Der Diamant des Geisterkönigs | Page 6

Ferdinand Raimund
die Hand.)
Longimanus. Und jetzt marschiert's! Und wenn ich noch einmal eine
Klag' hör', so weiß ich, was ich zu tun hab'; besonders der Sommer,
nehm' Er sich zusamm'. Wenn aufs Jahr in Baden nicht alle Quartiere
verlassen sein, so schau' Er zu. Und der Winter auch! Daß's heut noch
schneit und morgen der Eisstoß geht. Jetzt hinaus!
(Alle vier Jahreszeiten gehen ab.)
Longimanus. Komm, mein lieber Zephises, jetzt werd' ich für deinen
Sohn sorgen, ich werd' ihn glücklich machen. Aber das sag' ich dir,
wenn du dich unterstehst, ihm einen heimlichen Wink oder Rat zu
geben, so hast du es mit mir zu tun. Jetzt kannst mit mir ein kleines
Gabelfrühstück einnehmen; ich hab' ein bisserl ein Eingemachtes von
einem jungen Krokodil ang'schafft.

(Beide ab.)

Sechzehnte Szene. (Geheimes Kabinett des Zephises. Die Hinterwand,
an der sich keine Möbel befinden, ist mit magischen Zeichen und
Figuren bemalt. An der Seite befindet sich ein Zaubertisch, worauf ein
kleiner Zauberer steht; neben ihm eine Glocke, auf welche er mit einem
Hammer schlägt. Auf der entgegengesehen Seite eine Türe.)
Florian Waschblau kommt mit einer Butte auf dem Rücken, worin sich
verschiedene Kleidungsstücke befinden; stellt sie beim Eintreten
nieder.
Arie. Ich bin der liebe Florian, So heißen mich die Leut', Und wenn
mich jemand brauchen kann, Bin ich gleich bei der Schneid'. Im Kopf
hab' ich auf Ehr' nicht viel, Noch weniger im Sack, Nur daß ich nichts
als essen will, Das ist mein' größte Plag'! Ich g'hör' nur der Mariandl zu,
Auf d' Nacht sowie beim Tag, Und wissen S', warum ich das tu'? Weil
mich sonst keine mag. Und foppt mich einer, was er kann, So fühl' ich
keinen Neid; Denn fangen d' Leut' zum Lachen an, Das ist mein' größte
Freud'!
Florian. Ja, ja, mein lieber Florian! Jetzt wirst du halt bald fort müssen
aus dem Hause, wo dir die Tage in einem ewigen Rausch
hing'schwunden sind. Mein armer junger Herr, wie wird's denn dem
gehen? Keinen Kreuzer hat uns der Alte unterlassen, als das
einschichtige Haus. Wenn er nur wo was zu leihen kriegte; aber nicht
einmal einen Satz übers Haus kann er machen, es ist ja ganz verrufen.
Wer wird denn ein Haus kaufen, wo die Hexen wie die Schwalben aus
und ein geflogen sind? Ich weiß nicht, was er anfangen wird; um mich
ist mir nicht bang', ich werd' mich schon wo anlehnen lassen an eine
Planken. Wenn ich nur ihn unterzubringen wüßt', auf einem Kontor bei
einem Sauerkräutler oder wo.--Er ist in der größten Verzweiflung!
Gestern hat er geweint, hat mir das letzte Dreiguldenzettel gegeben,
und hat g'sagt, ich möcht' davon vier Gulden unter die Armen austeilen,
und mit dem, was übrig bleibt, soll ich hingehen, wohin ich will. Ich
kann ihn aber nicht verlassen, es ist unmöglich! Ich hab' erst unlängst
eine Schöne G'schicht' gelesen von einem römischen Löwen, der sein'
Herrn, dem Anton Trokles, so anhänglich war;--und wenn ein solches
Tier so handeln kann, so werd' ich's doch auch noch zuwege bringen.
Ich hab' schon angefangen, ich hab' alle meine Kleider

zusammengepackt, hab' auch der Mariandel, unserer Köchin, ihren
ganzen Kasten ausgeräumt, hab' von dem Milchweib da diese Butten zu
leihen genommen, damit nichts ausplanscht wird, hab' die Kleider recht
hineing'stampft; und weil in das Kabinett, was unserm alten Herrn sein
Zauberlaboratorium war, selten wer kommt, so habe ich den Juden
herbestellt, dem verkauf' ich's, und das Geld steck' ich heimlich in
mein' Herrn sein Brieftaschel. (Sieht auf den kleinen Zauberer.) Jetzt
hat der Spitzbub' alles g'hört. Wirst du denn wem was sagen davon?
(Der kleine Zauberer deutet nein mit dem Kopfe.) Der sagt einem alles.
Wird meinem Herrn ein Unglück zustoßen? (Zauberer deutet nein.)
Etwann mir? (Zauberer deutet ja, Florian drohend.) Du! Sag' du mir,
bin ich ein g'scheiter Kerl? (Zauberer deutet nein.) Ist schon
richtig;--bin ich etwa dumm? (Zauberer deutet ja.) Alles weiß er. Wie
viel dumme Streiche werd' ich denn noch machen? (Der Zauberer
schlägt auf die Glocke: eins, zwei, drei, dann recht schnell und oft
hintereinander.) Hörst auf, du verdammter Kerl! (Hält ihm die Hand.)
Solang leb' ich gar nicht.

Siebzehnte Szene. Mariandel (von innen). Voriger. (Mariandel klopft
von außen.)
Florian. Aha, das ist der Jud'! (öffnet, Mariandel tritt ein.) Nein,
schaut's, ist a Jüdin.
Mariandel. Ach, ich unglückliche Person, was fang' ich an? Da steht er
herin, statt daß er im Haus acht gibt. Ach, warum hat mich der Himmel
gestraft, daß ich einen solchen Einfaltspinsel zum Liebhaber hab'.
Florian. Das wird doch eine schöne Stichelei sein!
Mariandel. Was stehst denn da?--Was stehst denn da, du miserabler
Mensch; und mir räumen s' derweil den ganzen Kasten aus. Ich bin
bestohlen!
Florian. Hör' auf! Haben s' dir etwann deinen üblen Humor g'stohlen?
Mariandel. Nein, meine Kleider, meine Wäsch', meine reiche Haube!--
Ich bitt' dich, den Diebstahl,--die schöne Wäsch'!
Florian. Nein, mein
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