Das Kloster bei Sendomir | Page 8

Franz Grillparzer
Weges aber blieb er stehen und versank neuerdings in dumpfes Staunen. Der alte Hausverwalter trat zu ihm und sprach einige Worte; der Graf aber ging ohne Antwort an ihm vor��ber zur T��re hinaus, ��ber die G?nge, auf sein Gemach, das im entgegengesetzten Fl��gel des Schlosses lag. An der Schwelle wendete er sich um, durch eine Bewegung der Hand jede Begleitung zur��ckweisend, und die T��re ging hinter ihm zu. Wie er die Nacht zubrachte; wer kann es wissen? Der Diener, der des Morgens zu ihm eintrat, fand ihn angekleidet, auf einem Stuhle sitzend. Er schien zu schlafen, doch n?her besehen, standen die Augen offen und starrten vor sich hin. Der Diener mu?te einigemal seinen Namen nennen, bis er sich bewegte. Dann erst meldete jener seine Botschaft, indem er ihn im Namen der Gr?fin bat, das Fr��hst��ck auf ihrem Zimmer einzunehmen. Starschensky sah ihn staunend an, dann aber stand er auf und folgte schweigend, wohin jener ihn, vortretend, geleitete.
Heiter und bl��hend, als ob nichts vorgefallen w?re, kam ihm Elga entgegen; sie erw?hnte halb scherzend der Ereignisse der verflossenen Nacht. Das Kammerm?dchen ward eines heimlichen Liebeshandels angeklagt, Dortka selbst gerufen, die ein unwahrscheinliches M?rchen unbeholfen genug erz?hlte. Zuletzt bat sie um Verzeihung, welche die Gr?fin, mit R��cksicht auf sonst gezeigtes gutes Betragen, im eigenen und in ihres Gatten Namen gro?m��tig erteilte. Der Graf, am Schlusse doch auch um seine Zustimmung befragt, erteilte diese kopfnickend, und das M?dchen blieb im Hause.
Schweigend nahm Starschensky das Fr��hst��ck ein, stumm ging er aus dem Schlosse. Der alte Hausverwalter, der ihm auf seinem Wege entgegenkam, wagte, neben ihm hergehend, nicht, das Stillschweigen zu brechen, und suchte nur in den Z��gen seines Herrn Antwort auf seine zur��ckgehaltenen Fragen und Zweifel. So gingen sie, so verrichteten sie ihre Gesch?fte, wie sonst, wie immer. Der Graf bestrebte sich nicht blo?, ��ber die Vorf?lle des gestrigen Tages nichts zu denken, er dachte wirklich nichts. Denn wenn der verfolgte Strau? sein Haupt verbirgt und w?hnt, sein Nichtsehen der Gefahr sei zugleich ein Nichtdasein derselben, so tut der Mensch nicht anders. Unwillk��rlich schlie?t er sein Auge vor einem hereinbrechenden Unvermeidlichen, und jedes Herz hat seine Geheimnisse, die es absichtlich verbirgt vor sich selbst.
Einige Tage darauf wollte Starschensky eintreten bei seiner Gemahlin. Es hie?, sie sei im Bade; doch h?rte er die Stimme seines Kindes im n?chsten Gemache, und er ging hinein. Da fand er die Kleine am Boden sitzend, mitten in einer argen Verwirrung, die sie angerichtet. Elgas Schmuck und Kleinodien lagen rings um das Kind zerstreut, und das offene, umgest��rzte Schmuckk?stchen nebst dem herabgezogenen Teppich des daneben stehenden Putztisches zeigte deutlich die Art, wie es sich das kostbare Spielzeug verschafft hatte. Starschensky trat gutm��tig scheltend hinzu, stritt dem Kinde St��ck f��r St��ck seinen Raub ab, und versuchte nun die gl?nzenden Steine wieder an ihre Stelle zu legen. Der Deckel des Schmuckk?stchens, augenscheinlich ein doppelter, war durch den Sturz vom Tische aus den Fugen gewichen, und da der Graf versuchte, ihn, mit dem Finger dr��ckend, wieder zur��ckzupressen, fiel der innere Teil der doppelten Verkleidung auf den Boden und zeigte in dem r��ckgebliebenen hohlen Raume ein Portr?t, das, schwach eingef��gt, leicht von der Stelle wich und das nun der Graf hielt in der zitternden Hand.
Es war das Bild eines Mannes in polnischer Nationaltracht. Das Gef��hl einer entsetzlichen ?hnlichkeit ��berfiel den Grafen wie ein Gewappneter. Da war das oft besprochene Naturspiel mit den schwarzen Augen und blondem Haare, wie--bei seinem Kinde.--Er sah das M?dchen an, dann wieder das Bild.--Diese Z��ge hatte er sonst schon irgend gesehen; aber wann? wo?--Schauer ��berliefen ihn.--Er blickte wieder hin. Da schaute ihn sein Kind mit schwarzen Schlangenaugen an, und die blonden Haare loderten wie Flammen, und die Erinnerung an jenen verschm?hten Vetter in Warschau ging gr??lich in ihm auf.--Oginsky! schrie er und hielt sich am Tische, und die Z?hne seines Mundes schlugen klappernd aneinander.
Ein Ger?usch im Nebenzimmer schreckte ihn empor. Er befestigte den Deckel an seine Stelle, schlo? das K?stchen, das Bild hatte er in seinen Busen gesteckt; so floh er, wie ein M?rder.
Diesen Tag ward er im Schlosse nicht mehr gesehen. Sein Platz blieb leer am Mittagstische. Gegen Abend kam er ins Zimmer der W?rterin und verlangte nach dem Kinde. Das nahm er bei der Hand und f��hrte es in den Garten, der einsam gelegenen Moosh��tte zu. Dort fand ihn nach einer Stunde der suchende Hausverwalter, in eine Ruhebank zur��ckgelehnt. Das Kind stand zwischen seinen Knieen, er selbst hielt ein Bild in der Hand, abwechselnd auf dieses, dann auf die Kleine blickend, wie einer, der vergleicht, meinte der alte Mann.
Am folgenden Morgen war Starschensky verreist, niemand wu?te wohin. Er aber war in Warschau; dort forschte er, zu sp?t! nach Elgas fr��heren Verh?ltnissen. Er erfuhr, da? sie und Oginsky, der in des alten Starosten Hause erzogen war, sich schon fr��hzeitig geliebt, da?, aus Besorgnis vor der wachsenden Vertraulichkeit, der aussichtslose Vetter
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