im Fall du sie
berührtest, würdest du auf der Stelle sterben. Am Ende des dritten
Saales ist eine Türe, die dich in einen mit schönen und reich beladenen
Obstbäumen bepflanzten Garten führen wird. Gehe nur immer
geradeaus, und quer durch den Garten wird dich ein Weg zu einer
Treppe von fünfzig Stufen führen, auf denen du zu einer Terrasse
emporsteigen kannst. Sobald du oben auf der Terrasse bist, wirst du
eine Nische vor dir sehen, und in der Nische eine brennende Lampe.
Diese Lampe nimm, lösche sie aus, wirf den Docht samt der
brennbaren Flüssigkeit auf den Boden, stecke sie dann vorn in den
Busen und bringe sie mir. Gelüstet es dich nach den Früchten des
Gartens, so kannst du davon pflücken, so viel du willst; dies ist dir
nicht verboten.«
So sprechend, zog der afrikanische Zauberer einen Ring von seinem
Finger und steckte ihn an einen Finger Alaeddins. Dies, sagte er zu ihm,
sei ein Verwahrungsmittel gegen alles Unglück, das ihm begegnen
könnte, wofern er nur seine Vorschriften genau befolgte. »So gehe
denn, mein Sohn,« fügte er hinzu, »steige dreist hinab; dann haben wir
beide für unser ganzes Leben Geld in Menge.«
Alaeddin hüpfte leichtfüßig in die Höhle hinein und stieg die Stufen
hinab. Er fand die drei Säle, die ihm der afrikanische Zauberer
beschrieben hatte. Ohne zu verweilen ging er durch den Garten, stieg
die Terrasse hinan, nahm die brennende Lampe aus der Nische, warf
den Docht und die Flüssigkeit zu Boden, steckte sie in seinen Busen
und ging die Terrasse wieder hinab. Im Garten verweilte er beim
Anschauen der Früchte. Da gab es weiße, hellleuchtende und wie
Kristall durchsichtige; rote, teils dunkel, teils hell; grüne, blaue, violette,
gelbliche, und so von allen möglichen Farben. Die weißen waren
Perlen, die hellleuchtenden und durchsichtigen Diamanten, die
dunkelroten Rubine, die hellroten Ballaßrubine, die grünen Smaragde,
die blauen Türkise, die violetten Amethyste, die gelblichen Saphire.
Und diese Früchte waren alle so groß und vollkommen, daß man auf
der ganzen Welt nichts Ähnliches gesehen hat. Alaeddin, der ihren
Wert nicht kannte, wurde vom Anblick dieser Früchte, die nicht nach
seinem Geschmack waren, schlecht erbaut; Feigen, Trauben und andere
edle Obstarten, die in China gewöhnlich sind, wären ihm lieber
gewesen. Er war noch nicht in jenem Alter, wo man sich auf
dergleichen versteht, und so bildete er sich ein, diese Früchte seien bloß
gefärbtes Glas und hätten keinen andern Wert. Gleichwohl machte ihm
die Mannigfaltigkeit der schönen Farben und die außerordentliche
Größe und Schönheit der Früchte Lust, von jeglicher Sorte einige zu
pflücken. Er nahm daher von jeder Farbe etliche, füllte damit seine
beiden Taschen und zwei ganz neue Beutel, die der Zauberer ihm
zugleich mit dem Kleide gekauft hatte; und da die beiden Beutel in
seinen Taschen, die schon ganz voll waren, keinen Platz mehr hatten,
so band er sie auf jeder Seite an seinen Gürtel. Einige von den Früchten
hüllte er auch in die Falten seines Gürtels, der von dickem Seidenstoff
und doppelt gefüttert war, und befestigte sie so, daß sie nicht
herabfallen konnten; auch vergaß er nicht, etliche in den Busen
zwischen Kleid und Hemd zu stecken.
Nachdem er sich so, ohne es zu wissen, mit Reichtümern beladen hatte,
trat Alaeddin schnell seinen Rückzug durch die drei Säle an; stieg da
wieder hinauf, wo er herabgestiegen war, und zeigte sich am Eingang
der Höhle, wo der Afrikaner ihn mit Ungeduld erwartete. Sobald ihn
Alaeddin erblickte, rief er ihm zu: »Lieber Oheim, ich bitte dich, reich
mir die Hand und hilf mir heraus.« -- »Mein Sohn,« antwortete der
afrikanische Zauberer, »gib mir zuvor die Lampe, sie könnte dir
hinderlich sein.« -- »Verzeih, lieber Oheim,« sagte Alaeddin, »sie
hindert mich nicht; ich werde sie dir geben, sobald ich oben bin.« Der
afrikanische Zauberer bestand darauf, daß Alaeddin ihm die Lampe
einhändigen sollte, ehe er ihn aus der Höhle herauszöge, und Alaeddin,
der die Lampe mit all den Früchten, die er zu sich gesteckt, verpackt
hatte, weigerte sich durchaus, sie ihm zu geben, bevor er aus der Höhle
wäre. Da geriet der afrikanische Zauberer vor Ärger über die
Widerspenstigkeit des jungen Menschen in schreckliche Wut, warf
etwas von seinem Rauchwerk in das Feuer, das er sorgfältig unterhalten
hatte, und kaum hatte er zwei Zauberworte gesprochen, als der Stein,
welcher als Deckel zur Eingangsöffnung der Höhle diente, sich von
selbst wieder, nebst der Erde darüber, an seine Stelle rückte, so daß
alles wieder in denselben Stand kam, wie vor der Ankunft des
arabischen Zauberers und Alaeddins.
Der afrikanische Zauberer war in der Tat kein Bruder des Schneiders
Mustafa, wofür er sich ausgegeben hatte, und somit auch nicht
Alaeddins Oheim. Er war wirklich aus Afrika gebürtig, und nachdem er
sich etwa vierzig Jahre lang mit Zaubereien, mit der Punktierkunst, mit
Räucheropfern und der Lektüre von Zauberbüchern beschäftigt hatte,
war er endlich auf die Entdeckung gekommen, daß es
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