Der Barometermacher auf der Zauberinsel | Page 6

Ferdinand Raimund
Herz gewonnen. Eine unwiderstehliche Macht zieht mich zu dir hin. Ich k?nnte goldene Tr?nen weinen.
quecksilber. Also, voulez-vous mein sein?
zoraide. Wenn du mir die Beweise deiner Liebe gibst, die ich von dir fordere.
tutu. Mit Erlaubnis! (Er tritt in die Mitte.) Der Diskurs dauert mir ein wenig zu lang. Also, mein charmanter Herr Schwiegersohn, vulgo Goldarbeiter, au revoir! Ich werde Befehle erteilen, da? man in dem Palast Ihre Zimmer ausreibt, austapezieren k?nnen Sie sich s’ selbst, dann mu? ich mich niederlegen und ausruhen. Der gefühlvolle Auftritt hat mich zu sehr angegriffen. Leben Sie wohl. Vergolden Sie mein ganzes Reich, und wenn ich vielleicht heute noch munter werden sollte, so habe ich das Vergnügen, Sie zu sehen! Also: au revoir! Und weil mir in der Geschwindigkeit nichts Franz?sisches mehr einf?llt, noch einmal: au revoir!
(Geht ab, alles mit ihm.)

12. szene
(zoraide. quecksilber.)
zoraide. Du bist also wirklich entschlossen, Jüngling, an meiner Hand auf der holperichten Landstra?e dieses Lebens einherzuwandeln, ohne zu ermüden?
quecksilber. Wir halten uns halt einen Einsp?nner.
zoraide. Wie nennst du dich?
quecksilber. Bartholom?us!
zoraide. Bartholom?us und Zoraide, das gibt einen herrlichen Roman.
quecksilber. Ich glaub’s.
zoraide. Auf dem Titelkupfer eine indianische Schweizer Gegend, vom Mond beleuchtet. Zu meinen Fü?en liegt ein jugendlicher Sch?fer und im Hintergrunde erscheinest du--
quecksilber. Mit einem Ochsenzahn in der Hand. Das wird eine sch?ne Vignette sein.
zoraide. Nein, Spa? apart, ich bin Dichterin. Sie müssen mir Ihre Geschichten erz?hlen, ich werde sie in vierfü?igen Jamben bearbeiten und dann dem Druck übergeben. Pr?numeranten werden sich schon finden.
quecksilber. Sind S’ so gut! Wenn die Leut’ alle die Dummheiten lesen mü?ten, die ich in meinem Leben ang’stellt hab’, ich dürft’ mich gar nicht mehr auf der Gassen sehen lassen.
zoraide. Wie? K?nnen Sie sich eine gr??ere Ehre wünschen, als im Druck zu erscheinen?
quecksilber. Ah was, Druck. Wenn ich mich will drucken lassen, geh’ ich in ein Freitheater.
zoraide. Nein, verzeihen Sie, mit Ihnen zu parlieren geh?rt eine kuriose Geduld dazu, Sie haben ja nicht um sechs Pfennige Galanterie im Leib. Ich m?chte einen galanten Mann.
quecksilber. Da h?tten Sie sich sollen einen Galanterieh?ndler verschreiben, auf dem Kohlmarkt gibt’s pr?chtige, ob sie Ihnen aber m?gen, das wei? ich nicht.
zoraide. Gehen Sie, Sie haben nicht im geringsten einen, wie sagt man denn, phantasierenden Sinn.
quecksilber. So? Ich habe einmal das hitzige Fieber g’habt, da h?tten Sie mich h?ren sollen, da habe ich fünf Tag und Nacht phantasiert.
zoraide (für sich). Wenn ich nur das Staberl erwischen k?nnte! (Sehr freundlich.) Lassen Sie uns Frieden schlie?en, trauter Bartholom?us! Liebst du deine Zoraide? Hinweg mit allen den kleinen Z?nkereien, den T?chtern der liebenden Koketterie, welche den Reiz der Liebe erh?hen sollen. Ich will dein Herz umranken, wie die Rebe den Kastanienbaum. (Umarmt ihn.) O ihr G?tter, die ihr da unten wohnt, sehet auf uns herab!--Nicht wahr, du wirst deine Zoraide nie verlassen. Dein Herz wird kein Retourbillett verlangen oder sich gar das Entrée seiner Treue bei Amors Kasse zurückzahlen lassen?
quecksilber. Sie ist doch eine gute Seel’.
zoraide (für sich). Nur das Staberl m?cht’ ich haben. quecksilber. Nu schlagen Sie ein, aber nicht ins G’sicht. Geben Sie mir zum D’rangeld ein einschichtiges Busserl, und wir sind d’accord!
zoraide. Jetzt nicht. Das bekommen Sie nach der Tafel zum Konfekt.
quecksilber. Gut, ist auch recht. Was essen denn Sie zum Konfekt?
zoraide. Die edelsten indianischen Früchte.
quecksilber. Da freu’ ich mich! Für mich sind die edelsten Früchte die Pfludern, die i? ich sehr gern. Dirndeln sind auch sch?n, besonders die Bauerndirndeln. Mein liebstes Essen sind die Birn’, wissen Sie, die kleinen, die Muskatellerbirnderln, die sind gut.
zoraide. Wer wird denn so einen gemeinen Gusto haben! (Sehr hochdeutsch.) Wie k?nnen Sie denn Bern essen?
quecksilber. Keine B?ren ess ich nicht, da bin ich froh, wenn mich keiner anpackt.--Birn’! ist denn das ein übler Gusto? Birn’ i?t ja die ganze Welt, ein jeder eine andere Gattung. Die Patrioten essen Kaiserbirn’; die Reichen Dukatenbirn’; die sich stark parfümieren, Bergamottenbirn; die Schuster Lederbirn’; die Kutscher Haberbirn’; die Tischler Holzbirn’; die Barbierer Issinbart, und wer einen Fehler macht, der i?t Plutzerbirn’. Kurz, du bist einmal mein, dabei bleibt’s.
zoraide. Ich schwimm’ in einem Meer von Wonne, wie ein Walfisch in der Donau. (Umarmt ihn.)

13. szene
(linda, aus dem Palast. vorige.)
linda. Prinzessin, Sie sollen hinaufgehen, da? Ihnen die Nachtluft nicht schad’t. (Beiseite.) Wenn ich ihm nur einen Wink geben k?nnt’. Er ist ein recht hübscher Mensch.
zoraide. Was? (Beiseite.) Erwünschte Gelegenheit! (Laut.) Wie kann Sie sich unterstehen, in diesem mir so herrlichen Augenblicke vor meine Augen zu kommen? Sie kecke Person! Diese Mi?gestalt wagt es, dr?ngt sich zwischen mir und meine herrlichsten Phantasien.
linda. Aber, Hoheit!--
quecksilber. So sind’s doch vernünftig, was hat sie Ihnen denn getan?
zoraide. Halten Sie’s Maul!--Sie will noch widersprechen? Sie erkühnt sich noch, ihr loses Maul gegen mich aufzutun, gegen mich, ihre Gebieterin. Ich vergreife mich an ihr--Himmel, ich wei? nicht, was ich tue, vergeben Sie meine Schw?rmerei--
quecksilber. Erlauben S’, das ist eine kuriose Schw?rmerei. So schw?rmen bei uns die Trager auf der Hauptmaut.
zoraide. Sie nehmen
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