Das goldene Vliess | Page 7

Franz Grillparzer
ist
dein Gemüt. Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater?

Aietes. Furcht Bube?
Absyrtus. Nu, (Sorge) denn, Vater! Aber habe nicht Furcht noch Sorge!
Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme? Ist nicht ein Häuflein nur
der Fremden? Wären ihrer doch zehnmal mehr! Laß sie nur kommen,
wir wollen sie jagen Eilends heim in ihr dunkles Land Wo keine
Wälder sind und keine Berge, Wo kein Mond strahlt, keine (Sonne)
leuchtet Die täglich, hat sie sich müde gewandelt, Zur Ruhe geht in
unserem Meer. Laß sie nur kommen, ich will sie empfangen, Du hast
nicht umsonst mich wehrhaft gemacht, Nicht umsonst mir gegeben dies
blitzende Schwert, Und den Speer und den Helm mit dem wogenden
Busch, Waffen d u , und Mut die (Götter)! Laß die Schwester mit ihren
Künsten, Schwert gegen Schwert, so binden wir an!
Aietes. Armer Wurm!
Absyrtus. Ich bin dein Sohn! Damals als du den Phryxus schlugst--
Aietes. Schweig!
Absyrtus. Das ist ja eben warum sie kommen Her nach Kolchis, die
fremden Männer Zu rächen, wähnen sie, seinen Tod Und zu stehlen
unser Gut, das strahlende Vließ.
Aietes. Schweig Bube!
Absyrtus. Was bangst du Vater? Fest verwahrt in der Höhle Hut Liegt
es das köstliche, goldene Gut.
Aietes
(den Mantel vom Gesicht reißend und ans Schwert greifend). Soll ich
dich töten, schwatzender Tor?
Absyrtus. Was ist dir?
Aietes. Schweig!--Dort sieh zum Busch!
Absyrtus. Warum?
Aietes. Mir deucht es raschelt dort Und regt sich.--Man behorcht uns.
Absyrtus
(zum Gebüsch hingehend und an die Bäume schlagend). He da!--Steht
Rede!--Es regt sich Niemand!
(Aietes wirft sich auf ein Felsenstück im Vorgrunde.)
Absyrtus (zurückkommend). Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht.
Aietes
(aufspringend und ihn hart anfassend). Ich sage dir, wenn du dein
Leben liebst Sprich nicht davon!
Absyrtus. Wovon?

Aietes. Ich sage dir, begrab's in deiner Brust Es ist kein
Knabenspielzeug, Knab'! Doch alles still hier! Niemand empfängt mich;
Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz.
Absyrtus. Hoch oben am Turme flackert ein Licht. Dort sitzt sie wohl
und sinnt und tichtet.
Aietes. Ruf ihr! Sie soll heraus!
Absyrtus. Gut Vater!
(Er geht dem Turme zu). Komm herab du Wandlerin der Nacht Du
Spät-Wachende bei der einsamen Lampe! Absyrtus ruft, deines Vaters
Sohn!
(Pause.)
Sie kommt nicht, Vater!
Aietes. Sie soll! Ruf lauter!
Absyrtus
(ans Tor schlagend). Holla ho! Hier der König! Heraus ihr!
Medeas Stimme (im Turm). Weh!
Absyrtus. Vater!
Aietes. Was?
Absyrtus (zurückkommend). Hast du gehört? Weh rief's im Turm!
War's die Schwester die rief?
Aietes. Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an. Ich will rufen und sie
soll gehorchen!
(Zum Turme gehend.)
Medea!
Medea (im Turm). Wer ruft?
Aietes. Dein Vater ruft und dein König! Komm herab!
Medea. Was soll ich?
Aietes. Komm herab, sag' ich!
Medea. O laß mich!
Aietes. Zögre nicht! Du reizest meinen Zorn! Im Augenblicke komm!
Medea. Ich komme!
(Aietes verhüllt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.)
Absyrtus. Wie kläglich, Vater, ist der Schwester Stimme. Was mag ihr
fehlen? Sie dauert mich!-- Dich wohl auch, weil du so schmerzlich
schweigst, Das arme Mädchen!--
(Ihn anfassend.)
Schläfst du, Vater?

Aietes (aufspringend). Törichte Kinder sind der Väter Fluch! Du und
sie, i h r tötet mich, Nicht meine Feinde!
Absyrtus. Still! Horch!--Der Riegel klirrt!--Sie kommt!--Hier ist sie!
Medea (in dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen
gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem,
gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf dem
Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.)
Medea. Was willst du, Herr?
Absyrtus. Ist das die Schwester, Vater? Wie anders doch als sonst, und
ach, wie bleich!
Aietes (zu Absyrtus). Schweig jetzt!
(Zu Medeen.)
Tritt näher!--näher!-- Doch erst Lösch' deine Fackel, sie blendet mir
das Aug!
Medea
(die Fackel am Boden ausdrückend). Das Licht ist verlöscht, es ist
Nacht, o Herr!
Aietes. Jetzt komm!--Doch erst sag' an wer dir erlaubt, Zu fliehn, des
väterlichen Hauses Hut Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis
Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd, Zu trotzen meinem
Worte, meinem Wink?
Medea. Du fragst?
Aietes. Ich frage!
Medea. Reden soll ich?
Aietes. Sprich!
Medea. So höre wenn du kannst und zürne wenn du darfst. O könnt' ich
schweigen, ewig schweigen! Verhaßt ist mir dein Haus Mit Schauder
erfüllt mich deine Nähe. Als du den Fremden erschlugst, Den
Götterbeschützten, den Gastfreund Und raubtest sein Gut, Da trugst du
einen Funken in dein Haus, Der glimmt und glimmt und nicht
verlöschen wird, Gössest du auch darüber aus Was an Wasser die
heil'ge Quelle hat, Der Ströme und Flüsse unnennbare Zahl Und das
ohne Grenzen gewaltige Meer. Ein törichter Schütze ist der Mord,
Schießt seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht, Gewinnsüchtig, beutegierig,
Und was er für ein Wild gehalten, Für frohen Jagdgewinn, Es war sein
Kind, sein eigen Blut, Was in den Blättern rauschte, Beeren suchend.
Unglücksel'ger was hast du getan? Feuer geht aus von
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