Der Diamant des Geisterkönigs | Page 5

Ferdinand Raimund
mehr des kleinen Eduards?
Longimanus. Richtig! Er hat ja zu meinen Füßen gespielt und hat mich
immer in die Waden gezwickt, wie ich damals noch welche g'habt hab'.
Zephises. Ein schneller Tod hat mich der Erde entrissen, ich konnte
meinem Sohn kein Zeichen meines letzten Willens hinterlassen; darum
erhöre mein Flehen! Sende ihm einen deiner Geister, lasse ihm die
Geheimnisse jenes Kabinettes enthüllen, und erlaube dann, daß er sich
selbst vor deinen Thron werfen und die Gewährung einer Bitte erflehen
darf, die seinem Vater nicht mehr vergönnt war, an dich zu wagen.
Longimanus. Das kann nicht sein; zu mir darf er nicht herauf, wenn er
nicht einen Zweig mitbringt von meinem musikalischen Baum. Ich
möcht' ihn recht gern einmal sehen, den kleinen Eduard;--aber ich kann
mein Wort nicht umstoßen.
Zephises. Mein Sohn wird keine Gefahr scheuen, sich dir zu nähern.
Longimanus. Das geht mich nichts an.
Zephises. Rette ihn nur vor Mangel und Verzweiflung.
Longimanus. Siehst du's, jetzt wird dir bang'; aber so geht's manchen
Eltern, die Geld haben, lassen den Kindern nichts lernen. Geschieht
nachher ein Bissel ein Unfall, und ein solcher Mensch soll sich selbst
etwas verdienen, steht der Dalk da. Da werden wir gleich
helfen.--Pamphilius!

Vierzehnte Szene. Pamphilius. Vorige.
Longimanus. G'schwind zu dem sein' Sohn ein paar wohltätige Geister
hinunter, ich werd' ihnen schon sagen, was sie zu tun haben.
Pamphilius. Ja, es ist nur fatal--
Longimanus. Ich weiß schon, freilich ist's fatal; sie sind jetzt alle in der
Arbeit, es ist keiner zu Hause, aber das nützt nichts, es muß einmal sein.
Schau halt, daß du wo ein paar zusammenfangst. Allez!

(Pamphilius geht.)
Zephises. Herr, wie soll ich dir danken?
Longimanus. Halt's Maul! He, Pamphilius, noch eins!
(Pamphilius kehrt schnell um.)
Longimanus. Den wievielten haben wir heut?
Pamphilius. Den 27. November.
Longimanus. Warum nicht gar? Du verdammte G'schicht! Ich hab'
schon immer nachgedacht; November! Und ihr habt ein Donnerwetter
g'habt? Dich hat der Blitz erschlagen, statt daß es schneien soll?
Pamphilius. Ja, großer Sultan, das ist jetzt die allgemeine Klage der
Menschen, daß es im Winter warm ist und im Sommer kalt.
Longimanus. Ja. für was zahl' ich denn meine Jahrszeiten, wenn sie mir
so eine Konfusion machen? Da muß ich ja mit dem polnischen
Donnerwetter dreinschlagen. Pamphilius, geschwind laß mir den
Winter heraufkommen.
(Pamphilius geht schnell ab.)
Longimanus. Halt! (Pamphilius kehrt schnell um.) Die andern
Jahrszeiten auch, g'schwind!
Pamphilius. Na, heut lauf' ich mir noch die Füß' aus der Wurzel.
Verdammter Dienst! (Läuft schnell ab.)
Longimanus. Hat ein recht ruhiges Brot bei mir, der Pamphilius; er halt
aber aus, wie ein Pferd. Jetzt lauft er schon 2000 Jahr' und hat noch
gesunde Huf'; er kriegt keine Steingallen, nicht einmal den Spat hat er
noch g'habt.

Fünfzehnte Szene. Die vier Jahreszeiten. Vorige.
(Der hinter trägt einen schwarzen Pelz, Pudelmütze, einen kleinen
Stutzen [Muff], ganz beschneit. Der Sommer im nankingenen Frack,
Beinkleid, einen modernen Strohhut mit Kornblumen darauf und ein
Parasol in der Hand. Der Herbst, mit dicken Backen und wohlbeleibt,
hat eine grüne Wirtsjacke, Fürtuch, Käppchen mit Weinlaub besteckt,
unter dem Arme ein kleines Fäßchen, worauf Most steht, in der Hand
eine große Traube. Der Frühling, ein junges Gärtnermädchen, mit
Rosen auf dem Hut und einem Rosenstock im Arme, treten furchtsam
ein.)
Longimanus. Nur näher da, ihr vier Haimonskinder! Was muß denn ich
hören? Warum betragt ihr euch nicht, wie es sich für rechtschaffene

Jahrszeiten schickt? Was ist denn das für ein liederlicher Lebenswandel,
Monsieur Winter? Schämt Er sich nicht? So ein eisgrauer Mann und
fangt auf einmal an, hitzig zu werden! Warum hat's eingeschlagen im
November? Ich will's wissen!
Winter (im Baßtone). Euer G'streng', ich kann nichts dafür. Der
Sommer tut mir alles mit Fleiß; er möcht' gern alles wissen, und da
blitzt er immer herüber auf mich.
Longimanus. Der Sommer soll sich gar nicht rühren; der ist seit einigen
Jahren wie ausgewechselt. Ich glaub', er verlegt sich aufs Trinken, weil
er immer so naß ist.
Herbst. Eur' königliche Durchlaucht, ich bitt' ums Wort! Der Sommer
kann nichts dafür; der Winter laßt ihm keine Ruh'. Wann er Eiszapfen
übrig hat, so schickt er ihm s' herüber, daß's im Sommer schauert.
Nachher fangen sie zu disputieren an, der Sommer kommt in Zorn, und
so gibt's alle Tag ein Wetter.
Sommer. Ja, das ist auch wahr; der Herbst ist noch mein einziger
Freund, er putzt mich wieder heraus! Die Leute schimpfen über mich,
und ich kann nichts dafür.
Longimanus. Und jetzt basta! Ich will haben, daß ihr euch vertragen
sollt. Auf die Letzt verderbt's mir da meinen Frühling auch noch; das
ist noch die bravste, das ist noch meine liebste Jahrszeit, der Frühling!
(Kneift sie in die Wange und gibt ihr ein Goldstück.) Da hast was auf
ein Kipfel, du Tausendsasa, du!
Frühling. Ich küss' die Hand, Euer G'streng'! Ich werd' mich schon gut
aufführen. (Küßt ihm
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