Betrachtung | Page 7

Franz Kafka
verlasse. Ich hatte schlechten Speichel in mir, im Gesicht zitterten mir die Augenwimpern, kurz, es fehlte mir nichts, als gerade dieser allerdings erwartete Besuch.
Das Kind stand noch an der Wand auf dem gleichen Platz, es hatte die rechte Hand an die Mauer gepre?t und konnte, ganz rotwangig, dessen nicht satt werden, da? die wei?get��nchte Wand grobk?rnig war und die Fingerspitzen rieb. Ich sagte: ?Wollen Sie tats?chlich zu mir? Ist es kein Irrtum? Nichts leichter als ein Irrtum in diesem gro?en Hause. Ich hei?e Soundso, wohne im dritten Stock. Bin ich also der, den Sie besuchen wollen??
?Ruhe, Ruhe!? sagte das Kind ��ber die Schulter weg, ?alles ist schon richtig.?
?Dann kommen Sie weiter ins Zimmer herein, ich m?chte die T��r schlie?en.?
?Die T��r habe ich jetzt gerade geschlossen. Machen Sie sich keine M��he. Beruhigen Sie sich ��berhaupt.?
?Reden Sie nicht von M��he. Aber auf diesem Gange wohnt eine Menge Leute, alle sind nat��rlich meine Bekannten; die meisten kommen jetzt aus den Gesch?ften; wenn sie in einem Zimmer reden h?ren, glauben sie einfach das Recht zu haben, aufzumachen und nachzuschaun, was los ist. Es ist einmal schon so. Diese Leute haben die t?gliche Arbeit hinter sich; wem w��rden sie sich in der provisorischen Abendfreiheit unterwerfen! ��brigens wissen Sie es ja auch. Lassen Sie mich die T��re schlie?en.?
?Ja was ist denn? Was haben Sie? Meinetwegen kann das ganze Haus hereinkommen. Und dann noch einmal: Ich habe die T��re schon geschlossen, glauben Sie denn, nur Sie k?nnen die T��re schlie?en? Ich habe sogar mit dem Schl��ssel zugesperrt.?
?Dann ist gut. Mehr will ich ja nicht. Mit dem Schl��ssel h?tten Sie gar nicht zusperren m��ssen. Und jetzt machen Sie es sich nur behaglich, wenn Sie schon einmal da sind. Sie sind mein Gast. Vertrauen Sie mir v?llig. Machen Sie sich nur breit ohne Angst. Ich werde Sie weder zum Hierbleiben zwingen, noch zum Weggehn. Mu? ich das erst sagen? Kennen Sie mich so schlecht??
?Nein. Sie h?tten das wirklich nicht sagen m��ssen. Noch mehr, Sie h?tten es gar nicht sagen sollen. Ich bin ein Kind; warum soviel Umst?nde mit mir machen??
?So schlimm ist es nicht. Nat��rlich, ein Kind. Aber gar so klein sind Sie nicht. Sie sind schon ganz erwachsen. Wenn Sie ein M?dchen w?ren, d��rften Sie sich nicht so einfach mit mir in einem Zimmer einsperren.?
?Dar��ber m��ssen wir uns keine Sorge machen. Ich wollte nur sagen: Da? ich Sie so gut kenne, sch��tzt mich wenig, es enthebt Sie nur der Anstrengung, mir etwas vorzul��gen. Trotzdem aber machen Sie mir Komplimente. Lassen Sie das, ich fordere Sie auf, lassen Sie das. Dazu kommt, da? ich Sie nicht ��berall und immerfort kenne, gar bei dieser Finsternis. Es w?re viel besser, wenn Sie Licht machen lie?en. Nein, lieber nicht. Immerhin werde ich mir merken, da? Sie mir schon gedroht haben.?
?Wie? Ich h?tte Ihnen gedroht? Aber ich bitte Sie. Ich bin ja so froh, da? Sie endlich hier sind. Ich sage >endlich<, weil es schon so sp?t ist. Es ist mir unbegreiflich, warum Sie so sp?t gekommen sind. Da ist es m?glich, da? ich in der Freude so durcheinander gesprochen habe und da? Sie es gerade so verstanden haben. Da? ich so gesprochen habe, gebe ich zehnmal zu, ja ich habe Ihnen mit Allem gedroht, was Sie wollen. -- Nur keinen Streit, um Himmelswillen! -- Aber wie konnten Sie es glauben? Wie konnten Sie mich so kr?nken? Warum wollen Sie mir mit aller Gewalt dieses kleine Weilchen Ihres Hierseins verderben? Ein fremder Mensch w?re entgegenkommender als Sie.?
?Das glaube ich; das war keine Weisheit. So nah, als Ihnen ein fremder Mensch entgegenkommen kann, bin ich Ihnen schon von Natur aus. Das wissen Sie auch, wozu also die Wehmut? Sagen Sie, da? Sie Kom?die spielen wollen, und ich gehe augenblicklich.?
?So? Auch das wagen Sie mir zu sagen? Sie sind ein wenig zu k��hn. Am Ende sind Sie doch in meinem Zimmer. Sie reiben Ihre Finger wie verr��ckt an meiner Wand. Mein Zimmer, meine Wand! Und au?erdem ist das, was Sie sagen, l?cherlich, nicht nur frech. Sie sagen, Ihre Natur zwinge Sie, mit mir in dieser Weise zu reden. Wirklich? Ihre Natur zwingt Sie? Das ist nett von Ihrer Natur. Ihre Natur ist meine, und wenn ich mich von Natur aus freundlich zu Ihnen verhalte, so d��rfen auch Sie nicht anders.?
?Ist das freundlich??
?Ich rede von fr��her.?
?Wissen Sie, wie ich sp?ter sein werde??
?Nichts wei? ich.?
Und ich ging zum Nachttisch hin, auf dem ich die Kerze anz��ndete. Ich hatte in jener Zeit weder Gas noch elektrisches Licht in meinem Zimmer. Ich sa? dann noch eine Weile beim Tisch, bis ich auch dessen m��de wurde, den ��berzieher anzog, den Hut vom Kanapee nahm und die Kerze ausblies. Beim Hinausgehen verfing ich mich in ein Sesselbein.
Auf der Treppe traf ich einen Mieter aus dem gleichen Stockwerk.
?Sie gehen schon wieder weg, Sie Lump?? fragte er, auf seinen ��ber zwei Stufen ausgebreiteten
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