Der Diamant des Geisterkönigs | Page 4

Ferdinand Raimund
gekleidet mit offenen Schleiern; das Haupt und die Brust verhüllt.
Das Kleid ist unten mit Zeichen des sogenannten Drudenfußes garniert;
auch tragen sie einen Drudenfuß als Medaillon auf der Brust; das
Gesicht mit alten Weiberlarven bedeckt; sie stürzen Longimanus zu
Füßen.
Die Druden. Mächtiger Herrscher, erbarme dich!
Longimanus. Schau', wie fein! Grad' die säubersten haben s' ausg'sucht.
Womit kann ich dienen, meine schönen Damen?

Erste Drude. Herr! Es sind nun schon fünfzig Jahre, daß du uns von der
Erde zurückberufen hast, und wir wissen nicht, wodurch wir das
verschuldet haben?
Longimanus. Ja, meine lieben Fräulein Drud', mir ist leid, aber es kann
nicht anders sein.
Erste Drude. Hör' unser Flehen! Gib uns wieder unsere Macht; die
Menschen sehnen sich nach uns.
Longimanus. Ob du still bist oder nicht!--Was fällt euch ein? Es redt
gar kein Mensch mehr von ihnen, denkt gar kein Mensch mehr an sie,
und jetzt wollen s' auf einmal wieder ihre vorige Druckfreiheit haben.
Ich lass' die Menschen nicht mehr so kujonieren. Anno 1837 eine Drud'!
Die Leut' müßten einen nur auslachen.
Erste Drude. Aber hat man uns denn nicht sogar durch eine Oper
verewigt; "Das Neusonntagskind"!
Longimanus. Ah, was Oper! was Neusonntagskind! Die Leut' sind oft
die ganze Woche kindisch, nicht nur an einem Sonntag. Es nutzt nichts!
Ich hab' nichts gegen euch; ein jeder Stand verdient Achtung, also auch
eine Drud'. Meine Mutter war selbst eine, und ich bin doch Zauberfürst
geworden.
Erste Drude. Aber haben wir denn nicht stets unsere Schuldigkeit getan?
Hier sind unsere Attestate von dem Genius der Träume.
Longimanus. Ja, das ist wahr, ihr wart brave Druden, habt die Leut'
gedruckt, daß es eine Schand' und ein Spott war. Aber jetzt ist's vorbei.
Ihr habt's eure Pension und da könnt's zufrieden sein. Und jetzt hinaus,
auf der Stell'!
(Beide Druden küssen ihm weinend das Kleid und gehen ab.)

Elfte Szene. Longimanus. Pamphilius.
Longimanus. Und jetzt ist's gar für heute mit der Klagerei; ich zürn'
mich zuviel. Die andern sollen übermorgen kommen oder aufs Jahr.
Laß mir jetzt den Zephises herüberkommen, den ich unter die Geister
aufgenommen habe. Was macht er denn?
Pamphilius. Er sitzt mit drei Feuergeistern bei einem Wolkentisch und
spielt Whist mit ihnen.
Longimanus. Whist spielen s'? Ist ein schönes Spiel, das Whist; wenn
nur nicht so viel ausg'macht würde dabei. Mich haben s' einmal auf der
Erde unten aus fünf Kaffeehäusern hinausgeworfen, weil ich gar so

schlecht gespielt hab'. Ja, damals war ich noch ein rechter Wüstling,
aber jetzt freut's mich nicht mehr. Na, so laß mir ihn nur
herüberkommen; wenn er auch ein paar Fisch' verliert, wegen so ein
paar Forellen wird's nicht aus sein, um Goldfisch spielen s' doch nicht.
(Pamphilius geht ab.)

Zwölfte Szene.
Longimanus (allein). Ich hab' ihn recht gern, den Zephises! Wie ich vor
zwanzig Jahren auf der Erde herumgereist bin, so hab' ich ihn in
Ägypten kennen gelernt, wo er die Zauberei studiert hat, er war just im
dritten Jahr Magie. Dann bin ich mit ihm nach Österreich gereist, hab'
ihm ein Haus und einen Garten gekauft und sein Zauberkabinett
eingerichtet. Da ist ihm seine Frau gestorben-- war eine recht hübsche
Frau--hernach hab' ich mich auch nicht mehr lang aufgehalten, und
weil er gar so lamentiert hat, hab' ich ihm versprochen, wenn er stirbt,
ihn unter die Geister aufzunehmen; und jetzt hab' ich auf einmal g'hört,
daß ihn der Blitz erschlagen hat; da hab' ich ihn also durch meine
Geister gleich heraufexpedieren lassen. Da kommt er schon!

Dreizehnte Szene. Zephises. Voriger.
Zephises (als Geist im weißen Zaubertalar, mit schwarzen Charakteren).
Fürst der Lüfte! Wo soll ich Worte des Dankes finden?
Longimanus. Ist schon so gut! Nur keine Komplimente unter guten
Freunden. Mich freut's vom Herzen, alter Schwed'! Hat er dich einmal
erwischt, der Tod, beim Zwiefachel? Richtig, da auf der Seiten hat er
ihn g'streift, der Blitz; da schwefelt er ein wenig. Wie g'fallt's dir denn
bei mir heroben? Haben wir nicht eine frische Luft?
Zephises. Herr, darf ich es dir gestehen, daß selbst in dem Wonnemeer
von Herrlichkeiten, das mich in deinem Zauberreiche umfließet, mein
Vaterherz doch einen tiefen Schmerz empfindet, den es dir nicht
verhehlen kann?
Longimanus. Aha! (Fährt mit der Hand an Zephisens Stirn vorbei.) Hat
ihn schon erwischt! Zuckt schon!
Zephises. Als du uns armen Sterblichen die Gnade deines Besuches
gewährtest, hat deine Milde mich mit großen Schätzen beschenkt.
Longimanus. Ja, richtig! Hast du alle angebracht?

Zephises. Nein, Herr! Ich habe sie in meinem Kabinett verborgen und
dieses mit einem Zauber belegt, daß kein Sterblicher es öffnen kann,
wenn ich ihm nicht die Mittel dazu anzeige.
Longimanus. Nun, in meinem Reich brauchst keine Schätze, da lebt
man von der Luft, daß es nur eine Freud' ist.
Zephises. Hab' ich denn nicht einen Sohn, den ich hilflos
zurückgelassen habe?
Longimanus. Du hast einen Sohn?
Zephises. Erinnerst du dich nicht
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