Marmorfontainen bewundert und dann vielleicht sich selber
sagen möchte, hier haben doch die Araber in Steinarbeit etwas geleistet;
so wird seine Meinung von den Eingeborenen in Fes selbst gleich
corrigirt werden: "Diese Fontainen sind von 'Oeludj', d.h. christlichen
Sclaven, gearbeitet."
Der "Mimber" oder die Treppe, welche in keiner Moschee fehlt, von
der das "Kotba", d.h. das Freitagsgebet, gelesen wird, ist fast immer aus
Holz. Hier bemerken wir ebendasselbe, was wir schon bei den
Mauerarbeiten zu beobachten Gelegenheit hatten. Ebenso wenig, wie
die Araber gelernt haben, aus Stein heraus zu arbeiten, ebenso wenig
treffen wir bei ihnen jene kunstvollen Holzschnitzereien, welche
_Körper_ haben. Die Gebetstreppen sind daher, was die Form anbetrifft,
alle roh und primitiv; aber manchmal ist die Oberfläche des Holzes
ausgravirt, und wir finden dann dieselben oder ähnliche Linienbilder,
welche, wenn sie mit krummen Linien Bezeichnet sind, "Arabesken"
genannt werden, wie wir dieselben an den Wänden der Mauern in
Stucco kennen gelernt haben.
Man kann also keineswegs sagen, daß die Araber Afrika's
zurückgegangen sind. Aber so wie man in Sevilla und Granada zur Zeit
der Almoraviden und Almohaden, zur Zeit der größten Glanzperiode
der sogenannten "maurischen Architektur", baute, so baut man noch
heute. Man hat keineswegs verlernt, ebenso zu bauen, aber Fortschritt
in der Architektur ist nirgends zu finden. Man versteht es vollkommen,
jene ogivischen Bogen, jene Porzellanmosaiken, jene Stickereien auf
Gyps und Holz darzustellen, wie zur Zeit der "Abd-er-Rhaman"; wenn
man aber Stillstand in Kunst und Wissenschaft als _Rückschritt_
bezeichnen kann, dann haben die Araber entschieden Rückschritte
gemacht. So haben sie denn auch keineswegs gelernt, ihren Bauten
irgendwie Solidität zu geben. Was heute gebaut ist, verfällt morgen.
Wären die Alhambra und die Giralda nicht in Spanien, wären sie der
Sorglosigkeit einer mohammedanischen Zeit ausgesetzt, was würde
von diesen Monumenten arabischer Architektur heute noch erhalten
sein? Und wie lange stehen diese Bauten? Wie lange stehen sie im
Verhältniß zu den Bauüberresten, die uns Aegypten, Griechenland und
Rom überlassen haben, und die, trotzdem Jahrtausende verstrichen und
Zeit und Menschen das Ihrige thaten, Alles zu vernichten, manchmal in
ihren einzelnen Theilen sich so erhalten haben, als ob sie von gestern
wären.
Die Unsolidität der arabischen Bauten kennzeichnet sich denn nicht nur
in der äußeren Architektur, sondern auch in der Benutzung des
Materials bei den Hauptmauern und Pfeilern. In keinem einzigen
Gebäude der Berberstaaten finden wir behauene Steine aus Sandstein
oder Marmor, sondern immer nur gebrannte Thonsteine angewandt.
Meist aber sind die großen Mauern, namentlich die von monumentalen
Bauten, aus zwischen Planken schichtweise gepreßten Steinen, Cement
und Kalk errichtet. Diese Mauern halten sich aber nur dann
einigermaßen gegen den Zahn der Zeit, wenn die äußere Bekleidung
vollkommen gut und immer wie neu unterhalten wird; sonst ist binnen
Kurzem die Baute dem Ruin ausgesetzt.
Daher liegen denn auch die Bauten, welche von Yussuf ben Taschfin
und Mohammed ben Abd-Allah herrühren, heut in Trümmern, und
selbst die, welche vom letzten oder vorletzten Kaiser errichtet sind, von
Mulei Abd-er-Rhaman-ben-Hischam und Mulei Sliman sind halbe
Ruinen. Und ist es selbst in Aegypten anders, wo doch der europäische
Geist heute Alles durchdringen soll? Hörte man nicht oft genug den
verstorbenen Diebitsch klagen, daß wenn das letzte Ende an einem
Palaste fertig sei, der Anfang desselben zu verfallen beginne?!
Von den städtischen Bauten bleiben uns nur noch die
Befestigungsmauern derselben und die kleinen Dome zu erwähnen.
Erstere sind durchweg aus gepreßten Mauern errichtet und hinlänglich
stark, um alter Artillerie einige Stunden Widerstand leisten zu können.
Auf denselben führt ein Weg herum, der nach Außen durch eine
mannshohe krenelirte Mauer aus Backstein geschützt ist. Man bemerkt
nirgends irgend einen Plan, nirgends fortifikatorischen Sinn, um die
Befestigungen irgendwie dem Terrain anzupassen; nur die Ausdehnung
der Stadt selbst giebt das Maß der äußeren Schutzmauer ab.
Unterbrochen und flankirt werden diese Umfestigungsmauern durch
viereckige oder runde Thürme, deren Hälfte außerhalb der Mauern
hervorspringt; sie sind in der Regel halb mal höher und dienen
hauptsächlich dazu, die Kanonen aufzunehmen. Oft noch durch Gräben
beschützt, bieten auch diese kein ernstliches Hinderniß. Bastionirte
Mauern, Außenwerke, mögen es nun Fleschen, Lünetten oder gekrönte
Bastionen sein, kennt man in den Berberstaaten nicht, und wenn auch
die Hauptstadt Fes zwei bedeutende Außenwerke besitzt, so sind diese
nicht von den Arabern errichtet, sondern von Renegaten (Oeludj) unter
der Regierung des Sultan Sliman, Großvaters des jetzt regierenden.
Was die erwähnten kleinen Dome anbetrifft, so dienen sie, wie schon
angeführt, zu Grabstätten und sind die einzigen Gebäude[1], bei denen
der Araber sich in Gewölben versucht hat. Meist ist die Grundform
viereckig, aber nie rund. Die Kuppel hingegen oder das Dach ist fast
immer rund, häufig achteckig. Bei der Ausschmückung der Wände und
des Fußbodens wird derselbe Plan innegehalten wie oben bei den
übrigen Baulichkeiten auseinandergesetzt wurde. Die Wölbung ist
meist durch eingeschobene Holzquerbalken unterstützt. Das Material
besteht entweder aus gebrannten Ziegeln oder unbehauenen Feldsteinen.
Man findet diese Kubba in den Städten und überall auf
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