dem Herd und sagte: "Ich habe einen Gruß, Padrona, vom
Costanzo aus Bologna, und ob es bei Euch war, wo er sein Messer hat
liegen lassen letzten Samstag."
"Nein", sagte sie kurz und ungeduldig.
"Ihr hättet's ihm wohl wieder mitgeschickt", sagte ich ihm, "wenn's hier
gewesen wäre. Und dann--"
"Nina", unterbrach sie ihn, "zeige ihnen den Weg in die Kammer, wenn
sie ihn vergessen haben."
Die Magd stand auf. "Ich wollte nur noch sagen, Padrona", fuhr der
Mann mit großer Ruhe und leisem Zwinkern der Augen fort, "daß
dieser Herr dort das Geld nicht ansähe, wenn Ihr ihm ein sanfteres Bett
machtet, als unsereinem. Das wollt' ich Euch sagen, Padrona, und nun
schenk' Euch die Madonna eine gute Nacht, Signora Fenice!"
Damit wandte er sich zu seinem Gesellen, neigte sich, wie dieser, vor
dem Bilde in der Ecke, kreuzte sich und beide verließen mit der Magd
das Gemach. "Gute Nacht, Nina!" rief das Mädchen. Die Alte wandte
sich noch auf der Schwelle und machte ein fragendes Zeichen, zog
dann aber rasch und gehorsam die Tür hinter sich zu.
Sie waren kaum allein, als Fenice eine Messinglampe, die seitwärts am
Herde stand, ergriff und hastig anzündete. Das Herdfeuer erlosch mehr
und mehr, die drei roten Flämmchen der Lampe erhellten nur einen
kleinen Teil des weiten Raumes. Es schien, als habe die Dunkelheit den
Fremden schläfrig gemacht, denn er saß am Tische, den Kopf auf die
Arme gelegt, den Mantel dicht um sich gezogen, als gedenke er so die
Nacht zuzubringen. Da hörte er seinen Namen rufen und sah empor.
Die Lampe brannte vor ihm auf dem Tisch, ihm gegenüber stand die
junge Padrona, die ihn gerufen hatte. Ihr Blick traf den seinen mit
großer Gewalt.
"Filippo", sagte sie, "kennt Ihr mich nicht mehr?"
Er sah eine Zeitlang forschend in das schöne Gesicht, das vom Schein
der Lampe und mehr noch von der Angst zu glühen schien, welche
Antwort ihrer Frage werden würde. Das Gesicht war wohl des
Wiedererinnerns wert. Die weichen langen Augenwimpern sänftigten,
wie sie langsam auf und nieder gingen, die Strenge der Stirn und der
schmalgeformten Nase. Der Mund blühte in der rötesten Jugend; nur
hatte er, wenn er schwieg, einen Zug von Entsagung, Schmerz und
Wildheit, dem die schwarzen Augen nicht widersprachen. Jetzt erst, als
sie am Tische stand, zeigte sich auch der herbe Reiz der Gestalt,
besonders die Schönheit des Nackens und Halses. Und dennoch sprach
Filippo nach einigem Besinnen:
"Ich kenne Euch wahrlich nicht, Padrona!"
"Es ist nicht möglich", sagte sie mit einem wunderbar tiefen Ton der
Gewißheit. "Ihr habt ja sieben Jahre Zeit gehabt, mich zu behalten. Das
ist lang; da kann ein Bild sich schon einprägen."
Das seltsame Wort schien ihn jetzt erst völlig aus seinen besondern
Gedanken loszumachen. "Ja, Mädchen", sagte er, "wer sieben Jahre zu
nichts anderm braucht, als einem schönen Mädchenkopf nachzudenken,
der muß ihn wohl zuletzt auswendig wissen."
"Ja", sagte sie nachdenklich, "so ist es, so sagtet Ihr auch damals, daß
Ihr an nichts anderes denken würdet."
"Vor sieben Jahren? So war ich noch ein scherzhafter Mensch vor
sieben Jahren. Und du hast das im Ernst geglaubt?"
Sie nickte dreimal sehr ernsthaft. "Warum sollte ich nicht? Ich habe es
ja an mir selbst erfahren, daß Ihr recht hattet."
"Kind", sagte er mit einer gutmütigen Miene, die seinen entschiedenen
Zügen wohl stand, "das tut mir leid. Vor sieben Jahren dacht' ich wohl
noch, es wüßten es alle Weiber, daß zärtliche Männerworte nicht viel
mehr wert sind als Spielmarken, die man freilich gelegentlich gegen
klingendes Geld umwechselt, wenn es ausdrücklich ausgemacht ist.
Was dacht' ich nicht alles vor sieben Jahren von euch Weibern! Jetzt
denk ich, ehrlich gesagt, selten an euch. Liebes Kind, man hat so viel
Wichtigeres zu denken."
Sie schwieg, als ob sie das alles nicht verstünde und ruhig abwarten
wollte, bis er etwas sagte, was sie wirklich anging.
"Es dämmert jetzt freilich in mir auf", sagte er nach einigem Sinnen,
"daß ich diesen Teil des Gebirges schon einmal durchwandert habe. Ich
hätte auch vielleicht das Dorf und dieses Haus wieder erkannt, ohne
den Nebel. Ja, ja, es war allerdings vor sieben Jahren, wo mich der Arzt
in die Berge schickte, und ich wie ein Narr die steilsten Wege auf und
ab stürmte."
"Ich wußte es wohl", sagte sie, und ein rührender Glanz der Freude
erschien auf den Lippen, "ich wußte es wohl, Ihr könnt es nicht
vergessen haben. Hat es doch der Hund, der Fuoco, nicht vergessen,
auch nicht seinen alten Haß auf Euch von damals,--noch ich--meine
alte Liebe."
Das sagte sie mit so großer Festigkeit und Heiterkeit, daß er immer
erstaunter zu ihr aufsah. "Ich besinne mich nun auch auf ein Mädchen",
sagte er, "das ich einmal auf der Höhe des Apennin traf, und das mich
zu seinen Eltern nach Hause brachte. Ich hätte sonst die Nacht auf den
Klippen
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