Buch Der Lieder | Page 5

Heinrich Heine
Courage sprach es lang und breit,
Und tat sogar recht trutzig und
recht stutzig.
"Und weißt Du, wer das ist, Komm her und schau!"

So sprach der Traumgott, und er zeigt' mir schlau
Die Bilderflut in
eines Spiegels Rahmen.
Vor einem Altar stand das Männchen da,

Mein Lieb daneben, beide sprachen: Ja!
Und tausend Teufel riefen
lachend: Amen!

V
Was treibt und tobt mein tolles Blut?
Was flammt mein Herz in
wilder Glut?
Es kocht mein Blut und schäumt und gärt,
Und
grimme Wut mein Herz verzehrt.
Das Blut ist toll, und gärt und schäumt,
Weil ich den bösen Traum
geträumt;
Es kam der finstre Sohn der Nacht,
Und hat mich
keuchend fortgebracht.
Er bracht mich in ein helles Haus,
Wo Harfenklang und Saus und
Braus
Und Fackelglanz und Kerzenschein;
Ich kam zum Saal, ich
trat hinein.
Das war ein lustig Hochzeitfest;
Zu Tafel saßen froh die Gäst.
Und
wie ich nach dem Brautpaar schaut --
O weh! mein Liebchen war die
Braut.
Das war mein Liebchen wunnesam,
Ein fremder Mann war
Bräutigam;
Dicht hinterm Ehrenstuhl der Braut,
Da blieb ich stehn,
gab keinen Laut.
Es rauscht Musik -- gar still stand ich;
Der Freudenlärm betrübte
mich.
Die Braut, sie blickt so hochbeglückt,
Der Bräutigam ihre
Hände drückt.
Der Bräutigam füllt den Becher sein,
Und trinkt daraus, und reicht
gar fein
Der Braut ihn hin; sie lächelt Dank --
O weh! mein rotes
Blut sie trank.
Die Braut ein hübsches Äpflein nahm,
Und reicht es hin dem
Bräutigam.
Der nahm sein Messer, schnitt hinein --
O weh! das war
das Herze mein.
Sie äugeln süß, sie äugeln lang,
Der Bräutigam kühn die Braut
umschlang,
Und küßt sie auf die Wangen rot --
O weh! mich küßt

der kalte Tod.
Wie Blei lag meine Zung im Mund,
Daß ich kein Wörtlein sprechen
kunt.
Da rauscht es auf, der Tanz begann;
Das schmucke Brautpaar
tanzt voran.
Und wie ich stand so leichenstumm,
Die Tänzer schweben flink
herum; --
Ein leises Wort der Bräutigam spricht,
Die Braut wird rot,
doch zürnt sie nicht. --
VI
Im süßen Traum, bei stiller Nacht
Da kam zu mir, mit Zaubermacht,

Mit Zaubermacht, die Liebste mein,
Sie kam zu mir ins
Kämmerlein.
Ich schau sie an, das holde Bild!
Ich schau sie an, sie lächelt mild,

Und lächelt, bis das Herz mir schwoll,
Und stürmisch kühn das Wort
entquoll:
"Nimm hin, nimm alles was ich hab,
Mein Liebstes tret ich gern dir
ab,
Dürft ich dafür dein Buhle sein,
Von Mitternacht bis
Hahnenschrein."
Da staunt' mich an gar seltsamlich,
So lieb, so weh und inniglich,

Und sprach zu mir die schöne Maid:
O, gib mir deine Seligkeit!
"Mein Leben süß, mein junges Blut,
Gäb ich, mit Freud und
wohlgemut,
Für dich, o Mädchen engelgleich --
Doch nimmermehr
das Himmelreich."
Wohl braust hervor mein rasches Wort,
Doch blühet schöner
immerfort,
Und immer spricht die schöne Maid:
O, gib mir deine
Seligkeit!
Dumpf dröhnt dies Wort mir ins Gehör
Und schleudert mir ein

Glutenmeer
Wohl in der Seele tiefsten Raum;
Ich atme schwer, ich
atme kaum. --
Das waren weiße Engelein,
Umglänzt von goldnem Glorienschein;

Nun aber stürmte wild herauf
Ein greulich schwarzer Koboldhauf.
Die rangen mit den Engelein,
Und drängten fort die Engelein;
Und
endlich auch die schwarze Schar
In Nebelduft zerronnen war. --
Ich aber wollt in Lust vergehn,
Ich hielt im Arm mein Liebchen
schön;
Sie schmiegt sich an mich wie ein Reh,
Doch weint sie auch
mit bitterm Weh.
Feins Liebchen weint; ich weiß warum,
Und küßt ihr Rosenmündlein
stumm. --
"O still feins Lieb, die Tränenflut,
Ergib dich meiner
Liebesglut!"
"Ergib dich meiner Liebesglut --"
Da plötzlich starrt zu Eis mein Blut;

Laut bebet auf der Erde Grund,
Und öffnet gähnend sich ein
Schlund.
Und aus dem schwarzen Schlunde steigt
Die schwarze Schar; -- feins
Lieb erbleicht!
Aus meinen Armen schwand feins Lieb;
Ich ganz
alleine stehen blieb.
Da tanzt im Kreise wunderbar,
Um mich herum, die schwarze Schar,

Und drängt heran, erfaßt mich bald,
Und gellend Hohngelächter
schallt.
Und immer enger wird der Kreis,
Und immer summt die Schauerweis:

Du gabest hin die Seligkeit,
Gehörst uns nun in Ewigkeit!
VII
Nun hast du das Kaufgeld, nun zögerst du doch?
Blutfinstrer Gesell,
was zögerst du noch?
Schon sitze ich harrend im Kämmerlein traut,


Und Mitternacht naht schon -- es fehlt nur die Braut.
Viel schauernde Lüftchen vom Kirchhofe wehn; --
Ihr Lüftchen! habt
ihr mein Bräutchen gesehn?
Viel blasse Larven gestalten sich da,

Umknicksen mich grinsend und nicken: O ja!
Pack aus, was bringst du für Botschafterei,
Du schwarzer Schlingel in
Feuerlivrei?
"Die gnädige Herrschaft meldet sich an,
Gleich kommt
sie gefahren im Drachengespann."
Du lieb grau Männchen, was ist dein Begehr?
Mein toter Magister,
was treibt dich her?
Er schaut mich mit schweigend trübseligem
Blick,
Und schüttelt das Haupt, und wandelt zurück.
Was winselt und wedelt der zottge Gesell?
Was glimmert schwarz
Katers Auge so hell?
Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar?

Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar?
Frau Amme, bleib heut mit dem Singsang zu Haus,
Das Eiapopeia ist
lange schon aus;
Ich feire ja heute mein Hochzeitsfest --
Da schau
mal, dort kommen schon zierliche Gäst.
Da schau mal! Ihr Herren, das nenn ich galant!
Ihr tragt, statt der
Hüte, die Köpf in der Hand!
Ihr Zappelbeinleutchen im Galgenornat,

Der Wind ist still, was kommt ihr so spat?
Da kommt auch alt Besenstielmütterchen schon.
Ach segne mich,
Mütterchen, bin ja dein Sohn.
Da zittert der Mund im weißen Gesicht:

"In
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