eingeübt, ohne Stocken, daß ich ein
Fremder sei, ein Reisebuch über Italien im Werk habe und auch die
Landhäuser um Bologna mit aufzunehmen denke. Es sei mir darum
sehr wichtig, die Erlaubnis zu erhalten, auch hier nur einen raschen
Umblick zu tun, da dieses Haus im alten Stil erbaut und in vieler
Hinsicht merkwürdig sei.
Der Graubart schien von alledem nicht viel zu verstehen. Es tut mir leid,
sagte er, aber ich darf den Herrn durchaus nicht einlassen. Die Villa
gehört dem General Alessandro P., unter dem ich selbst gedient habe,
und die Schweiz, wo der Herr herstammt, kenne ich wohl, denn da bin
ich selbst durchgekommen unter dem Bonaparte. Hernach, wie alles zu
Ende war und ich mit meinen Wunden zu schaffen hatte, kommandierte
mich mein General auf diesen Ruheposten, und da er noch einmal
heiratete, gab er mir seine Tochter hier aufzuheben, denn der Herr weiß
wohl, wie es geht, wenn die junge Tochter schöner ist als die junge
Mutter. Nun, da leben wir hier ganz friedlich, und der Signorina fehlt es
auch an nichts, denn der Papa schickt ihr fast jede Woche irgend was
Hübsches, und Lehrer im Singen und in den Sprachen hat sie auch die
besten und an meiner eigenen Tochter eine Gesellschaft, wie sie sie nur
wünschen kann. Nur in die Stadt kommt sie nicht, und die Mutter fragt
nichts nach ihr, und das macht ihr auch weiter keinen Kummer, da der
Vater doch alle Monat einmal sie besuchen darf. Aber jedesmal, wenn
er kommt, schärft er mir wieder ein, daß ich das Kind hüten soll wie
meinen Augapfel, und sonntags, wenn sie in die Messe geht, gehn Nina
und ich selbst mit ihr und lassen kein Auge von ihr. Was wollt Ihr auch
in dem alten Hause sehn? Ich versichere Euch, es ist wie hundert
andere, und auch im Garten wächst nichts Besonderes. Das fehlte noch,
daß Ihr in einem Buch von uns erzähltet; da würde es Händel setzen mit
meinem Herrn, und am Ende jagte er mich, so alt ich bin, aus dem
Dienst.
Ich suchte ihn nach Möglichkeit zu beruhigen, aber mehr als alle guten
Worte wirkte ein Goldstück, das ich ihm durchs Gitter in die Hand
drückte.--Ich sehe, Ihr seid ein honetter junger Mann, sagte er, und
werdet einen alten Soldaten nicht unglücklich machen. Wenn Ihr so
hitzig darauf besteht, so kommt und ich führe Euch herum, daß Ihr
Eure Neugier büßt. Auch kann ich es um so eher, da die Signorina
gerade Singstunde hat; so wird sie also gar nichts davon erfahren, daß
ich einen Fremden eingelassen habe.
Er schloß mir mit einem schweren Schlüssel die Gittertür auf und
führte mich ins Haus. Im Erdgeschoß war ein großer kühler Saal, mit
Jalousien und schweren Vorhängen gegen die Sonne verwahrt. Ich bat,
meiner Rolle getreu, ein Fenster zu öffnen, um die Bilder betrachten zu
können, die an den Wänden hingen. Es waren Familienporträts von
geringem Wert, nur eins, über dem Kamin, fesselte mich länger. Das ist
die Mutter unserer Signorina, sagte der Alte; ich meine die rechte, die
nun schon fünfzehn Jahr tot ist. Sie war eine schöne Frau, man nannte
sie die schöne Heilige; die Tochter gleicht ihr sehr, nur daß sie lustiger
ist und wie ein Vogel im Bauer beständig auf und ab springt.
Sie hat auch eine Vogelkehle, warf ich scheinbar gleichgültig hin. Ist
sie das nicht, die da über uns singt?
Jawohl, sagte der Alte. Der Kapellmeister von unserem Theater kommt
zweimal die Woche. Wenn darin der Papa (il babbo, sagte er) seinen
Besuchstag hat--er bleibt dann immer viele Stunden--, singt sie ihm
ihre neuen Arien, und dann ist der arme Herr wie im Paradiese. Er hat
sonst auch wenig Freude, und ohne das Kind wäre ihm wohl besser in
einer anderen Welt.
Was ist mit ihm? fragte ich. Ist er krank?
Wie man's nimmt, lieber Herr, sagte der Alte mit Achselzucken. Ich
wenigstens wäre lieber tot, als so lebendig. Wer ihn gekannt hat, als er
noch bei der Armee war--der Riese des Giovanni da Bologna auf dem
Markt sieht nicht vornehmer und ritterlicher in die Welt, als mein
General tat. Und jetzt--es ist herzbrechend. Den ganzen Tag sitzt er im
Lehnstuhl am Fenster, schneidet Bilderbogen aus oder spielt Domino,
und es ist, als hörte und sähe er nichts, und wenn seine Frau ihm etwas
sagt, schielt er sie ganz schüchtern an und nickt ja zu allem. Nur was
die Signorina angeht, da ist er noch ganz der alte, da darf ihn niemand
hinters Licht führen wollen, oder er erfährt, daß der alte Löwe Tatzen
hat, wenn ihm auch die Klauen beschnitten sind.
Und wie ist er in diesen Zustand gekommen?
Niemand weiß es, Herr. Es sind Dinge in dem Hause vorgefallen, von
denen man nur gemunkelt hat. Ich meine immer, es muß ihm einmal
von dem Weibe,
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