allein man verfehlte sie und griff vorliegende
Schanzen des Hauptwalles an, da man denn freilich zurückgeschlagen
wurde.
Den 7. Juli. Endliche Behauptung dieses Terrains; Kostheim wird
angegriffen, die Franzosen geben es auf.
* * * * *
Den 13. Juli nachts. Das Rathaus und mehrere öffentliche Gebäude
brennen ab.
Den 14. Juli. Stillstand auf beiden Seiten, Freuden- und Feiertag; der
Franzosen, wegen der in Paris geschlossenen Nationalkonföderation,
der Deutschen, wegen Eroberung von Conde; bei den letzten Kanonen-
und Kleingewehrfeuer, bei jenen ein theatralisches Freiheitsfest, wovon
man viel zu hören hatte.
Nachts vom 14. zum 15. Juli. Die Franzosen werden aus einer Batterie
vor der Karlsschanze getrieben; fürchterliches Bombardement. Von der
Mainspitze über den Main brachte man das Benediktinerkloster auf der
Zitadelle in Flammen. Auf der andern Seite entzündet sich das
Laboratorium und fliegt in die Luft. Fenster, Läden und Schornsteine
dieser Stadtseite brechen ein und stürzen zusammen.
Am 15. Juli besuchten wir Herrn Gore in Klein-Wintersheim und
fanden Rat Krause beschäftigt, ein Bildnis des werten Freundes zu
malen, welches ihm gar wohl gelang. Herr Gore hatte sich stattlich
angezogen, um bei fürstlicher Tafel zu erscheinen, wenn er vorher sich
in der Gegend abermals würde umgeschaut haben. Nun saß er,
umgeben von allerlei Haus- und Feldgerät, in der Bauernkammer eines
deutschen Dörfchens, auf einer Kiste, den angeschlagenen Zuckerhut
auf einem Papiere neben sich; er hielt die Kaffeetasse in der einen, die
silberne Reißfeder, statt des Löffelchens, in der andern Hand; und so
war der Engländer der ganz anständig und behaglich auch in einem
schlechten Kantonierungsquartier vorgestellt, wie er uns noch täglich
zu angenehmer Erinnerung vor Augen steht.
Wenn wir nun dieses Freundes allhier gedenken, so verfehlen wir nicht,
etwas mehreres über ihn zu sagen. Er zeichnete sehr glücklich in der
Camera obscura und hatte, Land und See bereisend, sich auf diese
Weise die schönsten Erinnerungen gesammelt. Nun konnte er, in
Weimar wohnhaft, angewohnter Beweglichkeit nicht entsagen, blieb
immer geneigt, kleine Reisen vorzunehmen, wobei ihn denn
gewöhnlich Rat Krause zu begleiten pflegte, der mit leichter,
glücklicher Fassungsgabe die vorstehenden Landschaften zu Papier
brachte, schattierte, färbte, und so arbeiteten beide um die Wette.
Die Belagerung von Mainz, als ein seltener, wichtiger Fall, wo das
Unglück selbst malerisch zu werden versprach, lockte die beiden
Freunde gleichfalls nach dem Rhein, wo sie sich keinen Augenblick
müßig verhielten.
Und so begleiteten sie uns denn auch auf einem Gefahrzug nach
Weißenau, wo sich Herr Gore ganz besonders gefiel. Wir besuchten
abermals den Kirchhof, in Jagd auf pathologische Knochen; ein Teil
der nach Mainz gewendeten Mauer war eingeschossen, man sah über
freies Feld nach der Stadt. Kaum aber merkten die auf den Wällen
etwas Lebendiges in diesem Raume, so schossen sie mit Prellschüssen
nach der Lücke; nun sah man die Kugel mehrmals aufspringen und
Staub erregend herankommen, da man sich denn zuletzt hinter die
stehengebliebene Mauer oder in das Gebeingewölbe zu retten wußte
und der den Kirchhof durchrollenden Kugel heiter nachschaute.
Die Wiederholung eines solchen Vergnügens schien dem
Kammerdiener bedenklich, der, um Leben und Glieder seines alten
Herrn besorgt, uns allen ins Gewissen sprach und die kühne
Gesellschaft zum Rückzug nötigte.
Der 16. Juli war mir ein bänglicher Tag, und zwar bedrängte mich die
Aussicht auf die nächste, meinen Freunden gefährliche Nacht; damit
verhielt es sich aber folgendermaßen. Eine der vorgeschobenen kleinen
feindlichen Schanzen, vor der sogenannten Welschen Schanze, leistete
völlig ihre Pflicht; sie war das größte Hindernis unserer vordern
Parallele und mußte, was es auch kosten möchte, weggenommen
werden. Dagegen war nun nichts zu sagen, allein es zeigte sich ein
bedenklicher Umstand. Auf Nachricht, oder Vermutung: die Franzosen
ließen hinter dieser Schanze und unter dem Schutz der Festung
Kavallerie kampieren, wollte man zu diesem Aus- und Überfalle auch
Kavallerie mitnehmen. Was das heiße: aus der Tranchee heraus,
unmittelbar vor den Kanonen der Schanze und der Festung, Kavallerie
zu entwickeln und sich, in düsterer Nacht, damit auf dem feindlich
besetzten Glacis herumzutummeln, wird jedermann begreiflich finden;
mir aber war es höchst bänglich, Herrn von Oppen, als den Freund, der
mir vom Regiment zunächst anlag, dazu kommandiert zu wissen.
Gegen Einbruch der Nacht mußte jedoch geschieden sein, und ich eilte
zur Schanze Nr. 4, wo man jene Gegend ziemlich im Auge hatte. Daß
es losbrach und hitzig zuging, ließ sich wohl aus der Ferne bemerken,
und daß mancher wackere Mann nicht zurückkehren würde, war
vorauszusehen.
Indessen verkündigte der Morgen, die Sache sei gelungen, man habe
die Schanze erobert, geschleift und sich ihr gegenüber gleich so
festgesetzt, daß ihre Wiederherstellung dem Feinde wohl unmöglich
bleiben sollte. Freund Oppen kehrte glücklich zurück; die Vermißten
gingen mich so nah nicht an; nur bedauerten wir den Prinzen Ludwig,
der als kühner Anführer eine, wo nicht gefährliche, doch beschwerliche
Wunde davontrug und in einem solchen Augenblick den
Kriegsschauplatz sehr ungern verließ.
Den 17. Juli ward nun derselbe zu Schiffe nach Mannheim gebracht;
der Herzog von Weimar
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