Das kleine Dummerle | Page 7

Agnes Sapper
Dort traf er einen seiner Schulkameraden, der schon wieder in die Nachmittagsschule ging und h?chlich erstaunt war, da? Frieder erst zum Essen gehen wollte. Auch ein anderer Kamerad, der kleine Meinert, kam schon des Wegs. ?Du, Meinert,? rief ihm der erste Kamerad zu, ?der Pf?ffling will erst zum Essen gehen.?
?O, der kommt viel zu sp?t!?
?Gelt, ich sag's auch, der kommt zu sp?t.? So eingeschüchtert wagte sich ?der Pf?ffling? auch nicht mehr weg, sondern ging hinauf in das Schulzimmer, setzte sich todmüde auf seinen Platz in der Bank, lie? das hei?e K?pflein h?ngen und schlief ein. Aus diesem Mittagsschlaf erwachte er erst, als gegen zwei Uhr die andern Kinder alle heraufstürmten und der Lehrer kam. Sehr gut bestand Frieder heute nicht in der Schule und die zwei Stunden schienen ihm eine Ewigkeit.
Als sie endlich überstanden waren und er die Treppe herunterkam, ohne zu wissen, wohin er sich dann wenden solle, da rief pl?tzlich eine Stimme: ?Frieder!? Er sah auf und da stand sein Vater vor ihm und sagte freundlich zu ihm: ?So Frieder, ich habe auf dich gewartet, ich will dich abholen in die neue Wohnung, die Mutter hat Angst gehabt, da? du sie nicht findest.?
Ei, wie da der kleine Frieder verkl?rt zu seinem Vater aufsah, wie er sich dicht an ihn dr?ngte und mit ihm ging! Und wie ihm dann auf einmal die Tr?nen aus den Augen schossen und all der Jammer im Durcheinander herauskam: Kein Mittagessen -- die alte leere Wohnung -- die Hintere Katzengasse und die Angst, da? man nur noch sechs Kinder haben wolle! Vater Pf?ffling drückte fest die kleine Hand, die in der seinigen ruhte, und sagte: ?Frieder, wo wir sind, da geh?rst du auch hin und in der Frühlingsstra?e Nr. 20 da wird auch für unser Dummerle der Tisch gedeckt.?
In der neuen Wohnung war noch ein buntes Durcheinander und Frieder h?tte wohl nicht so schnell etwas zu essen gefunden, wenn nicht die neue Hausfrau mit der Liebhaberei, Gutes zu tun, dagewesen w?re. Sie brachte eine riesige Kanne mit Kaffee und Milch zum Einstand, um die sich bald die ganze Familie scharte; viele Freunde und dankbare Musikschüler schickten Vorr?te für die Speisekammer, so da? alles in Hülle und Fülle da war, wie sonst nie im Jahr, und alle Pf?fflinge, jung und alt, voll Vergnügen waren. Frieder wurde freilich von den Geschwistern viel geneckt und mu?te sich oft Dummerle nennen lassen, aber er lie? sich's gar nicht anfechten, er war jetzt glücklich! Und als das Elschen am Abend zu ihm kam mit vier Kugeln in den H?nden und klagte: ?Die rote Kugel ist nicht mit eingezogen,? da freute er sich darüber, da? er noch einmal in die verlassene Wohnung gekommen war und dort die Kugel gefunden hatte, ging mit der kleinen Schwester auf den Holzplatz, wo die gro?en Geschwister auf den Balken schaukelten und kletterten, und spielte mit ihren Kugeln, wie sie es in der alten Wohnung getan hatten.
Bald war die neue Wohnung eingerichtet und Herr Pf?ffling rüstete sich zur Reise. Seine Tasche war gepackt, alles lag bereit, am n?chsten Morgen wollte er abreisen. Das Wetter war herrlich und lockte hinaus, er sang und pfiff den ganzen Tag vor Freude und unterbrach sich nur manchmal, um zu seiner Frau zu sagen: ?N?chstes Jahr bist du an der Reihe,? oder zu den Kindern: ?Wenn ihr gro? seid, dürft ihr auch reisen.? Sie freuten sich alle mit ihm.
Aber -- in der Nacht wurde Elschen krank. Sie konnte nicht sagen, was ihr fehlte, aber sie weinte und wimmerte und w?lzte sich in ihrem Bett herum. Am frühen Morgen wurde der Arzt geholt. Er untersuchte, fragte und wurde nicht klug daraus, was dem Kind fehle. Als Frau Pf?ffling sagte: ?Mein Mann kann doch unbesorgt abreisen?? da zuckte er die Achseln und meinte: ?Ich würde doch noch einen Tag zusehen.? Den ganzen Tag konnte die Kleine nichts essen und lag st?hnend im Bettchen, und am n?chsten Tag fand der Arzt sie kr?nker als am vorhergehenden. Traurig schlichen die Kinder umher, jedes teilte die Angst der Eltern um die Kleine, alle Musik verstummte. In diesen Tagen waren Pf?fflings eine gute Mietpartei für die Hausleute.
Elschen aber konnte doch nicht schlafen, so sehr man ihr Ruhe verschaffte. Der kleine Frieder stand an ihrem Bett; ihn l?chelte sie manchmal an und sprach auch ein paar Worte mit ihm, aber von den andern Geschwistern wollte sie nichts wissen. So lie? ihn die Mutter manchmal allein am Bett, wenn sie selbst nach der Haushaltung sehen mu?te, die zwei hatten sich ja so lieb. Vater Pf?ffling ging unruhig im Haus herum, an seine Reise dachte er schon fast nicht mehr, so gro? war die Sorge um das Kind.
Eben war der Arzt wieder dagewesen. ?Wenn ich nur erst herausf?nde, was dem Kinde fehlte,? sagte er, ?aber so kann ich ihm gar nicht helfen.? Die Eltern begleiteten ihn hinaus und Frieder
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