Buch Der Lieder | Page 7

Heinrich Heine
parat;?Wie die Sonne kam, da wundert sie sich,?Am hellen Galgen fand sie mich.
Da lachten die Geister im lustigen Chor;?Den Kopf in der Hand, trat ein Sechster hervor:
Zum Weidwerk trieb mich Liebesharm;?Ich schlich umher, die Büchs im Arm.?Da schnarrets hohl vom Baum herab,?Der Rabe rief: Kopf -- ab! Kopf -- ab!
O, spürt ich doch ein T?ubchen aus,?Ich br?cht es meinem Lieb nach Haus!?So dacht ich, und in Busch und Strauch?Sp?ht ringsumher mein J?geraug.
Was koset dort? was schn?belt fein??Zwei Turtelt?ubchen m?gens sein.?Ich schleich herbei, -- den Hahn gespannt, --?Sieh da! mein eignes Lieb ich fand.
Das war mein T?ubchen, meine Braut,?Ein fremder Mann umarmt sie traut --?Nun, alter Schütze, treffe gut!?Da lag der fremde Mann im Blut.
Bald drauf ein Zug mit Henkersfron --?Ich selbst dabei als Hauptperson --?Den Wald durchzog. Vom Baum herab?Der Rabe rief: Kopf -- ab! Kopf -- ab!
Da lachten die Geister im lustigen Chor;?Da trat der Spielmann selber hervor:
Ich hab mal ein Liedchen gesungen,?Das sch?ne Lied ist aus;?Wenn das Herz im Leibe zersprungen,?Dann gehen die Lieder nach Haus!
Und das tolle Gel?chter sich doppelt erhebt,?Und die bleiche Schar im Kreise schwebt.?Da scholl vom Kirchturm "Eins" herab,?Da stürzten die Geister sich heulend ins Grab.
IX
Ich lag und schlief, und schlief recht mild,?Verscheucht war Gram und Leid;?Da kam zu mir ein Traumgebild,?Die allersch?nste Maid.
Sie war wie Marmelstein so bleich,?Und heimlich wunderbar;?Im Auge schwamm es perlengleich,?Gar seltsam wallt' ihr Haar.
Und leise, leise sich bewegt?Die marmorblasse Maid,?Und an mein Herz sich niederlegt?Die marmorblasse Maid.
Wie bebt und pocht vor Weh und Lust?Mein Herz, und brennet hei?!?Nicht bebt, nicht pocht der Sch?nen Brust,?Die ist so kalt wie Eis.
"Nicht bebt, nicht pocht wohl meine Brust,?Die ist wie Eis so kalt;?Doch kenn auch ich der Liebe Lust,?Der Liebe Allgewalt.
"Mir blüht kein Rot auf Mund und Wang,?Mein Herz durchstr?mt kein Blut;?Doch str?ube dich nicht schaudernd bang,?Ich bin dir hold und gut."
Und wilder noch umschlang sie mich,?Und tat mir fast ein Leid;?Da kr?ht der Hahn -- und stumm entwich?Die marmorblasse Maid.
X
Da hab ich viel blasse Leichen?Beschworen mit Wortesmacht;?Die wollen nun nicht mehr weichen?Zurück in die alte Nacht.
Das z?hmende Sprüchlein vom Meister?Verga? ich vor Schauer und Graus;?Nun ziehn die eignen Geister?Mich selber ins neblichte Haus.
La?t ab, ihr finstren D?monen!?La?t ab, und dr?ngt mich nicht!?Noch manche Freude mag wohnen?Hier oben im Rosenlicht.
Ich mu? ja immer streben?Nach der Blume wunderhold;?Was bedeutet' mein ganzes Leben,?Wenn ich sie nicht lieben sollt?
Ich m?cht sie nur einmal umfangen?Und pressen ans glühende Herz!?Nur einmal auf Lippen und Wangen?Küssen den seligsten Schmerz!
Nur einmal aus ihrem Munde?M?cht ich h?ren ein liebendes Wort --?Alsdann wollt ich folgen zur Stunde?Euch, Geister, zum finsteren Ort.
Die Geister habens vernommen,?Und nicken schauerlich.?Feins Liebchen, nun bin ich gekommen;?Feins Liebchen, liebst du mich?
Lieder
I
Morgens steh ich auf und frage:?Kommt feins Liebchen heut??Abends sink ich hin und klage:?Aus blieb sie auch heut.
In der Nacht mit meinem Kummer?Lieg ich schlaflos, wach;?Tr?umend, wie im halben Schlummer,?Wandle ich bei Tag.
II
Es treibt mich hin, es treibt mich her!?Noch wenige Stunden, dann soll ich sie schauen,?Sie selber, die Sch?nste der sch?nen Jungfrauen; --?Du treues Herz, was pochst du so schwer!
Die Stunden sind aber ein faules Volk!?Schleppen sich behaglich tr?ge,?Schleichen g?hnend ihre Wege; --?Tummle dich, du faules Volk!
Tobende Eile mich treibend erfa?t!?Aber wohl niemals liebten die Horen; --?Heimlich im grausamen Bunde verschworen,?Spotten sie tückisch der Liebenden Hast.
III
Ich wandelte unter den B?umen?Mit meinem Gram allein;?Da kam das alte Tr?umen,?Und schlich mir ins Herz hinein.
Wer hat euch dies W?rtlein gelehret,?Ihr V?glein in luftiger H?h??Schweigt still! wenn mein Herz es h?ret,?Dann tut es noch einmal so weh.
"Es kam ein Jungfr?ulein gegangen,?Die sang es immerfort,?Da haben wir V?glein gefangen?Das hübsche, goldne Wort."
Das sollt ihr mir nicht mehr erz?hlen,?Ihr V?glein wunderschlau;?Ihr wollt meinen Kummer mir stehlen,?Ich aber niemanden trau.
IV
Lieb Liebchen, leg's H?ndchen aufs Herze mein; --?Ach, h?rst du, wie's pochet im K?mmerlein,?Da hauset ein Zimmermann schlimm und arg,?Der zimmert mir einen Totensarg.
Es h?mmert und klopfet bei Tag und bei Nacht;?Es hat mich schon l?ngst um den Schlaf gebracht.?Ach! sputet Euch, Meister Zimmermann,?Damit ich balde schlafen kann.
V
Sch?ne Wiege meiner Leiden,?Sch?nes Grabmal meiner Ruh,?Sch?ne Stadt, wir müssen scheiden, --?Lebe wohl! ruf ich dir zu.
Lebe wohl, du heilge Schwelle,?Wo da wandelt Liebchen traut;?Lebe wohl! du heilge Stelle,?Wo ich sie zuerst geschaut.
H?tt ich dich doch nie gesehen,?Sch?ne Herzensk?nigin!?Nimmer w?r es dann geschehen,?Da? ich jetzt so elend bin.
Nie wollt ich dein Herze rühren,?Liebe hab ich nie erfleht;?Nur ein stilles Leben führen?Wollt ich, wo dein Odem weht.
Doch du dr?ngst mich selbst von hinnen,?Bittre Worte spricht dein Mund;?Wahnsinn wühlt in meinen Sinnen,?Und mein Herz ist krank und wund.
Und die Glieder matt und tr?ge?Schlepp ich fort am Wanderstab,?Bis mein müdes Haupt ich lege?Ferne in ein kühles Grab.
VI
Warte, warte, wilder Schiffsmann,?Gleich folg ich zum Hafen dir;?Von zwei Jungfraun nehm ich Abschied,?Von Europa und von Ihr.
Blutquell, rinn aus meinen Augen,?Blutquell, brich aus meinem Leib,?Da? ich mit dem hei?en Blute?Meine Schmerzen niederschreib.
Ei, mein Lieb, warum just heute?Schauderst du, mein Blut zu sehn??Sahst mich bleich und herzeblutend?Lange Jahre vor dir stehn!
Kennst du noch das
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