daß dieser Hafen nicht die
Entwicklung genommen hat, welche man seiner Lage zu Folge
berechtigt zu sein glaubte, voraussetzen zu dürfen.
Zum Theil ist der Hafen nicht sicher, trotz der enormen Molen, welche
man construirt hat, zum Theil passiren die Schiffe, welche nach Indien
gehen, rasch ohne sich hier aufzuhalten. Der eigentliche Hafen für
Aegypten ist eben Alexandria geblieben. Wenn der jetzige Chedive, der
ja so große Dinge schon geschaffen hat, eines Tages dazu schreiten
würde, den in unmittelbarer Nähe gelegenen Mensaleh-See
auszutrocknen, dann würde sich allerdings in der Entwicklung
Port-Saids eine wesentliche Aenderung zu Gunsten der Stadt ergeben.
Sehr sehenswerth war die Fabrikation der großen Steinblöcke zur
Construction der beiden Hafenmolen. Wie schon erwähnt, waren es die
Herren Dussaud Frères, welche diese Arbeit übernommen hatten. Jeder
Block hat 10 Kubikmeter Gehalt und wiegt 40,000 Pfund. Das
Verfahren, sie herzustellen, war so einfach wie möglich: Mittelst Sand,
welcher aus dem Hafen gebaggert und mit der vorgeschriebenen Partie
Süßwasser gemischt wurde, brachte man dieses Gemenge unter eine
Zerreibemühle und that es dann mit Kalk und Cement in gewollter
Menge zusammen. Wenn alles ordentlich durcheinander gemischt war,
kam diese Masse in hölzerne Formen und mußte dann zwei Monate
trocknen, nach welcher Zeit eine felsenartige Härte eintrat.
Seitdem ist in der That der Kanal von Suez am 16. November 1869
eröffnet worden und alle die bösen Conjuncturen, welche man an die
Lebensfähigkeit dieses gigantischen Unternehmens geknüpft hatte,
haben sich als eitel Dunst erwiesen.
Ein riesiges Unternehmen, wozu man fünf Jahre Studien, wie Stephan
sagt, und elf Jahre Ausführung gebraucht hatte.
Alle seefahrenden Nationen hatten sich bei dieser großartigen Feier
durch ihre Flotten vertreten lassen und von Fürstlichkeiten waren der
Kaiser von Oesterreich, der deutsche Kronprinz (damals noch
Kronprinz von Preußen), die Kaiserin Eugenie und Prinz Heinrich der
Niederlande erschienen. Alle waren Gäste des Chedive, aber nicht sie
allein, sondern Tausend andere. Ja der Schreiber dieser Zeilen, welcher
ebenfalls eine Einladung erhalten hatte, der er leider eingetretener
Umstände halber nicht Folge geben konnte, weiß aus späterem Besuche
in Aegypten, daß eine Menge ungeladener Gäste flott sich unter die
Geladenen drängte und auf Kosten des Chedive den Festlichkeiten
anwohnte. Man berechnet die Zahl der damals anwesenden Fremden
auf 30,000 Personen.
Der dabei entwickelte Pomp, die Verschwendung, welche ostensibel
zur Schau getragen wurde, sind unbeschreiblich; aber für den Orient,
wo Alles auf Aeußerlichkeit berechnet ist, kann man sie kaum
übertrieben nennen.
Wenn nun auch der Kanal bei der Eröffnung vollständig planmäßig
hergestellt war, so war doch im Mai 1871 erst die Ausbaggerung des
Kanals soweit vollendet, daß er in seiner ganzen Länge eine mittlere
Tiefe von 8,50 Meter hatte, so daß Schiffe mit 7 Meter Tiefgang
ungehindert den Kanal passiren konnten.
Im ersten Jahre hat man noch, eingeschlossen die Ausbaggerung des
Außenhafens bei Port-Said, 563,060 Kubikmeter ausgeräumt, aber eine
im December 1871 vorgenommene Sondirung in einer Entfernung von
je 18,50 Meter vorgenommen ergab überall die Tiefe als normal. Es
bestätigte sich denn auch, daß der Kanal keineswegs so viel zu leiden
hatte von den Sandwehen der Dünen oder vom Abschwemmen der
Ufer durch den Wellenschlag vorbeifahrender Dampfer. Ebenso haben
die in Port-Said errichteten Molen vollkommen gut dem schlechtesten
Wetter getrotzt, denn einige Senkungen, welche man übrigens
vorausgesehen hatte, haben auf die allgemeine Sicherheit keinen
Einfluß gehabt.
Die Leichtigkeit, mit welcher der Verkehr vor sich geht, hat überhaupt
alle die bösartigen Voraussetzungen und Meinungen, die man anfangs
mit der Lebensfähigkeit des Kanals in Verbindung brachte, zu nichte
gemacht.
Im Jahre 1870 passirten 486 Schiffe. " " 1871 " 765 " " " 1872 " 1082 "
" " 1873 " 1173 " " " 1874 " 1264 "
Seit der Einweihung haben bis Ende 1874 4770 Schiffe den Kanal
passirt mit einem Gesammttonnengehalt von 8,050,338; davon waren
circa vier Fünftel Dampfer und nur ein Fünftel Segler. Die Einnahmen
betrugen vom Beginn der Eröffnung bis Ende 1874 78,317,352 Frs.
Am besten wird das stete Wachsen der Einnahme veranschaulicht,
wenn wir die des ersten Jahres mit 5,159,327 Frs. gegen die des Jahres
1874 mit 24,859,383 Frs. halten.
Wir sehen aber, daß bei Weitem der größte Theil der Schiffe den
Engländern gehört, ihr Land also in Wirklichkeit den größten Nutzen
vom Durchstich der Landenge von Suez gehabt hat. Was würde Lord
Palmerston, dieser eifrigste Gegner des Suezkanales, gesagt haben,
hätte er ein solches Resultat noch erleben können.
Die jährlichen Ausgaben des Kanals waren auf circa 5,000,000 Frs.
veranschlagt, da aber im ersten Semester 1872 die Einnahmen sich
schon auf mehr als eine gleiche Summe bezifferte und da der Transit
fortwährend im Steigen begriffen ist, so kann man mit Zuversicht der
Zukunft entgegensehen.
Seit dem Juli 1872 hat die Umwandlung des officiellen Tonnengehaltes
in die des sogenannten "gross tonnage" die Einnahmen um 40 bis 50%
gesteigert.
Längs des ganzen Kanals hatte man von Mitte 1871 Fluthmesser
angebracht auf sechszehn verschiedenen Stationen. Von sechs
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