Das Maedchen aus der Feenwelt | Page 7

Ferdinand Raimund
läßt.
Wurzel. Schau aufs Mädel, und wie du was siehst, sagst mirs!
(Trinkt aus einem Fläschgen.)
Lorenz. Aber müssen Euer Gnaden denn immer naschen?
Wurzel. Still! ich nimm ein zum Gscheidwerden.
Lorenz. Und gibst denn da eine Medizin dafür?
Wurzel. Freilich, ich habe den Doktor so lang sekkiert, bis er mir was
geben hat, was mich gscheid macht. Da krieg ich alle Wochen so ein
Flaschel voll, das kost vierzig Dukaten, das treibt den Kopf auseinander.
Das soll ich nur ein paar Jahr fortnehmen, sagt er, und wenn ich einmal
ein paar tausend Dukaten drauf spendiert hab, so wird mir auf einmal
ein Licht aufgehen, und da werd ich erst einsehen, wie dumm als ich
war.
Lorenz. Ich wünsch Ihnens, es wär die höchste Zeit. Lassen mich Euer

Gnaden auch trinken, ich möcht auch recht abgwixt werden.
Wurzel. Das kost zu viel. Ich werd dich schon so einmal recht abwixen,
daß du auf eine Weil gwitzigt bist, nachher wirst schon wissen,
wieviels gschlagen hat. Ich geh jetzt aus, ich muß mir Sporn kaufen.
Und du gehst zum Tandler in die Vorstadt hinaus und laßt die vielen
Bücher hereinführen, die ich gestern bei ihm kauft hab, sperrst dann das
Zimmer auf, was ich zur Biberlithek bestimmt hab, und schüttest die
Bücher ordentlich hinein auf einen Haufen und zahlst ihm s'.
Lorenz. Schon recht!
Wurzel. Und daß er mich nicht betrügt, ordentlich messen, ich hab sie
buttenweise gekauft, die Butten um fünfundzwanzig Gulden-- keinen
Kreuzer gibst mehr. Und wennst unten durchgehst, sagst den Koch, daß
die Tafel gut ausfällt, heute Mittag im Gartensaal auf zwanzig Personen,
und auf die Letzt soll er ein kleines Faßl Punsch machen. Allez!
(Lorenz ab.) Ich mag halt reden, von was ich will, ich komm halt
immer aufs Essen zurück. Selbst wie ich noch im Wald war, wenns
gschneit hat, und ich bin auf dem Feld gstanden, ist mir die ganze
Erden vorkommen, als wenn s' ein großer Tisch wär, wo ein weiß
Tischtuch drauf ist, und alle Leut auf der Welt zum Essen eingeladen
wären.
Arie
Die Menschheit sitzt um billgen Preis Auf Erd an einer Tafel nur, Das
Leben ist die erste Speis, Und 's Wirtshaus heißt bei der Natur. Die
Kinder klein noch wie die Puppen, Die essen anfangs nichts als Suppen,
Und bloß nur wegn dem boeuf à la mode Schaun d' jungen Leut sich
um ein Brot. Da springt das Glück als Kellner um, Bringt öfters ganze
Flaschen Rum, Da trinkt man meistens sich ein Rausch Und jubelt bei
der Speisen Tausch. Auf einmal läßt das Glück uns stecken, Da
kommen statt der Zuspeis Schnecken. Von Freunden endlich oft
verraten, Riecht man von weitem schon den Braten, Und bis erst
bringen das Konfekt, Gschiehts oft, daß uns schon nichts mehr
schmeckt. Der Totengräber, ach herrje! Bringt dann die Tasse schwarz
Kaffee Und wirft die ganze Gsellschaft 'naus. So endigt sich der

Lebensschmaus. (Geht ab.)

Neunter Auftritt
Lottchen kömmt herein.
Lottchen. Der Vater ist an mir vorübergepoltert, ohne auf meinen guten
Morgen zu hören, er will in lauter glückliche Augen schaun, er geht aus.
(Geht an das Fenster und erschrickt.) Ach, dort ist Karl! er hat seine
Fische schon verkauft. Wer ist denn der fremde Mann, der bei ihm ist?
Sie werden doch nicht heraufkommen? Himmel, wenn ihn der Vater
sieht! Wie unvorsichtig! Hier sind sie schon.

Zehnter Auftritt
Karl. Ajaxerle. Vorige.
Karl (im Bauernkleide, stürzt auf Lottchen zu). Lottchen, liebes, gutes
Lottchen! Sprech ich dich endlich einmal!
Lottchen (ihre Freude zurückhaltend). Karl! ach mein lieber, lieber
Karl!
Karl. Wie? so lange sind wir getrennt, und du empfängst mich so kalt,
so herzlos?
Lottchen. Aber Karl, dieser Herr--
Karl. Ah, was liegt uns an den Herrn, das scheint gar eine ehrliche Haut
zu sein. Nicht wahr, lieber Freund, Sie nehmens nicht übel?
Ajaxerle (als schwäbischer Handelsmann, trägt einen Kaput mit
zinnernen Knöpfen, dreieckigten Hut). Ah freilich, genieren Sie sich
nicht, deswegen sind wir ja da.
Karl. Ja, wenn ich mein Lottchen sehe, da vergesse ich auf die ganze

Welt. (Umarmt sie.) Ach Lottchen, was wird aus uns werden? Ich hätte
mich noch nicht heraufgetraut, wenn du mich nicht durch diesen Herrn
hättest rufen lassen.
Lottchen. Durch diesen Herrn?
Karl. Jawohl, dieser Herr kam heute zu mir auf den Markt und sagte, du
hättest ihn geschickt, mich zu dir zu führen, wenn dein Vater ausgeht.
Lottchen. Aber Karl, was ist denn das, ich kenne ja diesen Herrn gar
nicht?
Karl. Wie?
Ajaxerle. Ja, wissen Sie, warum Sie mich nicht kennt? Sie hat mich
noch nie gsehen.
Karl. Herr, wie können Sie sich unterstehn, mit uns Spaß zu machen?
Ajaxerle. Ich will mir aber ein Spaß machen, ich will euch glücklich
machen. Ihr Tausendsappermenter! Schlagts ein, verlaßt euch auf mich,
ich bin ein ehrlichs Büble. Ich darf euch noch nicht sagen, was ich bin,
aber unter
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