Zum wilden Mann | Page 7

Wilhelm Raabe
eifrig. ?Endlich ist das Wild los! hin nach der F?hrt --?
?Einen Augenblick!? bat Fr?ulein Dorette, ?jetzt mu? ich noch f��r eine Minute in die K��che, nachher bin ich wieder ganz und gar bei dir, Philipp. Die beiden Nachbarn entschuldigen wohl.?
Sie entschuldigten gern und warteten und machten noch einige Bemerkungen ��ber die Jahreszeit und die Witterung. Nachdem aber die Schwester zur��ckgekommen war, erz?hlte der Bruder wirklich seine Geschichte -- eine kuriose Geschichte!

Viertes Kapitel.
?Liebe, gute, treue Freunde und Nachbarn,? begann der Mann, der nach der Meinung des F?rsters Ulebeule es zu etwas im Leben gebracht, d. h. etwas vor sich gebracht hatte im Dorfe, ?ich habe, ehe ihr kamet, von der alten Zeit verlockt, schon zweimal meinen Archivkasten da in der Offizin ge?ffnet und habe den Staub von der Vergangenheit geblasen; jetzt werde ich wohl noch ein Dokument daraus hervorholen m��ssen. Trotz aller wunderlichen Geheimnisse liegt mein Geschick vollst?ndig klar auf dem Papiere da; nicht etwa da? ich ein Tagebuch oder dergleichen gef��hrt h?tte, sondern in wirklichen authentischen Schriftst��cken, die ich euch dann auch nachher zu eigener Begutachtung in die H?nde geben werde.
?Mein Vater hatte mir einige Tausend Thaler hinterlassen; aber mein Vormund, ein gutm��tiger, wohlmeinender, doch h?chst zerfahrener und leichtsinniger Mann, hatte wenig auf dieselben Achtung gegeben. Als ich das Geld gebrauchen konnte, war es bis auf ein Minimum verschwunden, und der Vormund legte mir schluchzend das Bekenntnis ab: er wisse am allerwenigsten, wo es geblieben sei. ��brigens f��gte er zu meinem Troste hinzu: mit seinem eigenen Verm?gen sei es ihm gerade so ergangen. Er war ein ?ltlicher Herr mit drei unverheirateten ?ltlichen T?chtern, und alle waren meine besten Freunde; -- was blieb mir also ��brig, als mit ihnen zu weinen und so auch meinerseits das trockene Faktum in gegenseitiger Liebe und Zuneigung feucht zu erhalten. Die drei guten M?dchen sorgten f��r meine W?sche und sonstige Ausstattung, packten mir meinen Koffer, und so zog ich nach abgethaner Lehrzeit als voraussichtlich ewiges Subjekt ins Laborantentum hinein und trieb mich f��nf oder sechs Jahre lang so umher durch S��? und Sauer, von einer Epidemie in die andere, von einem n?chtlichen Aufgeklingeltwerden zum andern, von einer Doktorpfote zur andern, bis ich nach * * * kam, wo ich meine Johanne kennen lernte. Da, Freund Ulebeule, habe ich wirklich etwas vor mich gebracht, n?mlich die einzigen guten, gl��cklichen Tage meines Lebens!?
?Gratuliere auch dazu,? brummte der F?rster.
?Ja, in die gl��ckliche Zeit meines Daseins war ich hineingeraten, und es stimmte alles zusammen -- ein ganzes Jahr lang!
?Ich hatte es in jeder Beziehung gut. Mein damaliger Prinzipal war ein drolliger alter Kauz, ��ber den ich etwas mehr sagen mu?; denn er verdient das, meinet- wie seinethalben in jeder Beziehung. Er war Apotheker mit Liebe; aber mit einem gewissen Wahnsinn ein Enthusiast f��r die hohe Wissenschaft Botanik, und er war in der That ein bedeutender Pflanzenkundiger. So lange es anging, hatte er seine Provisoren und Gehilfen die Offizin versorgen lassen und war selber in Wald und Feld seinem Lieblingsstudium nachgegangen. Als ich aber in sein Haus eintrat, hatte sich das eben ge?ndert. Er war ��ber sechzig Jahre alt, seine Augen waren allm?hlich schwach geworden, sein R��cken steif; und wenn er sich zwischen Berg und Thal nach einem Gew?chs b��ckte, so kam er nur mit St?hnen und einem verdrie?lichen Griff nach dem Kreuz wieder in die H?he. Ich kam, und er stellte ein botanisches Examen mit mir an, das an Sch?rfe nichts zu w��nschen ��brig lie?, gottlob aber ziemlich gut ausfiel, und von dem all' mein sp?teres Wohlsein in seinem Hause den Ausgang nahm. Nach dem Examen ��berreichte er mir als Zeichen seiner Zufriedenheit ein Exemplar von St?ver's Leben des Ritters Karl von Linn�� und hielt mir eine Rede ��ber die M?rtyrer unserer >G?ttin<, und empfahl mir vorz��glich zur Nachahmung das gr??te botanische Genie des sechzehnten Jahrhunderts, den Meister Charles de l'Ecluse, -- Carolus Clusius aus Arras in den Niederlanden, der im Dienste der Wissenschaft im vierundzwanzigsten Jahre die Wassersucht bekam, im neununddrei?igsten Jahre in Spanien mit dem Pferde st��rzte und den Arm brach und gleich nach der Heilung den rechten Schenkel; -- der im f��nfundf��nfzigsten Jahre in Wien den linken Fu? brach und acht Jahre sp?ter sich die rechte H��fte verrenkte, -- der fortan an Kr��cken gehen mu?te, einen Bruch und Steinschmerzen bekam und doch das wundervolle Buch: Variarum plantarum historia schrieb und f��r alle kommende Zeiten wie ein glorreich helles Licht aus dem dunklen Jahrhundert, in welchem er lebte und wirkte, her��berleuchtete. Darauf schickte er mich in re herbaria auf die Jagd und blieb selber seufzend zu Hause, versorgte die Praxis und durchbl?tterte seine Kr?uterb��cher, die wirklich merkw��rdig in ihrer Art waren und nach seinem Tode sicherlich auf den Mist geworfen sind. Zu jeder Jahreszeit fast hatte ich f��r ihn das Land abzulaufen, denn er war auch in der Kenntnis der Moose bedeutend, und in den Monaten, wo
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