Der Fall Deruga | Page 7

Ricarda Huch
wir ohne weiteres zu dem Anla? ��ber,? sagte =Dr.= Zeunemann, ?der Sie bewog, das Geld zur��ckzufordern. Wollen Sie den Vorgang im Zusammenhang erz?hlen!?
?Im September vorigen Jahres,? berichtete der Hofrat, ?traf ich mit Deruga in dem schon erw?hnten ?rztlichen Verein zusammen, nachdem ich ihn fast ein Jahr lang nicht gesehen und das Geld sozusagen vergessen hatte. Er rief mir ��ber den Tisch hin��ber in ziemlich formloser Weise zu, er wolle eine Patientin, von der er glaube, da? sie ein Unterleibsleiden habe, zu mir schicken, ich solle sie untersuchen und n?tigenfalls behandeln, aber umsonst, zahlen k?nne sie nicht. Mehr ��ber seine Art und Weise als ��ber die Sache selbst verstimmt, erwiderte ich, wie ich gern glauben will, ein wenig k��hl, ich sei mit Arbeit sehr ��berh?uft, die Kranke k?nne ja zu dem in Betracht kommenden Kassenarzt gehen. Darauf wurde Deruga kreidewei? im Gesicht und ��berh?ufte mich mit einem Schwall von Beleidigungen, wie, da? ich es nur auf Geldmacherei abgesehen h?tte, der Arzt f��r Kommerzienr?tinnen und f��rstliche Kokotten w?re und dergleichen mehr, was ich nicht wiederholen will. Ich m?chte bemerken, da? ich glaube, wie ungerecht seine Beschuldigungen auch waren und wie unpassend auch die Form war, wie er sie erhob, er machte sie =bona fide=. Er hatte die Meinung, ich sei gem��tlos und strebte nur nach klingendem Erfolg und ?u?erem Glanz, vielleicht weil ihm infolge einer gewissen volkst��mlichen oder zigeunerhaften Veranlagung der Sinn f��r geregeltes b��rgerliches Leben mit seinen traditionellen Begriffen von Anstand und Ehre ��berhaupt abgeht. In jenem Augenblick vermochte ich mich zu dieser objektiven Ansicht nicht zu erheben, sondern, ich gestehe es, ich f��hlte mich verletzt und im Innersten emp?rt.?
?Beinah w?re der rosa Wachsgu? geschmolzen,? fl��sterte Deruga dem Justizrat zu.
?Ohne mein entr��stetes Gef��hl zu z��geln oder es nur zu wollen, antwortete ich heftig, er habe am wenigsten Ursache, mir derartige Vorw��rfe zu machen, da ich ihm bereitwillig ausgeholfen und den Verlust nicht nachgetragen h?tte. Ich h?tte ihn damals f��r zahlungsf?hig gehalten, sagte er boshaft, sonst w��rde ich ihm nichts geborgt haben. Allerdings, sagte ich, h?tte ich einen Kollegen f��r so ehrenhaft gehalten, da? er seine Schulden bezahlte, und da er mich nun selbst herausfordere, solle er es auch tun. Der Streit wurde dann durch mehrere Kollegen, die sich ins Mittel legten, geschlichtet. Bevor wir uns trennten, sagte ich zu Deruga, er solle das, was ich vorhin in heftiger Aufwallung gesagt h?tte, nicht so auffassen, als wolle ich ihn dr?ngen. Erlauben Sie mir bitte, festzustellen, da? ich der ganzen Sache aus freien St��cken niemals in der ?ffentlichkeit Erw?hnung getan haben w��rde!?
?Darf ich bitten,? sagte Justizrat Fein, sich an den Zeugen wendend, ?Sie sind nachher mit keinem Wort und mit keiner Andeutung auf die Geldangelegenheit zur��ckgekommen??
?Nein, durchaus nicht,? antwortete der Hofrat. ?Es tat mir im Gegenteil leid, da? ich mir in der Erregung die Mahnung hatte entschl��pfen lassen.?
?Also?, sagte der Justizrat, ?war die Lage f��r =Dr.= Deruga nicht im mindesten ver?ndert, und es liegt kein Grund zu der Behauptung vor, er habe sich durchaus Geld verschaffen m��ssen, um die f?llige Schuld zu bezahlen.?
?Ich bitte sehr,? rief der Staatsanwalt, ?durch den Vorfall im ?rztlichen Verein war das Schuldverh?ltnis einer ganzen Reihe von Kollegen bekannt geworden; das ist denn doch eine erhebliche Ver?nderung der Lage. So viel Ehrgef��hl d��rfen wir doch bei einem jeden gebildeten Manne voraussetzen, da? ihm das nicht gleichg��ltig war.?
?Nehmen wir, bitte, =Dr.= Deruga wie er ist, und nicht, wie er nach der Meinung anderer sein sollte. Da es ihm nichts ausmachte, dem Hofrat von M?ulchen Geld schuldig zu bleiben, f��r den er augenscheinlich keine besondere Vorliebe hatte, lag ihm wahrscheinlich sehr wenig daran, da? ein paar andere Kollegen, mit denen er, wie es scheint, ganz gut stand, davon wu?ten. Jedenfalls, wenn er fr��her so dickfellig in diesem Punkt war, wird er nicht pl?tzlich so empfindlich geworden sein, da? er ein Verbrechen beging, um sich aus der Klemme zu ziehen.?
Die gem?chliche Grandezza, mit der der Justizrat dastand, die Wucht seiner massigen Gestalt und seines gro?geformten, ruhigen Gesichtes ��berzeugten noch wirksamer als seine Worte und brachten seinen zappeligen Gegner au?er Fassung.
?Ja, wenn der Mensch immer so folgerichtig w?re!? sagte er heftig. ?Daf��r, da? M?nner lieber Verbrechen begehen, als einen Fleck auf ihrer sogenannten b��rgerlichen Ehre dulden, finden sich viele Beispiele.?
=Dr.= Zeunemann hob Ruhe gebietend seine Hand.
?Eine verbrecherische Handlung wird dem Angeklagten zun?chst noch gar nicht zugemutet,? sagte er. ?Wenn er seine geschiedene Frau um Geld anging, so war das h?chstens taktlos, und es ist um so weniger auffallend, als wir aus vielen Zeugnissen wissen, da? er diese Hilfsquelle ?fters in Betracht zog. Halten Sie,? wendete er sich an den Hofrat, ?die Schuld f��r ein Motiv, das stark genug gewesen w?re, den Angeklagten zu veranlassen, sich auf irgendeine ungew?hnliche oder bedenkliche, etwa sogar verbrecherische Weise in den Besitz von Geld zu setzen??
?Ich mu? sehr bitten,? wehrte der Hofrat ab, ?mir die Antwort zu erlassen.
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