reiten sie, ich bitte, paarweise
weg, langsam um die Straßenecken, fliegend über die Plätze.«
Dann muß ich aussteigen, den Aufzug hinunterlassen, an der Türglocke
läuten, und das Mädchen öffnet die Tür, während ich grüße.
Zerstreutes Hinausschaun
Was werden wir in diesen Frühlingstagen tun, die jetzt rasch kommen?
Heute früh war der Himmel grau, geht man aber jetzt zum Fenster, so
ist man überrascht und lehnt die Wange an die Klinke des Fensters.
Unten sieht man das Licht der freilich schon sinkenden Sonne auf dem
Gesicht des kindlichen Mädchens, das so geht und sich umschaut, und
zugleich sieht man den Schatten des Mannes darauf, der hinter ihm
rascher kommt.
Dann ist der Mann schon vorübergegangen und das Gesicht des Kindes
ist ganz hell.
Der Nachhauseweg
Man sehe die Überzeugungskraft der Luft nach dem Gewitter! Meine
Verdienste erscheinen mir und überwältigen mich, wenn ich mich auch
nicht sträube.
Ich marschiere und mein Tempo ist das Tempo dieser Gassenseite,
dieser Gasse, dieses Viertels. Ich bin mit Recht verantwortlich für alle
Schläge gegen Türen, auf die Platten der Tische, für alle Trinksprüche,
für die Liebespaare in ihren Betten, in den Gerüsten der Neubauten, in
dunklen Gassen an die Häusermauern gepreßt, auf den Ottomanen der
Bordelle.
Ich schätze meine Vergangenheit gegen meine Zukunft, finde aber
beide vortrefflich, kann keiner von beiden den Vorzug geben und nur
die Ungerechtigkeit der Vorsehung, die mich so begünstigt, muß ich
tadeln.
Nur als ich in mein Zimmer trete, bin ich ein wenig nachdenklich, aber
ohne daß ich während des Treppensteigens etwas Nachdenkenswertes
gefunden hätte. Es hilft mir nicht viel, daß ich das Fenster gänzlich
öffne und daß in einem Garten die Musik noch spielt.
Die Vorüberlaufenden
Wenn man in der Nacht durch eine Gasse spazieren geht, und ein Mann,
von weitem schon sichtbar -- denn die Gasse vor uns steigt an und es ist
Vollmond -- uns entgegenläuft, so werden wir ihn nicht anpacken,
selbst wenn er schwach und zerlumpt ist, selbst wenn jemand hinter
ihm läuft und schreit, sondern wir werden ihn weiter laufen lassen.
Denn es ist Nacht, und wir können nicht dafür, daß die Gasse im
Vollmond vor uns aufsteigt, und überdies, vielleicht haben diese zwei
die Hetze zu ihrer Unterhaltung veranstaltet, vielleicht verfolgen beide
einen dritten, vielleicht wird der erste unschuldig verfolgt, vielleicht
will der zweite morden, und wir würden Mitschuldige des Mordes,
vielleicht wissen die zwei nichts von einander, und es läuft nur jeder
auf eigene Verantwortung in sein Bett, vielleicht sind es Nachtwandler,
vielleicht hat der erste Waffen.
Und endlich, dürfen wir nicht müde sein, haben wir nicht soviel Wein
getrunken? Wir sind froh, daß wir auch den zweiten nicht mehr sehn.
Der Fahrgast
Ich stehe auf der Plattform des elektrischen Wagens und bin vollständig
unsicher in Rücksicht meiner Stellung in dieser Welt, in dieser Stadt, in
meiner Familie. Auch nicht beiläufig könnte ich angeben, welche
Ansprüche ich in irgendeiner Richtung mit Recht vorbringen könnte.
Ich kann es gar nicht verteidigen, daß ich auf dieser Plattform stehe,
mich an dieser Schlinge halte, von diesem Wagen mich tragen lasse,
daß Leute dem Wagen ausweichen oder still gehn oder vor den
Schaufenstern ruhn. -- Niemand verlangt es ja von mir, aber das ist
gleichgültig.
Der Wagen nähert sich einer Haltestelle, ein Mädchen stellt sich nahe
den Stufen, zum Aussteigen bereit. Sie erscheint mir so deutlich, als ob
ich sie betastet hätte. Sie ist schwarz gekleidet, die Rockfalten bewegen
sich fast nicht, die Bluse ist knapp und hat einen Kragen aus weißer
kleinmaschiger Spitze, die linke Hand hält sie flach an die Wand, der
Schirm in ihrer Rechten steht auf der zweitobersten Stufe. Ihr Gesicht
ist braun, die Nase, an den Seiten schwach gepreßt, schließt rund und
breit ab. Sie hat viel braunes Haar und verwehte Härchen an der rechten
Schläfe. Ihr kleines Ohr liegt eng an, doch sehe ich, da ich nahe stehe,
den ganzen Rücken der rechten Ohrmuschel und den Schatten an der
Wurzel.
Ich fragte mich damals: Wieso kommt es, daß sie nicht über sich
verwundert ist, daß sie den Mund geschlossen hält und nichts
dergleichen sagt?
Kleider
Oft wenn ich Kleider mit vielfachen Falten, Rüschen und Behängen
sehe, die über schönen Körper schön sich legen, dann denke ich, daß
sie nicht lange so erhalten bleiben, sondern Falten bekommen, nicht
mehr gerade zu glätten, Staub bekommen, der, dick in der Verzierung,
nicht mehr zu entfernen ist, und daß niemand so traurig und lächerlich
sich wird machen wollen, täglich das gleiche kostbare Kleid früh
anzulegen und abends auszuziehn.
Doch sehe ich Mädchen, die wohl schön sind und vielfache reizende
Muskeln und Knöchelchen und gespannte Haut und Massen dünner
Haare zeigen, und doch tagtäglich in diesem einen natürlichen
Maskenanzug erscheinen, immer das gleiche Gesicht in die gleichen
Handflächen legen und von ihrem Spiegel widerscheinen lassen.
Nur manchmal am Abend, wenn sie spät von
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