Dantons Tod | Page 5

Georg Büchner
er hat recht als Despot; zerschmettert durch den Schrecken die Feinde der Freiheit, und ihr habt als Stifter der Republik nicht minder recht. Die Revolutionsregierung ist der Despotismus der Freiheit gegen die Tyrannei.
Erbarmen mit den Royalisten! rufen gewisse Leute. Erbarmen mit B?sewichtern? Nein! Erbarmen f��r die Unschuld, Erbarmen f��r die Schw?che, Erbarmen f��r die Ungl��cklichen, Erbarmen f��r die Menschheit! Nur dem friedlichen B��rger geb��hrt von seiten der Gesellschaft Schutz.
In einer Republik sind nur Republikaner B��rger; Royalisten und Fremde sind Feinde. Die Unterdr��cker der Menschheit bestrafen, ist Gnade; ihnen verzeihen, ist Barbarei. Alle Zeichen einer falschen Empfindsamkeit scheinen mir Seufzer, welche nach England oder nach ?streich fliegen.
Aber nicht zufrieden, den Arm des Volkes zu entwaffnen, sucht man noch die heiligsten Quellen seiner Kraft durch das Laster zu vergiften. Dies ist der feinste, gef?hrlichste und abscheulichste Angriff auf die Freiheit. Nur der h?llischste Machiavellismus, doch - nein! Ich will nicht sagen, da? ein solcher Plan in dem Gehirne eines Menschen h?tte ausgebr��tet werden k?nnen! Es mag unwillk��rlich geschehen, doch die Absicht tut nichts zur Sache, die Wirkung bleibt die n?mliche, die Gefahr ist gleich gro?! Das Laster ist das Kainszeichen des Aristokratismus. In einer Republik ist es nicht nur ein moralisches, sondern auch ein politisches Verbrechen; der Lasterhafte ist der politische Feind der Freiheit, er ist ihr um so gef?hrlicher, je gr??er die Dienste sind, die er ihr scheinbar erwiesen. Der gef?hrlichste B��rger ist derjenige, welcher leichter ein Dutzend rote M��tzen verbraucht als eine gute Handlung vollbringt.
Ihr werdet mich leicht verstehen, wenn ihr an Leute denkt, welche sonst in Dachstuben lebten und jetzt in Karossen fahren und mit ehemaligen Marquisinnen und Baronessen Unzucht treiben. Wir d��rfen wohl fragen: ist das Volk gepl��ndert, oder sind die Goldh?nde der K?nige gedr��ckt worden, wenn wir Gesetzgeber des Volks mit allen Lastern und allem Luxus der ehemaligen H?flinge Parade machen, wenn wir diese Marquis und Grafen der Revolution reiche Weiber heiraten, ��ppige Gastm?hler geben, spielen, Diener halten und kostbare Kleider tragen sehen? Wir d��rfen wohl staunen, wenn wir sie Einf?lle haben, sch?ngeistern und so etwas vom guten Ton bekommen h?ren. Man hat vor kurzem auf eine unversch?mte Weise den Tacitus parodiert, ich k?nnte mit dem Sallust antworten und den Katilina travestieren; doch ich denke, ich habe keine Striche mehr n?tig, die Portr?ts sind fertig.
Keinen Vertrag, keinen Waffenstillstand mit den Menschen, welche nur auf Auspl��nderung des Volkes bedacht waren, welche diese Auspl��nderung ungestraft zu vollbringen hofften, f��r welche die Republik eine Spekulation und die Revolution ein Handwerk war! In Schrecken gesetzt durch den rei?enden Strom der Beispiele, suchen sie ganz leise die Gerechtigkeit abzuk��hlen. Man sollte glauben, jeder sage zu sich selbst: ?Wir sind nicht tugendhaft genug, um so schrecklich zu sein. Philosophische Gesetzgeber, erbarmt euch unsrer Schw?che! Ich wage euch nicht zu sagen, da? ich lasterhaft bin; ich sage euch also lieber: seid nicht grausam!?
Beruhige dich, tugendhaftes Volk, beruhigt euch, ihr Patrioten! Sagt euren Br��dern zu Lyon: das Schwert des Gesetzes roste nicht in den H?nden, denen ihr es anvertraut habt! - Wir werden der Republik ein gro?es Beispiel geben. (Allgemeiner Beifall.)
Viele Stimmen. Es lebe die Republik! Es lebe Robespierre!
Pr?sident. Die Sitzung ist aufgehoben.

Vierte Szene
Eine Gasse
Lacroix. Legendre.
Lacroix. Was hast du gemacht, Legendre! Wei?t du auch, wem du mit deinen B��sten den Kopf herunterwirfst?
Legendre. Einigen Stutzern und eleganten Weibern, das ist alles.
Lacroix. Du bist ein Selbstm?rder, ein Schatten, der sein Original und somit sich selbst ermordet.
Legendre. Ich begreife nicht.
Lacroix. Ich d?chte, Collot h?tte deutlich gesprochen.
Legendre. Was macht das? Es war, als ob eine Champagnerflasche spr?nge. Er war wieder betrunken.
Lacroix. Narren, Kinder und - nun? - Betrunkne sagen die Wahrheit. Wen glaubst du denn, da? Robespierre mit dem Katilina gemeint habe?
Legendre. Nun?
Lacroix. Die Sache ist einfach. Man hat die Atheisten und Ultrarevolution?rs aufs Schafott geschickt; aber dem Volk ist nicht geholfen, es l?uft noch barfu? in den Gassen und will sich aus Aristokratenleder Schuhe machen. Der Guillotinenthermometer darf nicht fallen; noch einige Grade, und der Wohlfahrtsausschu? kann sich sein Bett auf dem Revolutionsplatz suchen.
Legendre. Was haben damit meine B��sten zu schaffen?
Lacroix. Siehst du's noch nicht? Du hast die Contrerevolution offiziell bekanntgemacht, du hast die Dezemvirn zur Energie gezwungen, du hast ihnen die Hand gef��hrt. Das Volk ist ein Minotaurus, der w?chentlich seine Leichen haben mu?, wenn er sie nicht auffressen soll.
Legendre. Wo ist Danton?
Lacroix. Was wei? ich! Er sucht eben die Mediceische Venus st��ckweise bei allen Grisetten des Palais-Royal zusammen; er macht Mosaik, wie er sagt. Der Himmel wei?, bei welchem Glied er gerade ist. Es ist ein Jammer, da? die Natur die Sch?nheit, wie Medea ihren Bruder, zerst��ckt und sie so in Fragmenten in die K?rper gesenkt hat. - Gehn wir ins Palais-Royal! (Beide ab.)

F��nfte Szene
Ein Zimmer
Danton. Marion.
Marion. Nein, la? mich! So zu deinen F��?en. Ich will dir erz?hlen.
Danton. Du k?nntest deine Lippen besser gebrauchen.
Marion. Nein, la? mich einmal so. - Meine Mutter war eine kluge Frau;
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