Agnes Bernauer | Page 5

Friedrich Hebbel
wird dich zum Turnier abholen, ich habe für Pl?tze gesorgt. Das wollt' ich dir eigentlich sagen!
Agnes. Danke! Zwar wei? ich nicht-
Knippeldollinger. Ei, es kommt nicht alle Tage. Ritter, Grafen und Barone sind schon hier in Augsburg selten, nun gar ein Herzog von Bayern--der Tausend, da wird niemand, als der Scharfrichter mit seinen Freiknechten fehlen, der freilich gute Gründe hat, nicht unter ehrlichen Christenmenschen zu erscheinen!

Vierte Szene
Theobald. Da humpelt er hin auf seinen drei Beinen. Ihr steht doch in seinem Testament? Nun, recht hat er, es wird lustig zugehen, ich freu mich auch! (Es wird etwas durchs Fenster geworfen.) Was ist denn das? Es klirrt ja!
Agnes. Schlüssel!

Fünfte Szene
Barbara (tritt in die Tür). Darf ich sie wiederholen?
Agnes. Barbara!
Barbara. Agnes?
Agnes. Du kamst lange nicht!
Barbara (nimmt die Schlüssel auf). Und jetzt hab ich hier etwas zu tun! Siehst du?
Agnes. Wir waren immer so gut miteinander: was hast du jetzt gegen mich?
Barbara. Oh, das bin ich nicht allein!
Agnes. Heilige Mutter Gottes, was sagst du da?
Barbara. Du siehst deine Gespielinnen wohl gar nicht mehr an, da? du nicht wei?t, wie sie dich ansehen?
Agnes. Es ist wahr, ich erhalte meinen Gru? nicht immer so freundlich zurück, wie ich ihn biete!
Barbara. Glaub's!
Agnes. Aber bei Gott, wenn mir das mit einer begegnete, so dacht' ich: Sie hat schlecht getr?umt oder sie ist von der Mutter gescholten oder sie hat ihren Ring verloren-
Barbara. Dabei kamst du denn freilich gut weg.
Agnes. Was tu ich denn? Sag's!
Barbara. Tun! Was tun! Wenn's schon so weit gekommen w?re, so würde man leicht mit dir fertig!
Agnes. Barbara!
Barbara. Sag doch einmal, warum--(Sie zeigt auf Theobald.) Nun, da steht ja gleich wieder einer und gafft! (Zu Theobald.) Nicht wahr, ich bin gar nicht da! (Zu Agnes.) Gehst du heute? Zum Turnier, mein ich! Ja? Nun, da will ich's allen ansagen, damit sie zu Hause bleiben, ich zuerst!
Agnes. Das ist zu arg, das mu? mein Vater wissen.
Barbara. Bewahre! Niemand red't dir was übles nach!
Agnes. Und doch flieht man mich? Doch will man mich aussto?en?
Barbara. Agnes, sieh mich mal an!
Agnes. Nun?
Barbara. Wie w?r' dir wohl zumute, wenn--la? uns hinaufgehen in deine Kammer!
Theobald. Ich will nicht im Wege sein, wenn gebeichtet werden soll! (Ab.)
Barbara. Ja, wie w?r' dir zumute, wenn du, wie sag ich, nun, wenn du einen gern h?ttest, und der h?tte nur Augen für mich?
Agnes. Wie soll ich das wissen!
Barbara. So will ich's dir sagen! Du würdest--Doch ich will mich nicht l?cherlich machen, du wei?t es selbst recht gut! Und meinst du, da? es anderen besser geht? (Bemerkt den Strau?.) Woher kommt der?
Agnes. Das wei? ich nicht!
Barbara. Nicht? Kommen so viele? Wenn er von meinem Wolfram k?me, ich--Und es ist gern m?glich, gerade die Blumen stehen in seinem Garten! Gestern den ganzen Tag sah ich nach seinem Vetter, zwang mich, dem gleichgültigen Menschen verliebte Blicke zuzuwerfen und dachte, er würde rasen. Abends, als wir zu Hause gingen, strich er den Burschen selbst gegen mich heraus, es war ihm recht gewesen, ich hatte ihm einen Gefallen damit getan!
Agnes. Arme!
Barbara. Daran bist du schuld, niemand schuld, als du! Als er dich noch nicht kannte, hing er an mir, wie eine Klette. In den B?renzwinger w?r' er für mich hinabgestiegen und h?tte meinen Handschuh heraufgeholt. Und nun--pfui!
Agnes. Du schiltst mich, und ich wei? nicht einmal, wovon du sprichst!
Barbara (nimmt den Strau?). Ich will schon dahinterkommen, ich nehm ihn mit!
Agnes. Mir gleich!
Barbara. Allen machst du abspenstig, was ihnen geh?rt! Ich würde mich sch?men!
Agnes. Kannst du sagen, da? ich auch nur einen ansehe?
Barbara. Das ist's vielleicht eben! Nonne und doch keine! Heilige, aber noch nicht im Himmel! Die mu? man Gott abjagen! Da mu? man alles daransetzen! Ei, sei, wie wir, kuck auf, sprich, und es wird sich geben!
Agnes. T?t' ich's, so würdest du wieder schm?len!
Barbara. So geh ins Kloster, wirf den Schleier über, den niemand heben darf! Ich dich um Vergebung bitten? In Ewigkeit nicht!
Agnes. Wer verlangt's denn?
Barbara. Mein Beichtvater! Glaubst du, ich kam von selbst? Aber nein, lieber auf Erbsen knien! (H?lt den Strau? in die H?he.) Den werd ich ihm jetzt schenken! Kennt er ihn nicht, so schick ich dir einen doppelt so sch?nen! (Ab.)
Agnes. Sie tut mir leid! Aber kann ich's ?ndern?

Sechste Szene
Theobald (tritt wieder ein). Die hat die arme Gertrud ja beraubt!
Agnes. Sie scheint den Verstand verloren zu haben!
Theobald. Das m?cht' ich doch nicht sagen!
Agnes. So h?tte sie recht?
Theobald. Ich glaube fast! Jungfer, ich k?nnt' Euch alle Morgen-

Siebente Szene
Caspar Bernauer (tritt mit einem Buch ein, das in ein rotes Tuch gewickelt ist; zu Agnes). Ja, ja, ja! Wenn ich nur nicht mit soll! Nun geh hinauf und lege dein Kettlein an. Sie blasen schon am Fronhof.
Agnes. Nein, Vater, ich bleibe zu Hause!
Caspar Bernauer. Wie? Was? Warum wartest du hier denn auf mich? (Zu Theobald.) An den Destillierkolben! Das Feuer wird zu schüren sein!
Theobald (geht ab).
Caspar Bernauer. Nun?
Agnes. Vater, all die Augen--es ist mir, als ob mich geradesoviel Bienen
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