Donna Constanze diese
sinnreiche zur Rettung erfundene Maßregel noch ausgeführt hatte, rief
schon eine Stimme, des Chorherrn Predigt laut unterbrechend, aus:
Weichet fern hinweg, ihr Bürger von St. Jago, hier stehen diese
gottlosen Menschen! Und als eine andere Stimme schreckenvoll,
indessen sich ein weiter Kreis des Entsetzens um sie bildete, fragte: wo?
hier! versetzte ein Dritter, und zog, heiliger Ruchlosigkeit voll,
Josephen bei den Haaren nieder, daß sie mit Don Fernandos Sohne zu
Boden getaumelt wäre, wenn dieser sie nicht gehalten hätte. "Seid ihr
wahnsinnig?" rief der Jüngling, und schlug den Arm um Josephen: "ich
bin Don Fernando Ormez, Sohn des Kommandanten der Stadt, den ihr
alle kennt." Don Fernando Ormez? rief, dicht vor ihn hingestellt, ein
Schuhflicker, der für Josephen gearbeitet hatte, und diese wenigstens so
genau kannte, als ihre kleinen Füße. Wer ist der Vater zu diesem Kinde?
wandte er sich mit frechem Trotz zur Tochter Asterons. Don Fernando
erblaßte bei dieser Frage. Er sah bald den Jeronimo schüchtern an, bald
überflog er die Versammlung, ob nicht einer sei, der ihn kenne?
Josephe rief, von entsetzlichen Verhältnissen gedrängt: dies ist nicht
mein Kind, Meister Pedrillo, wie Er glaubt; indem sie, in unendlicher
Angst der Seele, auf Don Fernando blickte: dieser junge Herr ist Don
Fernando Ormez, Sohn des Kommandanten der Stadt, den ihr alle
kennt! Der Schuster fragte: wer von euch, ihr Bürger, kennt diesen
jungen Mann? Und mehrere der Umstehenden wiederholten: wer kennt
den Jeronimo Rugera? Der trete vor! Nun traf es sich, daß in demselben
Augenblicke der kleine Juan, durch den Tumult erschreckt, von
Josephens Brust weg Don Fernando in die Arme strebte. Hierauf: Er ist
der Vater! schrie eine Stimme; und: er ist Jeronimo Rugera! eine andere;
und: sie sind die gotteslästerlichen Menschen! eine dritte; und: steinigt
sie! steinigt sie! die ganze im Tempel Jesu versammelte Christenheit!
Drauf jetzt Jeronimo: Halt! Ihr Unmenschlichen! Wenn ihr den
Jeronimo Rugera sucht: hier ist er! Befreit jenen Mann, welcher
unschuldig ist!-Der wütende Haufen, durch die Äußerung Jeronimos
verwirrt, stutzte; mehrere Hände ließen Don Fernando los; und da in
demselben Augenblick ein Marine-Offizier von bedeutendem Rang
herbeieilte, und, indem er sich durch den Tumult drängte, fragte: Don
Fernando Ormez! Was ist Euch widerfahren? so antwortete dieser, nun
völlig befreit, mit wahrer heldenmütiger Besonnenheit: "Ja, sehen Sie,
Don Alonzo, die Mordknechte! Ich wäre verloren gewesen, wenn
dieser würdige Mann sich nicht, die rasende Menge zu beruhigen, für
Jeronimo Rugera ausgegeben hätte. Verhaften Sie ihn, wenn Sie die
Güte haben wollen, nebst dieser jungen Dame, zu ihrer beiderseitigen
Sicherheit; und diesen Nichtswürdigen", indem er Meister Pedrillo
ergriff, "der den ganzen Aufruhr angezettelt hat!" Der Schuster rief:
Don Alonzo Onoreja, ich frage Euch auf Euer Gewissen, ist dieses
Mädchen nicht Josephe Asteron? Da nun Don Alonzo, welcher
Josephen sehr genau kannte, mit der Antwort zauderte, und mehrere
Stimmen, dadurch von neuem zur Wut entflammt, riefen: sie ists, sie
ists! und: bringt sie zu Tode! so setzte Josephe den kleinen Philipp, den
Jeronimo bisher getragen hatte, samt dem kleinen Juan, auf Don
Fernandos Arm, und sprach: gehn Sie, Don Fernando, retten Sie Ihre
beiden Kinder, und überlassen Sie uns unserm Schicksale!
Don Fernando nahm die beiden Kinder und sagte: er wolle eher
umkommen, als zugeben, daß seiner Gesellschaft etwas zu Leide
geschehe. Er bot Josephen, nachdem er sich den Degen des
Marine-Offiziers ausgebeten hatte, den Arm, und forderte das hintere
Paar auf, ihm zu folgen. Sie kamen auch wirklich, indem man ihnen,
bei solchen Anstalten, mit hinlänglicher Ehrerbietigkeit Platz machte,
aus der Kirche heraus, und glaubten sich gerettet. Doch kaum waren sie
auf den von Menschen gleichfalls erfüllten Vorplatz derselben getreten,
als eine Stimme aus dem rasenden Haufen, der sie verfolgt hatte, rief:
dies ist Jeronimo Rugera, ihr Bürger, denn ich bin sein eigner Vater!
und ihn an Donna Constanzens Seite mit einem ungeheuren
Keulenschlage zu Boden streckte. Jesus Maria! rief Donna Constanze,
und floh zu ihrem Schwager; doch: Klostermetze! erscholl es schon,
mit einem zweiten Keulenschlage, von einer andern Seite, der sie leblos
neben Jeronimo niederwarf. Ungeheuer! rief ein Unbekannter: dies war
Donna Constanze Xares! Warum belogen sie uns! antwortete der
Schuster; sucht die rechte auf, und bringt sie um! Don Fernando, als er
Constanzens Leichnam erblickte, glühte vor Zorn; er zog und schwang
das Schwert, und hieb, daß er ihn gespalten hätte, den fanatischen
Mordknecht, der diese Greuel veranlaßte, wenn derselbe nicht, durch
eine Wendung, dem wütenden Schlag entwichen wäre. Doch da er die
Menge, die auf ihn eindrang, nicht überwältigen konnte: leben Sie wohl,
Don Fernando mit den Kindern! rief Josephe--und: hier mordet mich,
ihr blutdürstenden Tiger! und stürzte sich freiwillig unter sie, um dem
Kampf ein Ende zu machen. Meister Pedrillo schlug sie mit der Keule
nieder. Darauf ganz mit ihrem Blute besprützt: schickt ihr den Bastard
zur Hölle nach! rief er, und drang, mit noch ungesättigter Mordlust, von
neuem vor.
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.