Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Africas. | Page 7

Gerhard Rohlfs
Mitte oder der
sogenannte Ring des Salomon bilden immer Hauptfiguren. Diese
kleinen Flieschen, von denen ein einzelnes nicht größer als 1--1-1/2
Zoll ist, sind glänzend glasirt, heißen "Slädj" und werden ebenfalls in
Fes fabricirt. Der Gesammtanblick einer solchen Art ausgelegten
Fußbodens ist reizend.
Die Wände im Zimmer sind vollkommen weiß, manchmal jedoch
mittelst Gyps in quadratische Felder abgeheilt. Bei den Reichen läuft
oben, anscheinend um das Gebälk zu unterstützen, ein Kranzgesimse
herum, oft auch eine breite Borte, welche Koransprüche enthält. Da in
Marokko, ausgenommen bei jenen kleinen "Kubbas", welche als
Grabstätten für Heilige oder Fürsten dienen, nirgends das _Gewölbe_
angewendet wird, so sehen wir die Decke der Paläste und Wohnungen
nur aus Holz gearbeitet. Oft wird, um eine solche Decke
auszuschmücken, die größte Sorgfalt entwickelt, nicht nur in
Holzschnitzerei, sondern auch in der Auslegung von Holz, man macht
also eine Art "Parquetirung". Dünne, aber äußerst dicht neben einander
liegende Balken bilden das Gerippe, darüber liegen Bretter, das Ganze
wird dann inwendig teppichartig ausgeschnitzt und oft mit farbigen
Holzstückchen ausgelegt; manchmal enthalten auch die Decken
zwischen ihrem Teppichmuster großbuchstabige Sprüche. Diese Art,
auf eine bunte und gefällige Weise die Plafonds zu schmücken, hat sich
vollkommen gut in Marokko erhalten. Statt die vielen Balken, welche
den Plafond stützen, offen zu zeigen, sind diese auch wohl mit Brettern
beschlagen, welche dann ähnlich geschmückt werden.
Thüren, Fenster und Nischen zeigen alle jenen bekannten
Hufeisenbogen, den die Araber erfunden haben sollen. Sehr oft sind die

Bogen selbst auf die phantastischste Art wieder ausgewölbt und
ausgezackt, so daß in einer Bogenhälfte manchmal bis zehn kleinere
Bogen vorkommen. Auch die Aufstellung von zwei, drei und vier
Säulen, dicht bei einander, findet man heute in Marokko noch in
Anwendung. Als ich einen längeren Aufenthalt in Uesan beim Hadj
Abd-es-Salam, dem Großscherif, hatte, zeigte ich ihm eines Tages eine
Abbildung des Löwenhofes der Alhambra aus Sedillot's Historie des
Arabes. Hadj Abd-es-Salam annectirte das Buch der Abbildungen
wegen (und es ist heute noch in seinem Besitze) und verreiste dann auf
längere Zeit. Als ich zurückkam, hatte er allerdings nicht einen
Löwenhof, aber in seinem Garten eine reizende Veranda errichten
lassen: ein längliches Viereck mit nach vorn geöffneter Seite. Die
"kannelirten Bogen" wurden von Doppelsäulen getragen, der Fußboden
war aus buntem "Slädj" zusammengesetzt zu einem allerliebsten
Muster, und der Plafond von Holz schillerte von blauen und goldenen
Feldern.
Die Paläste des Sultans, der Großen und Reichen haben ganz ähnliche
Anordnung, nur daß ihre Wohnungen statt eines Hofes oft drei, vier
oder mehrere Höfe haben und alle Räumlichkeiten bedeutend größer
sind.
Was die Moscheen anbetrifft, so finden sich im ganzen westlichen
Afrika (nicht blos in Marokko, welches als eigentliches Westland bei
den Marokkanern den Namen "Rharb-djoani" hat) gar keine, die
irgendwie christliche Reminiscenzen aufkommen ließen. Denn die in
Algier befindliche Moschee, die später als christliche Kathedrale
eingerichtet wurde, und welche vom letzten Dei kurz vor der Eroberung
Algeriens erbaut worden war, zeigt in ihrer ganzen Anlage allerdings
den Styl einer christlichen Kirche, ist aber auch von christlichen
Sclaven und Renegaten erbaut worden. Fast durchweg zeigen die
marokkonischen Moscheen, sowie die der übrigen Berberstaaten einen
großen Hof, der manchmal von einer Säulenhalle umgeben ist. Nach
Osten zu vermehren sich die Säulenhallen zu verschiedenen Schiffen.
So zeigt die Karuin in Fes so viele Säulen, daß die ganze Moschee 360
haben soll. Die Säulen selbst, die auf einer einfachen Basis ruhen, sind
ohne Schmuck, und auch das Capital zeigt große Einfachheit. Die

hufeisenförmigen Bogen gehen von Säule zu Säule, so daß, wo mehrere
Schiffe sind, immer vier Bogen an einer Säule entspringen. Fast in
allen Moscheen kann man, wie überall bei arabischen Bauten, die
größten Unregelmäßigkeiten beobachten, und die Abwesenheit von
Harmonie und Verhältnis tritt überall zu Tage. Es ist als ob z.B. die
Höhe der Säulen eine überaus gleiche sein müßte, so daß man die
Säulen für eine Veranda von zwanzig Fuß Breite eben so hoch macht
wie die, welche das Dach einer Moschee stützen, welche vielleicht
einen Flächenraum von zweihundert Fuß Geviert hat.
Die Wände in den Moscheen, welche letztere im Rharb "Djemma"
genannt werden, sind von außen in der Regel ohne Schmuck, einförmig
und fensterlos wie die übrigen Bauten. Im Innern ist dieselbe
Anordnung zu bemerken wie in den Wohnungen. Die Gebetsnische,
"Kybla" genannt, wird auch heute oft noch durch ein prächtiges
Stalactit-Gewölbe überdeckt; auch diese Kunst hat sich in Marokko
erhalten. Diese Stalactit-Gewölbe, wie man sie genannt hat, sind indeß
weiter nichts wie einfache Auswölbungen; der Stalactitenschmuck ist
von Gyps. In der eigentlichen Sculptur haben die Araber überhaupt nie
etwas geleistet, da ihnen Bilder aus Stein zu meißeln verboten ist. Ihre
ganze Kunstfertigkeit beschränkt sich daher auf Stuccoarbeit, und hier
ließen sie ihren mathematischen Formen die Zügel schießen. So findet
man denn in Gyps gearbeitet die wunderbarste Art sich kreuzender
Linien.
Wenn der Reisende im Hofe der großen Djemma el Karuin zwei
prachtvolle
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