du tun? So ruft?In seinem Innern eine treue Stimme.?Versuchen den Allheiligen willst du? 65 Kein Sterblicher, sprach des Orakels Mund,?Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.?Doch, setzte nicht derselbe Mund hinzu:?Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen??"Sei hinter ihm, was will! Ich heb ihn auf." 70 Er rufts mit lauter Stimm'. "Ich will sie schauen."
Schauen!?Gellt ihm ein langes Echo spottend nach.
Er spricht's und hat den Schleier aufgedeckt.?"Nun", fragt ihr, "und was zeigte sich ihm hier?" 75 Ich wei? es nicht. Besinnungslos und bleich,?So fanden ihn am andern Tag die Priester?Am Fu?gestell der Isis ausgestreckt.?Was er allda gesehen und erfahren,?Hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig 80 War seines Lebens Heiterkeit dahin,?Ihn ri? ein tiefer Gram zum frühen Grabe.?"Weh dem", dies war sein warnungsvolles Wort,?Wenn ungestüme Frager in ihn drangen,?"Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld, 85 Sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein!"
LUDWIG UHLAND
20. DIE LERCHEN
Welch ein Schwirren, welch ein Flug??Sei willkommen, Lerchenzug!?Jene streift der Wiese Saum,?Diese rauschet durch den Baum.
Manche schwingt sich himmelan, 5 Jauchzend auf der lichten Bahn;?Eine, voll von Liedeslust,?Flattert hier in meiner Brust.
21. DES KNABEN BERGLIED
Ich bin vom Berg der Hirtenknab',?Seh' auf die Schl?sser all herab;?Die Sonne strahlt am ersten hier,?Am l?ngsten weilet sie bei mir;?Ich bin der Knab' vom Berge! 5
Hier ist des Stromes Mutterhaus,?Ich trink' ihn frisch vom Stein heraus;?Er braust vom Fels in wildem Lauf,?Ich fang' ihn mit den Armen auf;?Ich bin der Knab' vom Berge! 10
Der Berg, der ist mein Eigentum,?Da ziehn die Stürme rings herum;?Und heulen sie von Nord und Süd,?So überschallt sie doch mein Lied:?Ich bin der Knab' vom Berge! 15
Sind Blitz und Donner unter mir,?So steh' ich hoch im Blauen hier;?Ich kenne sie und rufe zu:?La?t meines Vaters Haus in Ruh'!?Ich bin der Knab' vom Berge! 20
Und wann die Sturmglock' einst erschallt,?Manch Feuer auf den Bergen wallt,?Dann steig' ich nieder, tret' ins Glied?Und schwing' mein Schwert und sing' mein Lied:?Ich bin der Knab' vom Berge! 25
22. SCH?FERS SONNTAGSLIED
Das ist der Tag des Herrn!?Ich bin allein auf weiter Flur;?Noch eine Morgenglocke nur,?Nun Stille nah und fern.
Anbetend knie' ich hier. 5 O sü?es Graun, geheimes Wehn,?Als knieten viele ungesehn?Und beteten mit mir!
Der Himmel nah und fern,?Er ist so klar und feierlich, 10 So ganz, als wollt' er ?ffnen sich.?Das ist der Tag des Herrn!
23. DIE KAPELLE
Droben stehet die Kapelle,?Schauet still ins Tal hinab,?Drunten singt bei Wies' und Quelle?Froh und hell der Hirtenknab'.
Traurig t?nt das Gl?cklein nieder, 5 Schauerlich der Leichenchor;?Stille sind die frohen Lieder,?Und der Knabe lauscht empor.
Droben bringt man sie zu Grabe,?Die sich freuten in dem Tal; 10 Hirtenknabe, Hirtenknabe!?Dir auch singt man dort einmal.
24. MORGENLIED
Noch ahnt man kaum der Sonne Licht,?Noch sind die Morgenglocken nicht?Im finstern Tal erklungen.
Wie still des Waldes weiter Raum!?Die V?glein zwitschern nur im Traum, 5 Kein Sang hat sich erschwungen.
Ich hab' mich l?ngst ins Feld gemacht?Und habe schon dies Lied erdacht?Und hab' es laut gesungen.
25. FRüHLINGSGLAUBE
Die linden Lüfte sind erwacht,?Sie s?useln und weben Tag und Nacht,?Sie schaffen an allen Enden.?O frischer Duft, o neuer Klang!?Nun, armes Herze, sei nicht bang! 5 Nun mu? sich alles, alles wenden.
Die Welt wird sch?ner mit jedem Tag,?Man wei? nicht, was noch werden mag,?Das Blühen will nicht enden.?Es blüht das fernste, tiefste Tal; 10 Nun, armes Herz, vergi? der Qual!?Nun mu? sich alles, alles wenden.
26. LOB DES FRüHLINGS
Saatengrün, Veilchenduft,?Lerchenwirbel, Amselschlag,?Sonnenregen, linde Luft!
Wenn ich solche Worte singe,?Braucht es dann noch gro?er Dinge, 5 Dich zu preisen, Frühlingstag?
27. DAS SCHWERT
Zur Schmiede ging ein junger Held,?Er hatt' ein gutes Schwert bestellt;?Doch als er's wog in freier Hand,?Das Schwert er viel zu schwer erfand.
Der alte Schmied den Bart sich streicht: 5 "Das Schwert ist nicht zu schwer noch leicht,?Zu schwach ist Euer Arm, ich mein';?Doch morgen soll geholfen sein."
"Nein, heut, bei aller Ritterschaft!?Durch meine, nicht durch Feuers Kraft." 10 Der Jüngling spricht's, ihn Kraft durchdringt,?Das Schwert er hoch in Lüften schwingt.
28. DIE RACHE
Der Knecht hat erstochen den edeln Herrn,?Der Knecht w?r' selber ein Ritter gern.
Er hat ihn erstochen im dunkeln Hain?Und den Leib versenket im tiefen Rhein.
Hat angeleget die Rüstung blank, 5 Auf des Herren Ro? sich geschwungen frank.
Und als er sprengen will über die Brück',?Da stutzet das Ro? und b?umt sich zurück.
Und als er die güldnen Sporen ihm gab,?Da schleudert's ihn wild in den Strom hinab. 10
Mit Arm, mit Fu? er rudert und ringt,?Der schwere Panzer ihn niederzwingt.
29. DER WIRTIN T?CHTERLEIN
Es zogen drei Bursche wohl üher den Rhein,?Bei einer Frau Wirtin, da kehrten sie ein:
"Frau Wirtin, hat Sie gut Bier und Wein??Wo hat Sie Ihr sch?nes T?chterlein?"
"Mein Bier und Wein ist frisch und klar. 5 Mein T?chterlein liegt auf der Totenbahr'."
Und als sie traten zur Kammer hinein,?Da lag sie in einem schwarzen Schrein.
Der erste, der schlug den Schleier zurück?Und schaute sie an mit traurigem Blick: 10
"Ach, lebtest du noch, du sch?ne Maid!?Ich würde dich lieben von dieser Zeit."
Der zweite deckte den Schleier zu,?Und kehrte sich ab und weinte dazu:
"Ach, da? du
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.