floh.
7.
"O die Unbarmherzigen!" schrie der Wolf und geriet in die äußerste
Wut. "So will ich auch als ihr Feind sterben, ehe mich der Hunger tötet,
denn sie wollen es nicht besser!" Er lief, brach in die Wohnungen der
Schäfer ein, riß ihre Kinder nieder und ward nicht ohne große Mühe
von den Schäfern erschlagen.
Da sprach der weiseste von ihnen: "Wir taten doch wohl unrecht, daß
wir den alten Räuber auf das äußerste brachten und ihm alle Mittel zur
Besserung, so spät uns erzwungen sie auch war, benahmen!"
Die Nachtigall und die Lerche
Was soll man zu den Dichtern sagen, die so gern ihren Flug weit über
alle Fassung des größten Teiles ihrer Leser nehmen? Was sonst, als was
die Nachtigall einst zu der Lerche sagte: "Schwingst du dich, Freundin,
nur darum so hoch, um nicht gehört zu werden?"
Die Pfauen und die Krähe
Eine stolze Krähe schmückte sich mit den ausgefallenen Federn der
farbigen Pfaue und mischte sich kühn, als sie genug geschmückt zu
sein glaubte, unter diese glänzenden Vögel der Juno. Sie ward erkannt,
und schnell fielen die Pfaue mit scharfen Schnäbeln auf sie, ihr den
betrügerischen Putz auszureißen.
"Lasset nach!" schrie sie endlich, "ihr habt nun alle das Eurige wieder."
Doch die Pfaue, welche einige von den eigenen glänzenden
Schwingfedern der Krähe bemerkt hatten, versetzten: "Schweig,
armselige Närrin, auch diese können nicht dein sein!"--und hackten
weiter.
Die Schwalbe
Glaubt mir, Freunde, die große Welt ist nicht für den Weisen, ist nich
für den Dichter! Man kennt da ihren wahren Wert nicht, und ach! sie
sind oft schwach genug, ihn mit einem nichtigen zu vertauschen.
In den ersten Zeiten war die Schwalbe ein ebenso tonreicher
melodischer Vogel wie die Nachtigall. Sie ward es aber bald müde, in
den einsamen Büschen zu wohnen und da von niemandem als dem
fleißige Landmanne und der unschuldigen Schäferin gehört und
bewundert zu werden. Sie verließ ihre demütigere Freundin und zog in
die Stadt.-- Was geschah? Weil man in der Stadt nicht Zeit hatte, ihr
göttliches Lied zu hören, so verlernte sie es nach und nach und lernte
dafür-- bauen.
Die Sperlinge
Eine alte Kirche, welche den Sperlingen unzählige Nester gab, ward
ausgebessert. Als sie nun in ihrem neuen Glanze dastand, kamen die
Sperlinge wieder, ihre alten Wohnungen zu suchen. Allein sie fanden
sie alle vermauert. "Zu was", schrien sie, "taugt denn nun das große
Gebäude? Kommt, verlaßt den unbrauchbaren Steinhaufen!"
Die Traube
Ich kenne einen Dichter, dem die schreiende Bewunderung seiner
kleinen Nachahmer weit mehr geschadet hat als die neidische
Verachtung seiner Kunstrichter.
"Sie ist ja doch sauer!" sagte der Fuchs von der Traube, nach der er
lange genug vergebens gesprungen war. Das hörte ein Sperling und
sprach: "Sauer sollte die Traube sein? Danach sieht sie mir doch nicht
aus!" Er flog hin und kostete und fand sie ungemein süß und rief
hundert näschige Brüder herbei. "Kostet doch!" schrie er, "kostet doch!
Diese treffliche Traube schalt der Fuchs sauer."
Sie kosteten alle, und in wenigen Augenblicken ward die Traube so
zugerichtet, daß nie ein Fuchs wieder danach sprang.
Die Wasserschlange
Zeus hatte nunmehr den Fröschen einen anderen König gegeben;
anstatt eines friedlichen Klotzes eine gefräßige Wasserschlange.
"Willst du unser König sein", schrien die Frösche, "warum verschlingst
du uns?"--"Darum", antwortete die Schlange, "weil ihr um mich
gebeten habt."--
"Ich habe nicht um dich gebeten!" rief einer von den Fröschen, den sie
schon mit den Augen verschlang.--"Nicht?" sagte die Wasserschlange.
"Desto schlimmer! So muß ich dich verschlingen, weil du nicht um
mich gebeten hast."
Die Ziegen
Die Ziegen baten den Zeus, auch ihnen Hörner zu geben; denn anfangs
hatten die Ziegen keine Hörner.
"Überlegt es wohl, was ihr bittet", sagte Zeus. "Es ist mit dem
Geschenke der Hörner ein anderes unzertrennlich verbunden, das euch
so angenehm nicht sein möchte."
Doch die Ziegen beharrten auf ihrer Bitte, und Zeus sprach: "So habt
denn Hörner!"
Und die Ziegen bekamen Hörner--und Bart! Denn anfangs hatten die
Ziegen auch keinen Bart. O wie schmerzte sie der häßliche Bart, weit
mehr, als sie die stolzen Hörner erfreuten!
Die eherne Bildsäule
Die eherne Bildsäule eines vortrefflichen Künstlers schmolz durch die
Hitze einer wütenden Feuersbrunst in einen Klumpen. Dieser Klumpen
kam einem anderen Künstler in die Hände, und durch seine
Geschicklichkeit verfertigte er eine neue Bildsäule daraus, von der
ersteren in dem, was sie vorstellte, unterschieden, an Geschmack und
Schönheit aber ihr gleich.
Der Neid sah es und knirschte. Endlich besann er sich auf einen
armseligen Trost: Der gute Mann würde dieses noch ganz erträgliche
Stück auch nicht hervorgebracht haben, wenn ihm nicht die Materie der
alten Bildsäule dabei zustatten gekommen wäre.
Die junge Schwalbe
"Was macht ihr da?" fragte eine junge Schwalbe die geschäftigen
Ameisen.
"Wir sammeln Vorrat für den Winter", war die Antwort.
"Das ist klug", sagte die Schwalbe, "das will
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