Das goldene Vliess | Page 5

Franz Grillparzer
bewehrt. Auch ist's euch lästig.
Phryxus (zu Medeen). Sorgest du um mich?
(Medea wendet sich ab.)
Sei mir nicht bös! Ich weigr' es dir ja nicht!
(Er gibt ihr das Schwert.)
Den Himmlischen vertrau' ich mich und dir! Wo du bist da ist Frieden.
Hier mein Schwert! Und jetzo in dein Haus, mein edler Wirt!
Aietes. Geht nur, ich folg' euch bald!
Phryxus. Und du Medea? Laß mich auch dich am frohen Tische sehn!
Kommt Freunde teilt die Lust wie ehmals die Gefahr!
(Ab mit seinen Gefährten.)
(Medea setzt sich auf eine Felsenbank im Vorgrunde und beschäftigt
sich mit ihrem Bogen, den sie von der Erde aufgehoben hat. Aietes
steht auf der andern Seite des Vorgrundes und verfolgt mit den Augen
die Diener des Phryxus, die Gold und reiche Gefäße ins Haus
tragen.--Lange Pause.)
Aietes. Medea!
Medea. Vater!
Aietes. Was denkst du?
Medea. Ich? Nichts!
Aietes. Vom Fremden mein' ich,
Medea. Er spricht und spricht; Mir widert's!
Aietes (rasch auf sie zugehend). Nicht wahr? Spricht und gleißt Und ist
ein Bösewicht, Ein Gottverächter, ein Tempelräuber! Ich töt' ihn!
Medea. Vater!
Aietes. Ich tu's! Soll er davon tragen all den Reichtum Den er geraubt,
dem Himmel geraubt? Erzählt' er nicht selbst, wie er im Tempel Das
Vließ gelöst von der Schulter des Gottes, Des Donnerers, Perontos, Der
Kolchis beschützt. Ich will dir ihn schlachten Peronto! Rache sei dir,
Rache!
Medea. Töten willst du, den Fremden, den Gast?
Aietes. Gast? Hab' ich ihn geladen in mein Haus? Ihm beim Eintritt
Brot und Salz gereicht Und geheißen sitzen auf meinem Stuhl? Ich hab'
ihm nicht Gastrecht geboten, Er nahm sich's, büß' er's der Tor!

Medea. Vater! Peronto rächet den Mord!
Aietes. Peronto (gebeut) ihn. Hat der Freche nicht an ihm gefrevelt?
Sein Bild beraubt in der Delpherstadt? Führt der Erzürnte ihn nicht
selbst her Daß ich ihn strafe, daß ich räche Des Gottes Schmach und
meine? Das Vließ dort am glänzenden Speer, Des Gottes Kleid, der
Kolcher Heiligtum Soll's ein Fremder, ein Frevler entweihn? Mein ist's,
mein! Mir sendet's der Gott Und (Sieg und Rache) geknüpft an dies
Pfand Den Unsern werd' es zu Teil! Tragt nur zu des kostbaren Guts!
Ihr führet die Ernte mir ein! Sprich nicht und komm! daß er uns nicht
vermißt Gefahrlos sei die Rach' und ganz! Komm, sag' ich, komm!
(Beide ab ins Haus.)
(Ein Kolchischer Hauptmann mit Bewaffneten tritt auf.)
Hauptmann. Hierher beschied man uns. Was sollen wir?
Ein Kolcher
(aus dem Hause).) Heda!
Hauptmann. Hier sind wir!
Kolcher. Leise!
Hauptmann. Sprich! Was soll's?
Kolcher. Verteilt euch rechts und links und wenn ein Fremder-- Doch
still jetzt! Einer naht!--Kommt! hört das Weitre!
(Alle ab.)
Phryxus (mit ängstlichen Schritten aus dem Hause). Ihr Götter! Was ist
das? Ich ahne Schreckliches. Es murmeln die Barbaren unter sich Und
schaun mit höhn'schen Lächeln hin auf uns. Man geht, man kommt,
man winkt, man lauert. Und die Gefährten, einer nach dem andern
Sinkt hin in dumpfen Schlaf; ob Müdigkeit, Ob irgend ein verruchter
Schlummertrank Sie einlullt weiß ich nicht. Gerechte Götter! Habt ihr
mich hergeführt, mich zu verderben? Nur eines bleibt mir noch: Flucht
auf mein Schiff. Dort samml' ich die Zurückgebliebenen, Und dann zur
Rettung her, zur Hilfe--Horch!
(Schwertgeklirr und dumpfe Stimmen im Hause.)
Man ficht!--Man tötet!--Weh mir, weh!--zu spät! Nun bleibt nur Flucht.
Schnell eh die Mörder nahn!
(Er will gehn.)
Krieger (mit gefällten Spießen treten ihm entgegen). Zurück!
Phryxus. Ich bin verraten!--Hier!
(Von allen Seiten treten Bewaffnete mit gesenkten Speeren ihm

entgegen.)
Gewaffnete. Zurück!
Phryxus. Umsonst! Es ist vorbei!--Ich folg' euch Freunde!
(An den Altar hineilend.)
Nun denn, du Hoher, der mich hergeführt, Bist du ein Gott, so schirme
deinen Schützling! Aietes (mit bloßem Schwert aus dem Hause.)
Medea (hinter ihm.) Gefolge.
Aietes. Wo ist er?
Medea. Vater, höre!
Aietes. Wo, der Fremdling? Dort am Altar. Was suchst du dort?
Phryxus. Schutz such' ich!
Aietes. Gegen wen? Komm mit ins Haus!
Phryxus. Hier steh' ich und umklammre diesen Altar, Den Göttern trau'
ich; o daß ich es dir!
Medea. O Vater höre mich!
Phryxus. Du auch hier Schlange? Warst du so schön und locktest du so
lieblich Mich zu verderben hier im Todesnetz? Mein Herz schlug dir
vertrauensvoll entgegen, Mein Schwert, den letzten Schutz gab ich in
deine Hand Und du verrätst mich?
Medea. Nicht verriet ich dich! Gabst du dein Schwert mir, nimm ein
andres hier Und wehre dich des Lebens.
(Sie hat einem der Umstehenden das Schwert entrissen und reicht es
ihm.)
Aietes (ihr das Schwert entreißend). Törichte! Vom Altar fort!
Phryxus. Ich bleibe!
Aietes. Reißt ihn weg!
Phryxus (da einige auf ihn losgehen). Nun denn, so muß ich
sterben?--Ha, es sei! Doch ungerochen, klaglos fall' ich nicht.
(Er reißt das Panier mit dem goldenen Vließ aus der Erde und tritt
damit in den Vorgrund.)
Du unbekannte Macht, die her mich führend, Dies Pfand der Rettung
huldvoll
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 53
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.