An anthology of German literature | Page 8

Calvin Thomas
für den Bruder dich brennen in der Hölle."

+VII. OTFRIED'S BOOK OF THE GOSPELS+

A Messiad written in the dialect of the southern Rhenish Franks and
comprising some 15,000 lines in five books. It was completed after
years of toil about 870. Its author, a monk of Weissenburg in Alsatia, is
the earliest German author whose name is known and the first to
employ rime or assonance in place of alliteration. The selections are
from the translation in Bötticher and Kinzel's Denkmäler, II, 3, in
which the crude assonances of the pioneer are replaced by regular
modern rimes.
[Transcriber's Note: In this chapter, all lines have been split at the
caesura. Line numbering in the first passage is unchanged. There are 36
numbered lines.]
Book I, section 1, lines 1-34: Otfried tells why he wrote in German.
Es hat viel Leute schon gegeben, die waren stark in dem Bestreben,
Durch Bücherschreiben zu bereiten sich gut Gerücht für alle Zeiten;
Und darauf auch gerichtet war ihr starkes Sehnen immerdar, Dass man
in Büchern es erzählte, wie ihnen Tatenlust nicht fehlte. Dazu verlangte
ihre Ehre, dass auch ihr Scharfsinn sichtbar wäre, 5 So wie der Anmut
schöne Feinheit in ihres Dichtens klarer Reinheit. Sie haben alles, wie's
sich schickt, sorgsam und kunstvoll ausgedrückt, Und haben's gut
herausgefunden-- zwar dunkel scheint's, doch wohl verbunden--
Wodurch es dann auch dazu kam, dass jedermann sie gern vernahm,
Und wer daran Gefallen fand, des Witz sich übte und Verstand. 10 Wie
leicht wohl könnte man dafür gar vieler Leute Namen hier Aufzählen
und besonders nennen, von denen wir die Bücher kennen. Griechen und
Römer, hochberühmt, die machen's, wie es sich geziemt, Und haben's
also hergestellt, wie es dir immer wohlgefällt. Sie machen's nach dem
rechten Mass und schlecht und recht ohn' Unterlass; 15 So muss es
denn ein Ganzes sein, grad' so, als wär's aus Elfenbein. Wenn man die
Taten so erzählt, die Lust zum Leben keinem fehlt. Und willst du dich
zur Dichtung kehren, so wirst du deine Einsicht mehren. So wohl der
Prosa schlichtes Wesen wirst mit Genuss du immer lesen, Als auch des
Metrums feine Zier ist eine reine Freude dir. 20 Sie machen es mit
vieler Süsse und messen gut der Verse Füsse, Ob kurz, ob lang sie
müssen sein, auf dass es würde glatt und fein. Auch darauf stets ihr

Trachten geht, dass jede Silbe sicher steht, Und dass ein jeder Vers so
klingt, wie jeder Versfuss es bedingt. Sie zählen mit Genauigkeit die
Läng' und Kürze jeder Zeit, 25 Und sichre Grenzen sind gezogen,
wonach das Silbenmass gewogen. Auch säubern sie's mit rechter
Reinheit und auch mit ausgesuchter Feinheit, So wie ein Mann mit
Fleiss und Treu' die Körner sondert von der Spreu. Ja, selbst den
heil'gen Büchern geben sie eine Versform rein und eben, Kein Fehler
findet sich darin, so liest du es mit frohem Sinn.-- 30 Nun, da so viele
es betreiben, dass sie in eigner Zunge schreiben, Und da sie eifrig
danach streben, sich selber rühmend zu erheben, Wie sollten da die
Franken zagen, auch selber den Versuch zu wagen, Dass sie's mit Eifer
dahin bringen, auf Fränkisch Gottes Lob zu singen? Zwar ist der
Sprache nicht bekannt der Regeln festgefügtes Band, 35 Doch fehlt der
grade Ausdruck nicht, noch auch die Einfalt schön und schlicht.
I, 1, lines 59-90: The same theme continued; Otfried praises the
Franks.
Sie sind genau so unverzagt, wie man es von den Römern sagt. Auch
darf man nicht zu sagen wagen, dass kühnern Mut die Griechen tragen.
60 Ganz ebenso ist es bewandt mit ihrem Wissen und Verstand. Sie
sind voll Mut und Tapferkeit an jedem Ort, zu jeder Zeit, Viel Macht
und Ansehn haben sie, und Kühnheit fehlet ihnen nie. Zum Schwerte
greifen sie verwegen, das ist die Art der wackern Degen. Vollauf
versehn und wohl im Stande, so wohnen sie in reichem Lande. 65 Von
alters her ihr Gut sich mehrt, derhalben sind sie hochgeehrt. Gar schön
und fruchtbar ist ihr Land; wem wäre dies nicht wohlbekannt? Es gibt
dort vielerlei Gewinnst-- es ist nicht eigenes Verdienst-- Dort kann man
Erz und Kupfer haben, das zum Gebrauche wird gegraben. Und denket
nur, wie wunderbar! Eissteine[1] gibt es dort sogar. 70 Und von
Metallen man noch füge dazu das Silber zur Genüge; Auch lesen sie
daselbst im Land Gold, das sie finden in dem Sand. Es ist ihr Sinnen
fest und stet, das immer nur aufs Gute geht, Und ist zum Nutzen
hingewandt, so wie sie's lehret ihr Verstand. Sie sind zu jeder Zeit
bereit, zu schützen sich vor Feindes Neid; 75 Der mag nichts gegen
diese wagen, zu Boden wird er stets geschlagen. Kein Volk gibt's, das
ihr Land berührt, das ihre Gegenwart nicht spürt; Sie dienen ihnen

notgedrungen, von ihrer Tüchtigkeit bezwungen. Sie haben alles Volk
besiegt, wo nicht die
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