doch nicht. Nur daß mir
niemand hilft --, sonst wäre lauter niemand hübsch. Ich würde ganz
gern -- warum denn nicht -- einen Ausflug mit einer Gesellschaft von
lauter Niemand machen. Natürlich ins Gebirge, wohin denn sonst? Wie
sich diese Niemand aneinander drängen, diese vielen quer gestreckten
und eingehängten Arme, diese vielen Füße, durch winzige Schritte
getrennt! Versteht sich, daß alle in Frack sind. Wir gehen so lala, der
Wind fährt durch die Lücken, die wir und unsere Gliedmaßen offen
lassen. Die Hälse werden im Gebirge frei! Es ist ein Wunder, daß wir
nicht singen.«
Das Unglück des Junggesellen
Es scheint so arg, Junggeselle zu bleiben, als alter Mann unter schwerer
Wahrung der Würde um Aufnahme zu bitten, wenn man einen Abend
mit Menschen verbringen will, krank zu sein und aus dem Winkel
seines Bettes wochenlang das leere Zimmer anzusehn, immer vor dem
Haustor Abschied zu nehmen, niemals neben seiner Frau sich die
Treppe hinaufzudrängen, in seinem Zimmer nur Seitentüren zu haben,
die in fremde Wohnungen führen, sein Nachtmahl in einer Hand nach
Hause zu tragen, fremde Kinder anstaunen zu müssen und nicht
immerfort wiederholen zu dürfen: »Ich habe keine«, sich im Aussehn
und Benehmen nach ein oder zwei Junggesellen der
Jugenderinnerungen auszubilden.
So wird es sein, nur daß man auch in Wirklichkeit heute und später
selbst dastehen wird, mit einem Körper und einem wirklichen Kopf,
also auch einer Stirn, um mit der Hand an sie zu schlagen.
Der Kaufmann
Es ist möglich, daß einige Leute Mitleid mit mir haben, aber ich spüre
nichts davon. Mein kleines Geschäft erfüllt mich mit Sorgen, die mich
innen an Stirne und Schläfen schmerzen, aber ohne mir Zufriedenheit
in Aussicht zu stellen, denn mein Geschäft ist klein.
Für Stunden im voraus muß ich Bestimmungen treffen, das Gedächtnis
des Hausdieners wachhalten, vor befürchteten Fehlern warnen und in
einer Jahreszeit die Moden der folgenden berechnen, nicht wie sie unter
Leuten meines Kreises herrschen werden, sondern bei unzugänglichen
Bevölkerungen auf dem Lande.
Mein Geld haben fremde Leute; ihre Verhältnisse können mir nicht
deutlich sein; das Unglück, das sie treffen könnte, ahne ich nicht; wie
könnte ich es abwehren! Vielleicht sind sie verschwenderisch
geworden und geben ein Fest in einem Wirtshausgarten und andere
halten sich für ein Weilchen auf der Flucht nach Amerika bei diesem
Feste auf.
Wenn nun am Abend eines Werketages das Geschäft gesperrt wird und
ich plötzlich Stunden vor mir sehe, in denen ich für die
ununterbrochenen Bedürfnisse meines Geschäftes nichts werde arbeiten
können, dann wirft sich meine am Morgen weit vorausgeschickte
Aufregung in mich, wie eine zurückkehrende Flut, hält es aber in mir
nicht aus und ohne Ziel reißt sie mich mit.
Und doch kann ich diese Laune gar nicht benützen und kann nur nach
Hause gehn, denn ich habe Gesicht und Hände schmutzig und
verschwitzt, das Kleid fleckig und staubig, die Geschäftsmütze auf dem
Kopfe und von Kistennägeln zerkratzte Stiefel. Ich gehe dann wie auf
Wellen, klappere mit den Fingern beider Hände und mir
entgegenkommenden Kindern fahre ich über das Haar.
Aber der Weg ist zu kurz. Gleich bin ich in meinem Hause, öffne die
Lifttür und trete ein.
Ich sehe, daß ich jetzt und plötzlich allein bin. Andere, die über
Treppen steigen müssen, ermüden dabei ein wenig, müssen mit eilig
atmenden Lungen warten, bis man die Tür der Wohnung öffnen kommt,
haben dabei einen Grund für Ärger und Ungeduld, kommen jetzt ins
Vorzimmer, wo sie den Hut aufhängen, und erst bis sie durch den Gang
an einigen Glastüren vorbei in ihr eigenes Zimmer kommen, sind sie
allein.
Ich aber bin gleich allein im Lift, und schaue, auf die Knie gestützt, in
den schmalen Spiegel. Als der Lift sich zu heben anfängt, sage ich:
»Seid still, tretet zurück, wollt Ihr in den Schatten der Bäume, hinter
die Draperien der Fenster, in das Laubengewölbe?«
Ich rede mit den Zähnen und die Treppengeländer gleiten an den
Milchglasscheiben hinunter wie stürzendes Wasser.
»Flieget weg; Euere Flügel, die ich niemals gesehen habe, mögen Euch
ins dörfliche Tal tragen oder nach Paris, wenn es Euch dorthin treibt.
Doch genießet die Aussicht des Fensters, wenn die Prozessionen aus
allen drei Straßen kommen, einander nicht ausweichen, durcheinander
gehn und zwischen ihren letzten Reihen den freien Platz wieder
entstehen lassen. Winket mit den Tüchern, seid entsetzt, seid gerührt,
lobet die schöne Dame, die vorüberfährt.
Geht über den Bach auf der hölzernen Brücke, nickt den badenden
Kindern zu und staunet über das Hurra der tausend Matrosen auf dem
fernen Panzerschiff.
Verfolget nur den unscheinbaren Mann und wenn Ihr ihn in einen
Torweg gestoßen habt, beraubt ihn und seht ihm dann, jeder die Hände
in den Taschen, nach, wie er traurig seines Weges in die linke Gasse
geht.
Die verstreut auf ihren Pferden galoppierende Polizei bändigt die Tiere
und drängt Euch zurück. Lasset sie, die leeren Gassen werden sie
unglücklich machen, ich weiß es. Schon
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