A Book of German Lyrics | Page 5

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streng und ernst, nach alter Sitte?Mit langsam abgeme?nem Schritte?Hervortritt aus dem Hintergrund,?Umwandelnd des Theaters Rund. 100 So schreiten keine ird'schen Weiber!?Die zeugete kein sterblich Haus!?Es steigt das Riesenma? der Leiber?Hoch über Menschliches hinaus.
Ein schwarzer Mantel schl?gt die Lenden, 105 Sie schwingen in entfleischten H?nden?Der Fackel düsterrote Glut,?In ihren Wangen flie?t kein Blut.?Und wo die Haare lieblich flattern,?Um Menschenstirnen freundlich wehn, 110 Da sieht man Schlangen hier und Nattern?Die giftgeschwollnen B?uche bl?hn.
Und schauerlich gedreht im Kreise,?Beginnen sie des Hymnus Weise,?Der durch das Herz zerrei?end dringt, 115 Die Bande um den Sünder schlingt.?Besinnungraubend, herzbet?rend?Schallt der Erinnyen Gesang.?Er schallt, des H?rers Mark verzehrend,?Und duldet nicht der Leier Klang: 120
"Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle?Bewahrt die kindlich reine Seele!?Ihm dürfen wir nicht r?chend nahn,?Er wandelt frei des Lebens Bahn.?Doch wehe, wehe, wer verstohlen 125 Des Mordes schwere Tat vollbracht!?Wir heften uns an seine Sohlen,?Das furchtbare Geschlecht der Nacht.
"Und glaubt er fliehend zn entspringen,?Geflügelt sind wir da, die Schlingen 130 Ihm werfend um den flücht'gen Fu?,?Da? er zu Boden fallen mu?.?So jagen wir ihn ohn' Ermatten,?Vers?hnen kann uns keine Reu',?Ihn fort und fort bis zu den Schatten, 135 Und geben ihn auch dort nicht frei."
So singend, tanzen sie den Reigen,?Und Stille, wie des Todes Schweigen,?Liegt überm ganzen Hause schwer,?Als ob die Gottheit nahe w?r'. 140 Und feierlich nach alter Sitte?Umwandelnd des Theaters Rund?Mit langsam abgeme?nem Schritte,?Verschwinden sie im Hintergrnnd.
Und zwischen Trug und Wahrheit schwebet 145 Noch zweifelnd jede Brust und bebet,?Und huldiget der furchtbarn Macht,?Die richtend im Verborgnen wacht,?Die, unerforschlich, unergründet,?Des Schicksals dunkeln Kn?uel flicht, 150 Dem tiefen Herzen sich verkündet,?Doch fliehet vor dem Sonnenlicht.
Da h?rt man auf den h?chsten Stufen?Auf einmal eine Stimme rufen:?"Sieh da, sieh da, Timotheus, 155 Die Kraniche des Ibykus!"--?Und finster pl?tzlich wird der Himmel,?Und über dem Theater hin?Sieht man in schw?rzlichtem Gewimmel?Ein Kranichheer vorüberziehn. 160
"Des Ibykus!" -- Der teure Name?Rührt jede Brust mit neuem Grame,?Und wie im Meere Well' auf Well',?So l?uft's von Mund zu Munde schnell:?"Des Ibykus? den wir beweinen? 165 Den eine M?rderhand erschlug??Was ist's mit dem? Was kann er meinen??Was ist's mit diesem Kranichzug?"
Und lauter immer wird die Frage,?Und ahnend fliegt's mit Blitzesschlage 170 Durch alle Herzen: "Gebet acht,?Das ist der Eumeniden Macht!?Der fromme Dichter wird gerochen,?Der M?rder bietet selbst sich dar--?Ergreift ihn, der das Wort gesprochen, 175 Und ihn, an den's gerichtet war!"
Doch dem war kaum das Wort entfahren,?M?cht' er's im Busen gern bewahren;?Umsonst! der schreckenbleiche Mund?Macht schnell die Schuldbewu?ten kund. 180 Man rei?t und schleppt sie vor den Richter,?Die Szene wird zum Tribunal,?Und es gestehn die B?sewichter,?Getroffen von der Rache Strahl.

19. DAS VERSCHLEIERTE BILD ZU SAIS
Ein Jüngling, den des Wissens hei?er Durst?Nach Sais in ?gypten trieb, der Priester?Geheime Weisheit zu erlernen, hatte?Schon manchen Grad mit schnellem Geist durcheilt;?Stets ri? ihn seine Forschbegierde weiter, 5 Und kaum bes?nftigte der Hierophant?Den ungeduldig Strebenden. "Was hab ich,?Wenn ich nicht alles habe?" sprach der Jüngling.?"Gibt's etwa hier ein Weniger und Mehr??Ist deine Wahrheit wie der Sinne Glück 10 Nur eine Summe, die man gr??er, kleiner?Besitzen kann und immer doch besitzt??Ist sie nicht eine einz'ge, ungeteilte??Nimm Einen Ton aus einer Harmonie,?Nimm Eine Farbe aus dem Regenbogen, 15 Und alles, was dir bleibt, ist nichts, solang'?Das sch?ne All der T?ne fehlt und Farben."
Indem sie einst so sprachen, standen sie?In einer einsamen Rotonde still,?Wo ein verschleiert Bild von Riesengr??e 20 Dem Jüngling in die Augen fiel. Verwundert?Blickt er den Führer an und spricht: "Was ist's,?Das hinter diesem Schleier sich verbirgt?"--?"Die Wahrheit", ist die Antwort.--"Wie?" ruft jener,?"Nach Wahrheit streb ich ja allein, und diese 25 Gerade ist es, die man mir verhüllt?"
"Das mache mit der Gottheit aus", versetzt?Der Hierophant. "Kein Sterblicher, sagt sie,?Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.?Und wer mit ungeweihter, schuld'ger Hand 30 Den heiligen, verbotnen früher hebt,?Der, spricht die Gottheit"--"Nun?"--"Der sieht die Wahrheit." "Ein seltsamer Orakelspruch! Du selbst,?Du h?ttest also niemals ihn gehoben?"
"Ich?--Wahrlich nicht! Und war auch nie dazu 35 Versucht."--"Das fass' ich nicht. Wenn von der Wahrheit?Nur diese dünne Scheidewand mich trennte"--?"Und ein Gesetz", f?llt ihm sein Führer ein,?"Gewichtiger, mein Sohn, als du es meinst,?Ist dieser dünne Flor--für deine Hand 40 Zwar leicht, doch zentnerschwer für dein Gewissen."
Der Jüngling ging gedankenvoll nach Hause;?Ihm raubt des Wissens brennende Begier?Den Schlaf, er w?lzt sich glühend auf dem Lager?Und rafft sich auf um Mitternacht. Zum Tempel 45 Führt unfreiwillig ihn der scheue Tritt.?Leicht ward es ihm, die Mauer zu ersteigen,?Und mitten in das Innre der Rotonde?Tr?gt ein beherzter Sprung den Wagenden.
Hier steht er nun, und grauenvoll umf?ngt 50 Den Einsamen die lebenlose Stille,?Die nur der Tritte hohler Widerhall?In den geheimen Grüften unterbricht.?Von oben durch der Kuppel ?ffnung wirft?Der Mond den bleichen, silberblauen Schein, 55 Und furchtbar wie ein gegenw?rt'ger Gott?Ergl?nzt durch des Gew?lbes Finsternisse?In ihrem langen Schleier die Gestalt.
Er tritt hinan mit ungewissem Schritt;?Schon will die freche Hand das Heilige berühren, 60 Da zuckt es hei? und kühl durch sein Gebein?Und st??t ihn weg mit unsichtbarem Arme.?Unglücklicher, was willst
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