Schaffung einer Weltsprache, wofür
er die französische am geeignetsten hielt, eine der ersten Aufgaben
einer neuen sozialen Ordnung der Dinge sein müsse. Den Deutschen
machte er zum Vorwurf, daß sie mit Hartnäckigkeit an ihrer besonderen
Schriftsprache festhielten, die doch andere germanische Völker, wie die
Engländer und die Holländer, längst aufgegeben hätten. Bekanntlich ist
heute, nach mehr als siebenzig Jahren, diese Frage in Deutschland noch
kontrovers, wenn auch für wissenschaftliche Werke im Sinne Fourier's
entschieden.
Da Fourier durch sein Geschäft über Tag stets vollständig in Anspruch
genommen war, benützte er, und namentlich dann, nachdem er sein
Vermögen verloren und auf das Einkommen aus seiner
kaufmännischen Stellung allein angewiesen war, die Nächte, um sich
weiter zu bilden. Er befaßte sich hauptsächlich mit Anatomie, Physik,
Chemie, Astronomie und Naturgeschichte. Sein Haß gegen den Handel
steigerte sich mit den Jahren, je genauer er das Treiben in demselben
kennen lernte, immer mehr und spornte ihn zu seinen sozialen Studien
an. Namentlich machte es einen tiefen Eindruck auf ihn, als er 1799 in
einer Stellung in Marseille seitens seines Chefs den Befehl erhielt, eine
Schiffsladung Reis in's Meer zu versenken, damit die Waare im Preise
steige.
Mit dem Gang der Revolution konnte er sich nicht befreunden.
Nach seiner Meinung hatte die Masse des Volks sehr wenig dadurch
gewonnen, dahingegen hatte die Klasse, die er auf's Tiefste haßte. die
handeltreibende Klasse, am meisten profitirt. Und daß die Schriftsteller
und Verherrlicher der neuen Ordnung der Dinge das Lob des Handels
in allen Tonarten priesen, die Handelsfreiheit als das Ei des Columbus
rühmten, als die Einrichtung, aus welcher die allgemeine Wohlfahrt
und das allgemeine Glück ersprießen werde, erbitterte ihn noch mehr.
Auch war seine Abneigung gegen jede Gewaltthätigkeit, mochte sie
von welcher Seite immer kommen, so ausgeprägt, daß er sich nie mit
den Gewaltakten der Revolution, deren Nothwendigkeit er nicht
einsehen konnte, zu befreunden vermochte, und namentlich haßte er die
Jakobiner, als die Vertreter des Schreckensregiments und der
Rousseau'schen Philosophie. Nichts konnte ihn später mehr in
Aufregung und Zorn bringen, als wenn die Gegner ihm vorwarfen, daß
seine sozialen Theorien nur auf dem von den Jakobinern
eingeschlagenen Wege verwirklicht werden könnten; dann brach er
heftig los. »Nein und tausendmal nein, meine Theorie hat nichts zu
thun mit der jener Leute, noch mit ihren Umsturzprojekten.« Er hatte
mit seinem kritischen Blick erkannt, daß in der Revolution trotz allem
Heroismus und aller Aufopferung des Volkes, trotz einer idealen
Verfassung, trotzdem Alles die Freiheit, die Gleichheit und die
Brüderlichkeit im Munde führte, die Ausbeutung, die Unterdrückung,
die Demüthigung der Masse, Lug, Trug und Heuchelei nicht nur
geblieben waren, sondern sich wo möglich noch gesteigert hatten. Er
hatte gesehen, daß, während die Revolutionäre sich bemühten, mit
größter Rücksichtslosigkeit Alles mit blutiger Gewalt niederzuschlagen,
was ihren Begriffen von gesellschaftlichem Glück entgegenstand, das
Kapital im schreiendsten Widerspruch mit den gepredigten
Grundsätzen agirte. Er sah, wie der Güterschacher, der
Lebensmittelwucher, die Lieferungsschwindeleien blühten und die neu
emporgekommenen und plötzlich reich gewordenen Besitzer ihre
Orgien feierten. Ihm war auch der Hunger und das Elend der Massen,
ihre Begeisterung und ihre Opferwilligkeit bei der Verteidigung des
Vaterlandes nicht entgangen, und alle diese Wahrnehmungen,
verbunden mit denen, die er tagtäglich im kleineren Kreise um sich und
im Geschäftsleben machte, waren es, die ihn auf den Gedanken
brachten, daß die Gesellschaft unmöglich richtig organisirt sein könne,
und es eine Ordnung der Dinge geben müsse, die alle diese Auswüchse
und Uebel unmöglich mache. Ihm erschien es eine Ungeheuerlichkeit,
daß die Revolutionäre und nach ihnen die Ordnungsmänner mit
Menschenköpfen wie mit Kegelkugeln spielten; daß man in der
gewaltsamen Vernichtung der Parteien das menschliche Glück zu
begründen glauben könne. Er begriff nicht, daß alle diese Kämpfe nur
stattfanden, weil man der wahren treibenden Kraft, jener
geheimnißvollen unfaßbaren Macht, dem unpersönlichen Kapital, nicht
auf die Spur kommen und seinen Einfluß nicht beseitigen konnte, noch
viel weniger wollte, jenes Dinges, über dessen Definirung die
bürgerlichen Ideologen sich bis heute die Köpfe zerbrachen, dessen
Räthsel erst der moderne wissenschaftliche Sozialismus löste, der
endlich auch diese moderne Sphinx in den Abgrund stürzen wird.
Fourier, der von Natur für die politischen Kämpfe nicht inklinirte, der
durch die vor seinen Augen sich abspielenden Ereignisse in dieser
Abneigung noch bestärkt wurde, kam in Folge davon zu der
vorgefaßten Meinung, daß die politische Verfassung der Gesellschaft
überhaupt eine gleichgültige Sache sei, daß diese mit dem sozialen
Zustand nichts zu schaffen habe, und daß es sich darum handele, den
letzteren zu verbessern und die politischen Fragen ganz bei Seite zu
lassen. Er verfiel also in den entgegengesetzten Fehler der bürgerlichen
Ideologen. Diese glaubten durch die Beseitigung des Adels, der
Priesterschaft und des Königthums, durch die Begründung der
Republik, die Verkündigung der Menschenrechte, die Anstellung
idealer Grundsätze Alles geleistet zu haben, was zu leisten möglich sei.
Blieben dennoch die Zustände mangelhaft, so lag das nur an der
Niederträchtigkeit der sogenannten Volksfeinde, der Aristokraten, der
Pfaffen,
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