Herr ist wohl nicht recht bei Troste,? sagte die B��rgersfrau, und dem Anselmus war es so, als w��rde er aus
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