Das Kaethchen von Heilbronn | Page 3

Heinrich von Kleist
hat sie ihn gesehen; ihren R��cken, und das Mal darauf, das sie von ihrer seligen Mutter erbte, kannte sie besser, als ihn. (Er weint.)
Graf Otto (nach einer Pause). Und gleichwohl, wenn er sie verf��hrt hat, du wunderlicher Alter, so mu? es wann und irgendwo geschehen sein?
Theobald. Heiligen Abend vor Pfingsten, da er auf f��nf Minuten in meine Werkstatt kam, um sich, wie er sagte, eine Eisenschiene, die ihm zwischen Schulter und Brust losgegangen war, wieder zusammenheften zu lassen,
Wenzel. Was!
Hans. Am hellen Mittag?
Wenzel. Da er auf f��nf Minuten in deine Werkstatt kam, um sich eine Brustschiene anheften zu lassen?
(Pause.)
Graf Otto. Fasse dich, Alter, und erz?hle den Hergang.
Theobald (indem er sich die Augen trocknet). Es mochte ohngef?hr eilf Uhr morgens sein, als er, mit einem Tro? Reisiger, vor mein Haus sprengte, rasselnd, der Erzgepanzerte, vom Pferd stieg, und in meine Werkstatt trat: das Haupt tief herab neigt' er, um mit den Reiherb��schen, die ihm vom Helm niederwankten, durch die T��r zu kommen. Meister, schau her, spricht er: dem Pfalzgrafen, der eure W?lle niederrei?en will, zieh ich entgegen; die Lust, ihn zu treffen, sprengt mir die Schienen; nimm Eisen und Draht, ohne da? ich mich zu entkleiden brauche, und heft sie mir wieder zusammen. Herr! sag ich: wenn Euch die Brust so die R��stung zerschmei?t, so l??t der Pfalzgraf unsere W?lle ganz; n?tig ihn auf einen Sessel, in des Zimmers Mitte nieder, und: Wein! ruf ich in die T��re, und vom frischger?ucherten Schinken, zum Imbi?! und setz einen Schemel, mit Werkzeugen versehn, vor ihn, um ihm die Schiene wieder herzustellen. Und w?hrend drau?en noch der Streithengst wiehert, und, mit den Pferden der Knechte, den Grund zerstampft, da? der Staub, als w?r ein Cherub vom Himmel niedergefahren, emporquoll: ?ffnet langsam, ein gro?es, flaches Silbergeschirr auf dem Kopf tragend, auf welchem Flaschen, Gl?ser und der Imbi? gestellt waren, das M?dchen die T��re und tritt ein. Nun seht, wenn mir Gott der Herr aus Wolken erschiene, so w��rd ich mich ohngef?hr so fassen, wie sie. Geschirr und Becher und Imbi?, da sie den Ritter erblickt, l??t sie fallen; und leichenbleich, mit H?nden, wie zur Anbetung verschr?nkt, den Boden mit Brust und Scheiteln k��ssend, st��rzt sie vor ihm nieder, als ob sie ein Blitz nieder geschmettert h?tte! Und da ich sage: Herr meines Lebens! Was fehlt dem Kind? und sie aufhebe: schlingt sie, wie ein Taschenmesser zusammenfallend, den Arm um mich, das Antlitz flammend auf ihn gerichtet, als ob sie eine Erscheinung h?tte. Der Graf vom Strahl, indem er ihre Hand nimmt, fragt: wes ist das Kind? Gesellen und M?gde str?men herbei und jammern: hilf Himmel! Was ist dem J��ngferlein widerfahren; doch da sie sich, mit einigen sch��chternen Blicken auf sein Antlitz, erholt, so denk ich, der Anfall ist wohl auch vor��ber, und gehe, mit Pfriemen und Nadeln, an mein Gesch?ft. Drauf sag ich: Wohlauf, Herr Ritter! Nun m?gt Ihr den Pfalzgrafen treffen; die Schiene ist eingerenkt, das Herz wird sie Euch nicht mehr zersprengen. Der Graf steht auf; er schaut das M?dchen, das ihm bis an die Brusth?hle ragt, vom Wirbel zur Sohle, gedankenvoll an, und beugt sich, und k��?t ihr die Stirn und spricht: der Herr segne dich, und beh��te dich, und schenke dir seinen Frieden, Amen! Und da wir an das Fenster treten: schmei?t sich das M?dchen, in dem Augenblick, da er den Streithengst besteigt, drei?ig Fu? hoch, mit aufgehobenen H?nden, auf das Pflaster der Stra?e nieder: gleich einer Verlorenen, die ihrer f��nf Sinne beraubt ist! Und bricht sich beide Lenden, ihr heiligen Herren, beide zarten Lendchen, dicht ��ber des Knierunds elfenbeinernem Bau; und ich, alter, bejammernsw��rdiger Narr, der mein versinkendes Leben auf sie st��tzen wollte, mu? sie, auf meinen Schultern, wie zu Grabe tragen; indessen er dort, den Gott verdamme! zu Pferd, unter dem Volk, das herbeistr?mt, her��berruft von hinten, was vorgefallen sei!--Hier liegt sie nun, auf dem Todbett, in der Glut des hitzigen Fiebers, sechs endlose Wochen, ohne sich zu regen. Keinen Laut bringt sie hervor; auch nicht der Wahnsinn, dieser Dietrich aller Herzen, er?ffnet das ihrige; kein Mensch vermag das Geheimnis, das in ihr waltet, ihr zu entlocken. Und pr��ft, da sie sich ein wenig erholt hat, den Schritt, und schn��rt ihr B��ndel, und tritt, beim Strahl der Morgensonne, in die T��r: wohin? fragt sie die Magd; zum Grafen Wetter vom Strahl, antwortet sie, und verschwindet.
Wenzel. Es ist nicht m?glich!
Hans. Verschwindet?
Wenzel. Und l??t alles hinter sich zur��ck?
Hans. Eigentum, Heimat und den Br?utigam, dem sie verlobt war?
Wenzel. Und begehrt auch deines Segens nicht einmal?
Theobald. Verschwindet, ihr Herren--Verl??t mich und alles, woran Pflicht, Gewohnheit und Natur sie kn��pften--K��?t mir die Augen, die schlummernden, und verschwindet; ich wollte, sie h?tte sie mir zugedr��ckt.
Wenzel. Beim Himmel! Ein seltsamer Vorfall.-Theobald. Seit jenem Tage folgt sie ihm nun, gleich einer Metze, in blinder Ergebung, von Ort zu Ort; gef��hrt am Strahl seines Angesichts, f��nfdr?htig, wie einen Tau,
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