Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Africas. | Page 9

Gerhard Rohlfs
dem Lande
zerstreut; in den Städten bilden sie häufig gleichsam eine Art von
Nebenkapelle, die an eine große Moschee angebaut ist.
Von den Wohnungen der Landleute nördlich vom Atlas läßt sich nur
wenig sagen. Dieselben bestehen, ob sie nun von Berbern oder Arabern
(und es giebt in den Berberstaaten mehr seßhafte Araber, als
gewöhnlich angenommen wird) herrühren, immer nur aus einem
Zimmer, das hausartig gebaut ist; oft sind sie aus gestampften Massen,
oft auch aus Feldsteinen aufgebaut. Auf 20 Fuß Länge sind sie circa 8
Fuß breit und 8 Fuß hoch und von einem circa 6 Fuß hohen Strohdache
bedeckt. Im Innern ist der Fußboden gestampfter Lehm; der Plafond
besteht aus Rohr, welches manchmal auf Aloë-Balken, manchmal auf
anderen Holzästen, die einen weniger geraden Wuchs haben, ruht.
Sehr häufig sind die Wände der Mauern auswendig und inwendig
gekalkt, sonst aber ganz ohne Schmuck, mit einer niedrigen, circa 4
Fuß hohen Thür, manchmal mit ogivischem Bogen, manchmal
viereckig. Fenster und Rauchfänge sind nicht vorhanden. Eine Familie
hat in der Regel zwei oder drei solcher Häuser, die, durch Mauern
verbunden, einen viereckigen Hof einschließen, der zugleich Nachts für
das Vieh dient.
Ganz anderer Art sind die Wohnungen der Bewohner südlich vom
großen Atlas, der Bewohner des Sus- und Nun-Districts. Der
fortwährend unsichere Zustand jener Gegend hat es nothwendig
gemacht, daß dort Jedermann darauf bedacht sein mußte, sich Schutz
gegen seinen Nachbar zu suchen. So findet man hier denn auch
keineswegs kleine oder große Dörfer, sondern Burgen. Ein solches
Schloß--man kann sie wegen ihres stattlichen Aussehens in der That so
nennen--ist oft so groß, daß es mehrere Familien beherbergt; es giebt
feste Burgen, die einen Quadratraum von 500 Fuß einnehmen. Diese

Bauten sind circa 50 Fuß hoch, von außen von starken, oft 5 bis 6 Fuß
breiten Steinmauern (die Steine sind entweder unregelmäßig
gebrochene oder wie man sie gerade gefunden hat) aufgeführt und oben
krenelirt. Ein Thor, zuweilen mit einer Fallthür versehen, und immer so
eingerichtet, daß aus zwei Seitenzimmern der Eingang durch Scharten
beschossen werden kann, führt in einen großen geräumigen Hof. Dieser,
sowie die unteren Gemächer, dienen für's Vieh. In den oberen Räumen
hält sich die Bewohnerschaft auf. Zu diesem Stockwerk führt eine
aufziehbare Leiter, und das flache Dach, mit gestampfter, auf Balken
ruhender Erde gedeckt, dient zu gleicher Zeit zur äußeren Verteidigung.
Eine Cisterne im Innern vervollständigt das Ganze. Kellerräume sind
aber ebensowenig bekannt wie nördlich vom Atlas.
Als eigenthümlich der Gebirgslandschaft nördlich vom Sus erwähne
ich noch die vielen öffentlichen Cisternen modernen Ursprungs. Man
findet sie überall und namentlich längs der Wege. Sie sind ähnlicher
Art wie die römischen, was die Form anbetrifft, aber weniger solid und
weniger _großartig_ gebaut. In der Regel 20 bis 25 Fuß lang auf 8 bis
10 Fuß Breite, sind sie 10 bis 12 Fuß tief und erheben sich blos mit
dem _gewölbten_ Dache aus dem Erdboden heraus. Aus ungehauenen
Steinen errichtet, ist das Innere cementirt, und durch ein Loch des
Gewölbes wird das Wasser herausgeschöpft; gespeist werden die
Cisternen durch Rinnsale.
Es ist hier nicht der Ort, die Wohnungen der nomadisirenden Völker
Nordafrika's zu beschreiben; aber auch diese haben mannigfache
Formen und Verschiedenheiten. Das aristokratische Zelt der Uled Sidi
Schich, immer auf der Spitze mit drei Bündeln Straußfedern
geschmückt, unterscheidet sich von dem ärmlichen Zelte der meisten
östlichen Triben, wie das große Haus mit mehreren Höfen der
Hauptstadt sich von der einfachen Wohnung des Djerdjuragebirges
unterscheidet. Aber nicht unerwähnt können wir die Höhlenwohnungen
der Bewohner des Ghoriangebirges lassen. Meist sind diese Höhlen in
Lehmboden hineingearbeitet, und sind einfache Aushöhlungen, in der
Regel von kreisrunder Form. Man bemerkt gewöhnlich eine
Vorkammer und ein hinteres, größeres Gemach; der Plafond ist wie
gewölbt. Oben hinaus befindet sich meist eine Oeffnung zum Abzuge

des Rauches. Richardson will im Ghoriangebirge auch Wohnungen in
Felshöhlen gesehen haben; es ist übrigens fraglich, ob diese modernen
Ursprungs sind. Es ist wahrscheinlich, daß dies antike libysche Höhlen
sind, wie man deren namentlich in Cyrenaica noch viele antrifft.
Betrachten wir nun, nachdem wir einen Ueberblick der Bauten des
nördlichen Afrika's gewonnen haben, die Wohnungen der
Völkerschaften der Sahara.
Mit Ausnahme der zum Theil nomadisirenden Tuareg sind alle
Bewohner der Sahara seßhaft; denn die Araber, welche in die große
Wüste hineingegangen sind, haben alsbald das Zelt gegen das Haus
vertauscht.
Im Grunde kommen bei den Bauten der Oasenbewohner denn auch
dieselben Bauregeln und Pläne beim Einrichten ihrer Moscheen und
Wohnungen in Anwendung, wie bei ihren nördlichen Brüdern. Bei der
wohlhabenden Classe befindet sich in ihrer Wohnung meist ein
Aufzimmer, d.h. ein Fremdenzimmer, auf das platte Dach des
Hauptgebäudes hin errichtet. Wie immer hat dieses einen Hof, bei den
Reichen auch mehrere, und auf den Hof öffnen sich die langen und
schmalen Zimmer. In manchen Oasen sind die Gebäude krenelirt, aber
mehr zum Schmucke als zur Vertheidigung.
Wenn aber schon bei den Arabern im Norden auf dem
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 80
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.